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Zugzwang

Zugzwang

Titel: Zugzwang Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Erwin Kohl
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dass er sich eine andere Bleibe suchen müsste. Sie waren einfach zu verschieden. Vielleicht würde das Gespräch mit Janine ja die erhoffte Versöhnung bringen, aber ernsthaft mochte Joshua nicht daran glauben. Er fühlte sich schuldig und wusste nicht warum. Alles schien ihm zur Zeit zu misslingen. Sein Leben, das für ihn bis vor kurzem noch total in Ordnung war, drohte aus der Bahn zu geraten. Er kam sich so vor, als säße er auf dem Bahnhof seines Lebens und sämtliche Gleise waren leer. Zu allem Überfluss war die Stimmung im Kommissariat denkbar schlecht. Der Oberstaatsanwalt forderte Konsequenzen für den Fall, dass Groding nicht innerhalb vierundzwanzig Stunden verhaftet sei. Winnie versuchte erst gar nicht sie zu decken. Den Gedanken an eine Beförderung ins LKA und eine vorherige entsprechend gute Beurteilung durch seine Dienststelle verdrängte Joshua, so gut es ging. In zehn Minuten trafen sie sich mit den anderen Mitgliedern der kleinen SoKo. Viel Hoffnung hatte er nicht.
    »Magst du Pizza?«
    Joshua schoss aus seinen Gedanken. Verwundert sah er seinen Kollegen an.
    »Ich habe mir gedacht, heute Abend ein Blech Pizza für uns zu backen. Mit einem leckeren Salat und einem edlen Tropfen dazu. Guck nicht so, kannst auch ein Bier haben.«
    Joshua hatte mit allem gerechnet, aber nicht mit diesem Angebot. Daniel hob beide Arme nach oben und ließ sie wieder fallen.
    »Mein Gott. Ich war sauer, na und. Wärst du wohl auch, oder?«
    Jetzt musste Joshua lachen. Er schüttelte dabei seinen Kopf.
    »Du bist vielleicht ein komischer Vogel. Pizza mit Bier, okay.«

    Kalle zündete sich gemütlich eine Zigarette an. Auf seine Bitte hin hatten sie die Soko-Sitzung in den Pausenraum verlegt. Es war mittlerweile das einzige Zimmer im gesamten Gebäude, in dem geraucht werden durfte. Daniel stellte seinen Unmut darüber zur Schau, indem er demonstrativ alle drei Fenster des Raumes weit aufriss. Kalle sah Joshua an und machte dabei mit seiner linken Hand den Scheibenwischer. Anschließend hielt er ihm seine Zigarettenschachtel hin, als suche er nach Komplizen.
    Viktor begann in seinem ruhigen gemütlichen Tonfall. Den bayrischen Akzent unterdrückte er dabei so gut es ging. Solange er ruhig und sachlich referierte, gelang ihm dies auch. Er war zumeist der ruhende Pol im Team und wenn er mal laut fluchte, dann auf bayrisch, was die Anwesenden eher zum Schmunzeln anregte. Mit seinen kantigen Zügen und seiner grobporigen, rötlichen Haut konnte man ihn sich auch gut als Förster im bayrischen Wald vorstellen. Marlies nannte ihn mal den ›Crocodile Dundee aus Oberbayern‹. Viktor nahm diese Äußerung, wie vieles andere auch, mit Humor und stoischer Gelassenheit hin.
    »Der Kalle und ich haben uns die Firma Schändler GmbH  &  Co.  KG unter die Lupe genommen.«
    Er sprach das »GmbH  &  Co.  KG« dabei so aus, als sei es etwas Unanständiges. Wirtschaftsverbrechen waren sein Spezialgebiet und er sah unter der Anhäufung mehrerer Unternehmensformen bereits den versuchten Betrug.
    »Wir konnten nichts Verdächtiges feststellen. Die Geschäfte brummen nicht gerade, aber sie haben viele Großkunden. Rund ein Drittel der Rundfunk- und Fernsehspots werden im Auftrag der Schändlerschen Werbeagenturen produziert. Seine Kundenkartei liest sich wie das Who is Who der deutschen Wirtschaft. Dass die Gewinne zurückgehen, liegt am allgemeinen Trend. Wobei wir in Erfahrung bringen konnten, dass die Firma Schändler GmbH  &  Co.  KG davon noch am Geringsten betroffen ist und sich die missliche Gesamtlage nach den nächsten Wahlen sowieso ändern würde. O-Ton Philipp Breuer übrigens. Das ist der Aufsichtsratsvorsitzende der Firma.«
    Kalle pflichtete jedem seiner Worte nickend bei. Anscheinend war Viktor bei der internen Abstimmung zum Sprecher der beiden gewählt worden. Mit einer Armbewegung deutete Viktor auf Marlies Hennes.
    »Unser Madel hat auch noch ein paar sehr interessante Details herausbekommen.«
    Marlies verzog den Mund. Sie konnte es nicht ausstehen, von ihren Kollegen wie ein Küken behandelt zu werden, auch wenn sie mit neunundzwanzig die Jüngste im Team war. Die allein erziehende Mutter erledigte ihren Job hervorragend. Marlies nahm sich eine Akte vom Tisch und fing an.
    »Ich habe mir mal die Führungsetage zur Brust genommen.« Kalle räusperte sich. Sie warf ihm einen giftigen Blick zu und fuhr fort. »Dort gab es in den letzten zehn Monaten erhebliche Veränderungen. Bis auf

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