Beschriftungen. Auf jeder CD war der Markenname einer Zahnpasta oder eines Getränkes geschrieben. Hastig blätterte er in den Ordnern. Sie waren voll mit technischen Details. Auf einem Deckblatt waren die Werte von UHF-Frequenzen vermerkt. Zufrieden riss er die Seite ab und steckte sie ein. Nora stand jetzt neben ihm und redete erneut auf ihn ein.
»Das ist der Schlüssel zum Erfolg. Joshua, du kannst diese Technik nicht mehr aufhalten. Wenn wir es nicht ausnutzen, macht es jemand anders.«
Das werden wir verhindern, dachte er, ohne sich wirklich sicher zu sein.
27
Kalle lief kalter Schweiß über das Gesicht. Soeben schoss der Cadillac mit driftendem Heck um die Kurve. Offensichtlich hatten sie ihn wieder erkannt. Einen neutralen Dienstwagen, den König nicht kannte, gab es nicht.
Er ignorierte das Stoppschild und schoss um die Kurve auf den Nordring. Ein wütender Autofahrer überholte ihn hupend und machte eindeutige Gesten. Fünfhundert Meter weiter sprang eine Ampel auf Rot. Kalle wollte soeben das Gaspedal durchtreten, als eine Straßenbahn die Fahrbahn kreuzte. Der Fahrer, der ihn vor wenigen Sekunden überholt hatte, stand neben ihm. Er hatte das Beifahrerfenster heruntergefahren und schrie wütend auf ihn ein. Als die Straßenbahn die rechte Fahrspur freigab, fuhr Kalle mit durchdrehenden Rädern los, knapp an ihrem Heck vorbei. Er konnte den schwarzen Cadillac nicht mehr sehen. Wütend schlug er aufs Lenkrad. Zum zweiten Mal innerhalb weniger Tage hatten sie ihn abgehängt. Diesmal konnte ihm keiner einen Vorwurf machen. Leider, dachte er. So würden sie ihm wenigstens glauben. Kalle zögerte, wollte weiter in Richtung Autobahnauffahrt fahren. Es gab zu viele Möglichkeiten. König konnte ebenso gut zu Baker fahren. Es ärgerte ihn, nicht schon früher auf König gekommen zu sein. Joshua hatte doch schon länger diese Ahnung, warum ist er ihr nicht nachgegangen? Kalle fühlte sich einsam, zugleich wurde er nervös. Konnte König wissen, wo sein Kollege war? Angestrengt ließ er die letzten Stunden an sich vorbeilaufen. Mittlerweile stand er an einer Bushaltestelle. Wer außer ihm wusste von Joshuas Vorhaben? Daniel, Nora und Joachim. Keine Gefahr also. Ihm kam eine Idee, er drehte um und fuhr zur Dienststelle zurück. Unterwegs rief er Holsten an und hoffte, dass er abnehmen würde. Kalle hatte Glück. Er berichtete ihm von seiner misslungenen Aktion.
Einige Minuten später saß er auf Noras Stuhl.
»Haben eure Spezialisten den E-Mailverkehr von Schändler gecheckt?«
Joachim Holsten runzelte die Stirn.
»Ja, den habe ich mir gestern vorgenommen. Seine privaten und die von seinem Büro in Düsseldorf.«
»Auch zufällig die von Baker?«
»Ja«, seine Stimme klang jetzt ein wenig genervt, »habe ich auch schon durchgesehen. Ich konnte nichts Außergewöhnliches feststellen.«
»Vielleicht, weil du nicht danach gesucht hast.«
»E-Mails mit dem Absender ›Capablanca‹ sind nicht dabei, falls du das meinst.«
Seine kleine naive Hoffnung zerplatzte wie ein Regentropfen, der auf den Asphalt trifft.
»So blöd ist der nicht. Kann ich mir die Mails mal ansehen?«
Holsten nannte ihm die Datei, er griff von Noras Computer aus darauf zu und machte sich eine Kopie davon. Auf diese Weise konnte er nach und nach Mails löschen, um einen besseren Überblick zu bekommen. Es waren einige hundert Mitteilungen. Er fing mit den E-Mails von Ansgar Skopje an. Die Mails mit völlig unverdächtigen Absendern löschte er. Es verblieben noch zwölf Nachrichten von Absendern, die ihm nichts sagten. Kalle las sich alle durch. An einer blieb er hängen. Immer wieder las er den Text, ohne dass sich ihm sein Sinn offenbarte:
Liebe Werbefirma,
hiermit möchte ich bei dem Werbespruch – Wettbewerb
mitmachen:
Es reicht kein Schloss mehr und kein Riegel
Siegfried kommt zu Eulenspiegel
schnelle Hilfe ist von Nöten
denn niemand soll den Drachen töten.
Jetzt müsst ihr nur noch einen Schokoladendrachen
bauen.
Viele liebe Grüße
Jaqueline Renate Christopher
Kalle blickte auf den Absender:
[email protected] . Anschließend startete er den Browser und durchsuchte die Homepage der Werbeagentur Schändler.
Er las den Text noch einmal laut vor. Holsten sah von seinem Monitor hoch. Er grinste Kalle an.
»Süß, die Kleine. Gefällt dir daran irgendwas nicht?«
»Hast du den Absender überprüft?«
Jack kam um den Schreibtisch herum und sah ihm über die Schulter.
»jrc – Jaqueline Renate Christopher. Was soll