Zügel der Leidenschaft
schlanken Finger hielten die süße Waffel lässig und spielerisch. Lange Momente später, als sie die Mandelsahne abgeschleckt hatte, steckte sie das Waffelhörnchen in den Mund und begann an dem Nougat zu knabbern. Kit spürte geradezu den unauslöschlichen Eindruck ihrer Zähne, als seien sie nur zu seinem Vergnügen am Werk, und dieses Gefühl pulsierte so stark an seinen Nervenenden, daß er kurz die Augen schloß.
Wenn sie sich einen Spaß daraus macht, dachte er atemlos, dann spielte sie dieses Spiel mit ungeheurer Geschicklichkeit. Sein Herzschlag pochte ihm in den Ohren. Und wenn es in seinen Gedanken zuvor einen leisen Skrupel hinsichtlich Anstand und Sitte gegeben hatte – so überwand seine heißblütige Lust inzwischen nonchalant solche lächerlichen Hindernisse.
Verdammt seien alle Regeln des Anstandes und ihr Pflichtgefühl ihrer Freundin gegenüber. Er wollte sie! Wenn nicht noch heute nacht – dann aber bald.
Sieh mich an, befahl er ihr stumm, weil er die gleiche heiße Lust in ihrem Blick sehen wollte; er fragte sich, wie diese berüchtigte Lady wohl im Bett war – ging sie auch diesem Vergnügen bis zum Exzeß nach? Es hatte Gerede gegeben, daß sie ein Verhältnis mit dem Meisterjockey Lew Archer unterhalten hatte – sie befaßte sich also nicht ausschließlich mit Aristokraten! Wie schön. Sieh doch auf, mein Liebling, meine Verführerin, drängte er und rief sich das köstliche Gefühl wieder in Erinnerung, wie er sie in den Armen gehalten hatte – wie faszinierend und provozierend ihr Lächeln gewesen war. Aber ob seine Botschaft sie erreichte oder nicht, oder ob sie einfach ihrer Träumerei nun überdrüssig wurde, jedenfalls hob sie plötzlich den Blick.
Und sah in seine vor Lust flammenden Augen ...
Einen überwältigenden, bebenden Augenblick lang waren sie allein im flackernden Licht, inmitten der sie umgebenden Laute und Düfte.
Wende dich ab, Angela, ermahnte sie sich. Er war viel zu kühn, er würde sie beide in Verlegenheit bringen.
Aber sie wandte den Blick nicht ab – gefesselt von seinen grünen Tigeraugen, in denen die Lust so deutlich, bis in die feurigen Tiefen hinab, spürbar war. Ihr rann ein Schauder den Rücken entlang. Das Kerzenlicht fing sich in seinem kastanienfarbenen Haar, und in diesem atemlosen Augenblick fand sie ihn unwiderstehlich gefährlich. Nichts rechtfertigte dieses bedrohliche Gefühl, aber sie fühlte sich unter diesem wagemutigen Blick plötzlich schutzlos und verletzlich.
Er wirkte ungeduldig, dachte sie, so als habe er bereits ihr Schlafzimmer betreten und schritt mit deutlicher ungezügelter Lust in den Augen auf sie zu. Hier blickte sie kein vorsichtiger Höfling an, sondern ein sinnliches Tier – auf heißer Fährte.
Unruhig fuhr ihre Zunge über die Unterlippe, und er schenkte ihr ein leises Lächeln, als könne er ihre Gedanken lesen.
Angesichts der unverschämten Andeutung, die sich in seinem kühnen Blick verriet, errötete sie, worauf sein Lächeln sich in kühler Selbstsicherheit vertiefte. Er neigte den schmalen Kopf ein wenig, als habe er ihre unangemessene Reaktion zur Kenntnis genommen.
Bei dieser Unverschämtheit versteifte sie sich. Gütiger Gott, sie war doch nicht irgendein Haremsding, das sich auf den Befehl eines Mannes fügte. Seit sie fünfzehn war, hatte sie sich die Männer immer aussuchen können. Aber ihre Finger schlossen sich nun fest um den Fächer auf ihrem Schoß – als könne ihre Selbstbeherrschung sie vor seinem unverhohlenen Hunger beschützen. Und eines der zarten Fächerglieder zerbrach unter ihrem starren Griff.
Souverals Blick fiel darauf.
Kits Blick glitt an ihr herab, ehe er sich wieder seiner Tischdame zuwandte.
»Ich weiß gar nicht, wie viele Fächer ich in der letzten Zeit ruiniert habe«, murmelte Angela mit vor Spannung gepreßter Stimme und der stolzen Wut einer gefeierten Schönheit. Wie konnte er es wagen, zuerst den Blick abzuwenden!
»Wie ärgerlich, Liebste«, sagte Souveral beiläufig, bemerkte aber die Farbe in ihren Wangen. »Darf ich Ihnen morgen einen neuen verehren?«
Sie zwang sich zu einem Lächeln und schüttelte den Kopf. »Das ist nicht nötig, Freddy, ich habe Dutzende davon.«
»Wie Sie wünschen, meine Liebe.« Dann wandte er sich an einen Diener, der eine Platte mit Süßigkeiten herumreichte, und traf seine Wahl, während Angela tief Luft holte, um sich zu beruhigen. Ihre Reaktion auf Kit Braddock war höchst ungewöhnlich, fast schockierend in ihrer Intensität.
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