Zuflucht Im Kloster
ausrichten. Mit sittsam niedergeschlagenen Augen und einer Stamme, die an die einer Turteltaube erinnerte, pflichtete seine Frau ihm bei.
Daniel, dessen Augen öfter auf Frau Cecilys rosigem Antlitz als auf dem faltigen und selbstzufriedenen Gesicht ihres Mannes ruhten, lud Meister Corde und seine Frau herzlich ein, so bald wie möglich zu einem Essen bei den Aurifabers zu kommen und seinen Vater durch ihre Gesellschaft aufzumuntern. Der Wollhändler dankte ihm, sagte aber, er müsse diesen Besuch zu seinem Bedauern noch eine Woche oder länger hinausschieben, bitte Daniel aber, Walter seine besten Wünsche zu übermitteln, und versprach, für die baldige Genesung des Goldschmieds zu beten.
»Ihr wißt ja gar nicht«, sagte Cecily und legte ihre kleine Hand auf Margerys Arm, »wie glücklich Ihr Euch schätzen könnt, daß Ihr einen Mann habt, der seinen Beruf zu Hause ausüben kann. Mein Mann ist ständig unterwegs, mit seinen Maultieren, seinem Wagen und seinen Männern. Ständig fährt er entweder nach Wales oder nach England und treibt Geschäfte mit seiner Wolle und seinen Stoffen, und ich bin tagelang allein zu Hause. Morgen früh bricht er schon wieder auf – bis nach Oxford diesmal, und ich werde ihn erst in drei bis vier Tagen wiedersehen.«
Während sie diese Beschwerde vortrug, schlug sie zweimal die Augen auf – einmal vorwurfsvoll in Richtung ihres Ehemanns, und einmal, für einen ganz kurzen Augenblick, der Margery keineswegs, wie es beabsichtigt war, entging, in Daniels Richtung, dem sie einen einladenden Blick zuwarf, bevor sie die Augen wieder züchtig niederschlug.
»Aber, aber, meine Liebe«, beruhigte sie der Wollhändler, »du weißt doch, wie sehr ich mich immer beeile, zu dir zurückzukehren.«
»Und ich weiß, wie lang mir die Zeit wird«, gab sie schmollend zurück. »Drei oder vier Nächte werde ich allein sein müssen. Ich hoffe, du bringst mir wenigstens etwas Schönes mit, um mich für diese Zeit zu entschädigen.«
Sie wußte genau, daß er das tun würde. Ohne ein Geschenk kehrte er nie von einer seiner Reisen zurück. Er hatte sie gekauft, aber jenseits seiner blinden Ergebenheit besaß er genug Verstand, um zu wissen, daß er sie, wenn er sie behalten wollte, immer und immer wieder würde kaufen müssen. An dem Tag, an dem ihm dies und die Folgen davon bewußt wurden, würde sie um ihren schlanken Hals zittern müssen, denn er war ein arroganter und besitzgieriger Mann.
»Da habt Ihr recht, Madam!« erwiderte Margery mit schmalen Lippen. »Und ich kann Euch versichern: Ich weiß sehr wohl, wie gut das Schicksal es mit mir meint.«
O ja, das wußte sie! Aber das Schicksal eines jeden Mannes und auch das einer jeden Frau kann mit etwas Nachdenken, Beharrlichkeit und Durchtriebenheit geändert werden.
Liliwin hatte den Tag auf so unerwartete und angenehme Weise verbracht, daß er das Schicksal, das ihm drohte, für einige Stunden völlig vergessen hatte. Gleich nach dem Hochamt hatte der Vorsänger ihn rasch in seine Werkstatt geführt, wo er
bereits mit der Behutsamkeit und Entschlossenheit eines Chirurgen begonnen hatte, den schwer beschädigten Rebec in seine Bestandteile zu zerlegen. Eine langwierige Arbeit erwartete Liliwin, eine Arbeit, die alle Aufmerksamkeit dessen erforderte, der dabei zur Hand gehen wollte. Es war ein ausgezeichnetes Mittel gegen Gedanken an den Tod.
»Wir werden das, was zerbrochen ist, wieder zusammenfügen«, sagte Bruder Anselm entschlossen und munter. »Vielleicht wird man es dem Instrument ansehen, daß es repariert worden ist, aber du wirst wieder darauf spielen können. Wenn sein Klang gelitten haben sollte, werden wir ein neues bauen, so wie eine Generation der vorherigen folgt und die Musik ihrer Väter weiterträgt. Es gibt keinen absoluten Verlust. Reich mir das Stück Pergament dort, mein Sohn, und zeichne auf, in welcher Reihenfolge ich diese Bruchstücke drauflege.« Einige davon waren nur Splitter, aber er ordnete sie so an, wie sie später zusammengefügt werden sollten.
»Glaubst du daran, daß du wieder auf diesem Instrument spielen wirst?«
»Ja«, antwortete Liliwin fasziniert, »ich glaube daran.«
»Das ist gut, denn Glaube ist wichtig. Ohne Glauben kann man nichts erreichen.« Er sprach von diesem seltenen Werkzeug, als handle es sich um eines von denen, die bereits auf seinem Tisch lagen. Als er die durchbrochene Brücke auf das Pergament legte, sagte er: »Ein sauber gearbeitetes Instrument, und gewiß schon recht alt.
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