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Zugzwang

Zugzwang

Titel: Zugzwang Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Erwin Kohl
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lässt Mörder laufen. Darunter wurde die Frage aufgeworfen, ob er aufgrund familiärer Probleme überhaupt noch tragbar wäre.
    »Woher habt ihr das?«
    »Beruhige dich. Wir haben unsere Kontakte. Und wenn du zu Hause nicht mehr erreichbar bist, brauchen wir nur eins und eins zusammen zählen. Das gehört eben zum Spiel. Aber nichts ist so schnell vergessen, wie die Zeitung vom Vortag. Also häng’ das jetzt nicht zu hoch.«
    Joshua spürte, wie sein Puls hochschoss. Seine Atmung wurde hektisch.
    Zynisch tätschelte er die Schulter des Redakteurs.
    »Danke für alles.«
    Als Joshua hinauslief, schrie Schönborn ihm noch etwas hinterher. Er wollte es nicht mehr hören.
    Mit durchdrehenden Rädern verließ er den Besucherparkplatz des Verlages. Nachdem seine erste Wut über den bevorstehenden Zeitungsbericht verflogen war, dachte er über den anonymen Anrufer nach. Der Mann sprach vom Tatort. Woher konnte er das wissen? Als seine Kollegen dort eintrafen, war der BMW bereits fort. Das könnte bedeuten, dass der Täter selbst oder ein Komplize bei der Zeitung angerufen hatte. Aber warum erst jetzt? Joshua fuhr in Richtung Innenstadt.
    Zwanzig Minuten später betrat er das Krankenhaus. Der Kollege hockte immer noch genauso vor ihrem Zimmer, wie bei seinem letzten Besuch. Diesmal war er allerdings hellwach und begrüßte ihn freundlich.
    Rosalinde Schändler saß aufrecht im Bett und las ein Buch. Als sie ihn sah, legte sie es beiseite. Diesmal war das Raumklima angenehm. Sie hatten beide Fenster aufgekippt.
    »Guten Tag, Herr Trempe. Ich muss mich irgendwie ablenken, sagen die Ärzte.«
    Sie deutete dabei wie zur Entschuldigung auf das Buch. Joshua kam die Situation widersinnig vor. Sie taten hier alles, die junge Frau von ihrem Schock zu heilen und er kam hierhin, um die Wunden wieder loszureißen. Innerlich rang er mit sich, es nicht zu tun.
    »Frau Schändler, ich muss Sie etwas fragen. Wenn Sie dazu nicht bereit sind, verstehe ich das.«
    »Versuchen Sie es.«
    Joshua war erleichtert, wenngleich er sich eingestehen musste, dass seine Frage suggestiv war.
    »Wir müssen wissen, was in dem Tresor gewesen sein könnte. Was war so wichtig, dass …«
    »Dass meine Eltern sterben mussten? Ich weiß es nicht. Ich zerbreche mir pausenlos den Kopf darüber, ich weiß es wirklich nicht.«
    Sie wirkte ausgesprochen gefasst, damit hatte Joshua nicht gerechnet. Vermutlich waren starke Beruhigungsmittel dafür verantwortlich.
    »Hat Ihr Vater sich in der letzten Zeit verändert. Hat er irgendwas erwähnt, was sonderbar war. Bitte, jedes Detail kann wichtig sein.«
    Rosalinde Schändler schien angestrengt nachzudenken. Sie schloss die Augen und atmete dabei tief durch.
    »Hm, er sprach gelegentlich davon, dass sie vor etwas Revolutionärem stehen würden. Manchmal war er richtig euphorisch. Aber jedes Mal, wenn Mutter oder ich nachgefragt haben, blockte er ab.«
    »Warum blockte er ab?«
    »Ich weiß es nicht. Einmal sagte er mir, ich würde bald einen sehr berühmten Vater haben. Warum, sagte er aber nicht. In der letzten Zeit war mein Vater oft sehr verschlossen.«
    Joshua machte sich Notizen. Zu seiner Beruhigung stellte er fest, dass seine Gesprächspartnerin immer noch relativ gelassen sprach. Lediglich der gleichmäßige, ruhige Tonfall verriet ihren Zustand. Ihm fielen mehrere Medikamentendöschen auf ihrem Beistelltisch auf. Sie bemerkte seinen Blick.
    »Ich werde hier ständig in Trance gehalten. Egal, wenn’s wirkt.«
    Ihrer Mimik war zu entnehmen, dass es ihr keineswegs egal war.
    »Hatten Sie in letzter Zeit Besuch, den Sie nicht kannten?«
    »Nur Ihre Kollegin, Frau von Ahlsen.«
    Joshua freute sich darüber, dass Jutta von Ahlsen sie weiter betreute. Normalerweise war sie dafür nicht mehr zuständig. Die Weiterbehandlung wurde in der Regel von einem niedergelassenen Psychiater oder Therapeuten durchgeführt.
    »Das ist schön. Ich wollte aber eigentlich wissen, ob Sie zu Hause in der letzten Zeit Besuch bekamen, den Sie nicht kannten.«
    »Das kam immer wieder vor. Meistens Geschäftspartner oder Leute aus seiner Firma. Ich kannte nur einige davon.«
    »Was war mit Ihrer Mutter, hat sie sich in den letzten Wochen oder Monaten verändert?«
    »Nein … nein, eigentlich nicht. Obwohl, sie kam mir in der letzten Zeit ein wenig nervös und unausgeglichen vor. Ich habe da aber nicht weiter nachgehakt.«
    Joshua bedankte sich und verabschiedete sich freundlich. Als er sich herumdrehen wollte, hielt sie seinen Ärmel

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