Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Zugzwang

Zugzwang

Titel: Zugzwang Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Erwin Kohl
Vom Netzwerk:
reagiert?«
    Während er Joshua Zeit für seine Antwort gab, trank er sein Glas leer.
    »Keine Ahnung.«
    »Die Menschen in der Höhle haben ihn zunächst ausgelacht, als Lügner bezeichnet. Später hätten sie ihn am liebsten umgebracht. Er wollte ihr gesamtes Weltbild zerstören. Was er ihnen mitteilte, lag außerhalb ihres Bewusstseins und konnte unmöglich wahr sein. Na, was sagst du jetzt?«
    Joshua bestellte zwei Bier und grinste ihn an.
    »Ich bin überwältigt.«
    Georg senkte seinen Blick und murmelte.
    »Ja, das geht allen so. Dieses Gleichnis gilt bis in unsere heutige Zeit.«
    Joshua fiel absolut keine praktische Anwendung für dieses Gleichnis ein. Er trank sein Glas leer und sah seinen Gesprächspartner lächelnd an.
    Der Student erhob sein Gesicht und deutete mit erhobenem Zeigefinger eine besondere Wichtigkeit an.
    »Mein lieber Freund. Lasse dir gesagt sein, es sind nur die Schatten der Wirklichkeit, die wir sehen!«
    Joshua bezahlte seinen Deckel und verabschiedete sich.

    Kurz nach Mitternacht betrat er völlig durchnässt die Wohnung seines Kollegen. Er warf die Jacke auf das Glasregal im Wohnzimmer. Anschließend ließ er sich der Länge nach auf das weiße Ledersofa fallen.

9
    »Wie weit sind wir, meine Herren? Oh, entschuldigen Sie vielmals.«
    Er sah die Frau mit den kastanienroten Haaren süffisant lächelnd an. Sie verzog keine Miene. Manchmal tat es ihr Leid, diese Partnerschaft eingegangen zu sein. Aber die monatlichen Überweisungen beruhigten ihr schlechtes Gewissen und den Ekel auf ihn regelmäßig. Ein übergewichtiger stämmiger Mann mit Nickelbrille meldete sich zu Wort.
    »Es läuft alles bestens, wir liegen im Plan und …«
    »Was heißt das konkret?«, fuhr der Mann, den sie nur Boss nannten, dazwischen.
    »Nun, ich meine«, er wirkte nervös, der Geruch seines Schweißes breitete sich allmählich im Raum aus, »wir kommen gut voran. Dinslaken war ein voller Erfolg. Das Experiment mit dieser Bio-Firma ebenfalls«, er setzte ein zufriedenes Lächeln auf. Dieses Experiment hatte den Etat für die nächsten Jahre gesichert und die Grundlage für den weiteren Erfolg geschaffen. Jeder war sich darüber im Klaren, dass der Boss davon am meisten profitierte, aber keiner wagte, es laut auszusprechen. Man munkelte, er habe sein gesamtes, nicht unerhebliches Kapital in Aktien dieses Unternehmens investiert. »Mit dem Tankstellen-Experiment waren wir äußerst erfolgreich. ARAL Deutschland vermeldet Umsatzrückgänge von fünfzehn Prozent. Deutschlandweit wohlgemerkt. Und das, obwohl wir bislang nur in Nordrhein-Westfalen operieren. Die Konkurrenz steht sozusagen schon Gewehr bei Fuß. Wenn die wüssten …«
    Der Stämmige bog sich vor Lachen, soweit es sein ausladender Bauch zuließ.
    »In Ordnung. Was ist mit euch?«
    Der Boss deutete auf einen smarten, schlanken und gebräunten Mann in schwarzem Anzug.
    »Alles bestens, wir haben einen Neuen bei der Werbeagentur. Der weiß nur das Nötigste, zieht aber mit.«
    »Alles bestens? Ich hör wohl schlecht!«
    Der Boss brüllte ihn an. Sofort verstummte jedes Tuscheln im Raum.
    »Falls du auf die Sache mit Schändler anspielst, das ist erledigt. Keine Zeugen und einen Täter haben wir den Bullen auch präsentiert. Unser Mann vor Ort sagte mir, der Fall würde bald abgeschlossen.«
    »Und was ist mit der Kleinen, ist das keine Zeugin?«
    »Glaube ich nicht, sonst hätte sie längst was gesagt.«
    Der Boss ging zu ihm, packte ihn mit beiden Händen, zog ihn ein Stück hoch und schrie ihm ins Gesicht.
    »Glaube? Habe ich da was von Glaube gehört? Sind wir hier in der Kirche, oder was? Was denkst du, um was es hier geht? Wir können uns keine Panne mehr erlauben. Nicht noch ein Schändler. Dieser Idiot«, er ließ ihn wie einen Sack in seinen Sitz zurückfallen und kehrte ihm den Rücken zu, »meinte, er könne uns erpressen«, blitzschnell fuhr er herum und zeigte mit ausgestrecktem Arm auf seinen Gesprächspartner, »du erledigst das, verstanden?«
    »Verstanden!«

10
    Daniel hatte seit einer Stunde nichts mehr gesagt. Mitt-lerweile waren sie in ihrem Büro. Um fünf Uhr war er aufgestanden und hatte sofort damit begonnen, den Flur und das Wohnzimmer zu putzen. Das Sofa wies mehrere großflächige Spuren von Feuchtigkeit auf. Er sagte dabei nichts, was für Joshua, der sich mehrmals entschuldigt hatte, das Schlimmste war. Ganz gegen seine sonstigen Gewohnheiten ging Daniel zwischendurch für eine halbe Stunde in die Kantine.
    Joshua war klar,

Weitere Kostenlose Bücher