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Zuflucht Im Kloster

Zuflucht Im Kloster

Titel: Zuflucht Im Kloster Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ellis Peters
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ganz gleich, ob er sich in Zukunft um seinen Lebensunterhalt noch wird Gedanken machen müssen oder nicht – wenn seine Schulden in dieser Welt beglichen sind, wird er seine Seele retten müssen. Bedenke das, und laß die Finger von diesem wertlosen Plunder, solange du dich in diesem Kloster aufhältst. Solche Narrheiten ziemen sich hier nicht! Sie sind Blasphemie! Hast du denn noch nicht genug auf dem Gewissen?«
    Liliwin spürte, wie der Schrecken der Außenwelt wieder näher rückte; er konnte ihm nicht entrinnen. So wie manche Mönche in diesem Kloster einen Heiligenschein trugen, so trug er eine Schlinge um den Hals – unsichtbar zwar, aber immer spürbar.
    »Ich wollte nichts Unrechtes tun«, flüsterte er verzweifelt und wandte sich, halb blind vor Scham, ab, sammelte seine Ringe und Kugeln auf und schlich aus dem Garten.
    »Er hat Possen getrieben in unserem Garten«, berichtete Jerome, noch immer voller Empörung, »wie ein Narr auf einem Jahrmarkt. Wie kann man das entschuldigen? Das Asylrecht ist für die, die diesem Ort Gottes die gebührende Achtung entgegen bringen, aber dieser Mensch… Natürlich habe ich ihn getadelt. Ich habe ihm gesagt, er solle sich lieber um seine unsterbliche Seele sorgen, da es bei seiner Anklage doch um Leben und Tod gehen wird. ›Mein Lebensunterhalt‹ sagt er!
    Ausgerechnet er, dessen Leben auf dem Spiel steht!«
    Prior Robert betrachtete seine schmalen, aristokratischen Hände. Sein ruhiges, empfindsames Gesicht hatte einen schmerzlichen Ausdruck. »Unser Ehrwürdiger Vater Abt tut recht daran, diesem jungen Mann Asyl zu gewähren. Das Recht auf eine Freistatt ist heilig, und wir sind für die Schuld oder die Unschuld derer, die es in Anspruch nehmen, weder verantwortlich noch ist es unsere Aufgabe, über sie ein Urteil zu fällen. Wir haben jedoch Sorge zu tragen für die Ordnung und den guten Ruf unseres Klosters, und ich gebe zu, daß unser gegenwärtiger Gast uns wenig Ehre macht. Ich muß sagen, daß ich glücklicher wäre, wenn er uns verließe und sich dem Sheriff stellte. Solange er das jedoch nicht tut, müssen wir uns mit seiner Anwesenheit abfinden. Ihn zu tadeln, wenn er die Regeln unseres Hausesübertritt, ist nicht nur unser Recht, sondern auch unsere Pflicht. Wir dürfen jedoch nichts unternehmen, was ihn beeinflussen oder von hier vertreiben könnte. Bis er uns freiwillig verläßt«, sagte Prior Robert, »müssen Ihr, Bruder Jerome, und ich ihm beistehen, ihm Zuflucht gewähren und für ihn beten.«
    Welch aufrichtige, entschlossene Worte! Aber wie zögernd waren sie gesprochen worden!

5. Kapitel
Montag – vom frühen Morgen bis zur Komplet
    Der Sonntag verstrich unter einem klaren, blauen Himmel, und nicht weniger sonnig brach der Montag an – ein Tag wie zum Waschen geschaffen: Es wehte ein leichter, lauer Wind, und die Büsche und das Gras waren trocken. Einen Waschtag und die damit verbundene Arbeit des Schlagens und Schrubbens der Wäsche mit Asche und Lauge gab es, um Feuerholz zu sparen, im Haus der Aurifabers nur etwa alle zwei bis drei Wochen. An solchen Tagen stand man früh auf, und heute war Rannilt die erste. Sie hatte Feuer unter dem gemauerten Waschkessel gemacht und Wasser vom Brunnen herbeigeschleppt. Sie war kräftiger, als sie wirkte, und an die Arbeit des Wassertragens war sie gewöhnt. Ihre Angst um Liliwin dagegen war etwas, das sie weit stärker belastete und an das sie nicht gewöhnt war.
    Diese Angst begleitete Rannilt jeden Augenblick. Wenn sie schlief, träumte sie von ihm und erwachte schweißgebadet vor Angst, er könnte vielleicht gewaltsam aus dem Kloster verschleppt worden sein, ohne daß sie etwas davon erfuhr. Und tagsüber, wenn sie arbeitete, hatte sie sein Bild immer vor ihrem geistigen Auge, und in ihrer Brust brannte die Angst schwer und heiß wie ein glühender Stahl. Die Angst um die eigene Person erdrückt einen von außen, aber Angst um einen anderen ist ein Ungeheuer, eine hungrige Ratte, die tief in einem sitzt und an der Seele nagt.
    Was die anderen über ihn sagten, war falsch – es konnte auf gar keinen Fall wahr sein. Und sein Leben stand auf dem Spiel!
    Sie mußte mitanhören, was sich die anderen Bürger über ihn erzählten, wie sie sich einig waren in ihren Anschuldigungen gegen ihn und sich gegenseitig versicherten, daß er für seine Tat würde hängen müssen. Und dabei wußte sie doch tief in ihrem Herzen, daß er nichts Unrechtes getan hatte! Er war doch gar nicht dazu fähig, einen Mann

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