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Zugzwang

Zugzwang

Titel: Zugzwang Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Erwin Kohl
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sich für Außenstehende so manches Mal wie ein offener Streit anhören konnte, war es nie so. Nur über den Umweg der verschiedenen Standpunkte konnten sie ihre Argumente überprüfen. Nur so wurde jeder gezwungen, seine These bis ins kleinste Detail zu begründen, nachvollziehbar zu machen. So manche Sackgasse wurde so schon zu Beginn erkannt und machte ihre Arbeit effektiver. Aber diesmal schien es für ihn anders zu sein. Trotzdem hielt er sich an die Regeln.
    »Wenn jemand ein Betäubungsmittel nimmt, dann bestimmt nicht, um seine Wohnung zu verlassen. Das dürfte doch klar sein, oder?«
    Daniel wartete nicht die Zustimmung der anderen ab.
    »Und dass die Tatwaffe in seiner Wohnung war, sein Fahrzeug am Tatort gesehen wurde, es seine Fußabdrücke waren, die am zweiten Tatort sichergestellt wurden und er ein Motiv und kein Alibi hat, dürfte doch wohl auch klar sein, oder?«
    »Und dass wir ihn nicht hier haben, ist meine Schuld. Na los, sag’s schon!«
    Joshuas Stimme bebte. Kalle mischte sich ein.
    »Was soll das denn jetzt. Wollen wir uns gegenseitig fertig machen, oder was? Wenn Joshua ihn nicht festgenommen hat, hatte er seine Gründe dafür und fertig. Außerdem warst du ja dabei. Du hättest ihn doch auch festnehmen können. Hinterher den großen Max markieren ist jedenfalls auch scheiße!«
    Daniel biss sich auf die Lippen und sah zur Decke.
    Joshua versuchte, in einem ruhigen und sachlichen Tonfall, seine Bedenken zu erklären.
    »Die Beweise sind mir zu offensichtlich. Schändler wird in unmittelbarer Nähe eines Autobahnrastplatzes erschossen. In Sichtweite halten laufend Fahrzeuge an. Ständig könnte der Täter gesehen werden. Trotzdem raucht er dort in aller Ruhe zwei Zigaretten? Selbst wenn er Schändler zu dem Zeitpunkt noch nicht ermordet hatte, musste er damit rechnen, dass ihn jemand sieht und hinterher beschreibt oder sogar erkennt. Maskiert wird er da wohl kaum rumgestanden haben.«
    Sie hörten ihm aufmerksam zu. Keiner wagte es, ihn zu unterbrechen.
    »Die Frage, wie ein Till Groding an eine Armeepistole aus dem Ostblock kommt und eine komplizierte Alarmanlage außer Betrieb setzt, lasse ich mal außen vor. Aber warum besitzt er Schuhe, die ihm ein paar Nummern zu groß sind?«
    »Stimmt«, unterbrach Kalle die Gedanken der anderen, »laut Spurensicherung hatte der Täter einen schweren Gangfehler oder viel zu große Schuhe. Ich meine, ich kaufe mir ja auch schon mal Schuhe, die eine halbe Nummer zu groß sind. Bei E-Bay oder so. Aber …«
    »Okay«, gab Daniel bei, »die Indizien sind zum Teil wirklich sehr zweifelhaft. Aber warum flüchtet er dann oder wird entführt?«
    »Um noch ein Schuldeingeständnis oben drauf zu setzen, wir haben ihn ja nicht verhaftet.«
    Marlies sprach Joshuas Gedanken aus.
    »Nachdem die Kollegen uns all die schönen Beweise präsentiert haben?«
    Viktor schien daran zu zweifeln.
    »Da ist jemand ganz schön erpicht darauf, dass Groding als Mörder verurteilt wird.«
    »Ja, Marlies. Die Frage stellt sich, warum verlässt dieser Jemand sich dann nicht auf ›seine‹ Beweise?«
    »Genau«, Joshua lehnte sich zurück und verschränkte seine Arme, »vielleicht weiß er, dass wir Zweifel an Grodings Schuld haben.«
    »Das ist doch absurd«, Daniel schüttelte den Kopf, »woher sollte er das wissen. Als wir das erste Mal bei ihm waren, wussten wir doch noch nichts von den Beweisen.«
    Nach einer Minute des Schweigens bat Joshua darum, fortzufahren. Viktor teilte ihnen ihre Ergebnisse mit.
    »Das Fahrzeug der Firma Lensing wurde wirklich zwischendurch vor der Wohnung der Maibooms abgeholt. Ein Nachbar lief gegen halb fünf mit seinem Hund dort vorbei und dabei ist es ihm aufgefallen. Wann es wieder dort stand, wusste er nicht. Weiter hat er nichts Verdächtiges bemerkt«, Viktor sah kurz auf seinen Notizblock, »ach so, in der Nachbarstraße habe ein auffälliger dunkler Mafiaschlitten geparkt«, seine Kollegen grinsten ihn an, »das war O-Ton, wie die beim Fernsehen immer sagen. Die Marke wusste er nicht. Es war halt so ein Amischlitten, sagte er. Eine Personenbeschreibung wäre mir lieber gewesen, aber na ja.«
    »Vielleicht ist für diesen Rentner ein BMW ja auch schon ein Amischlitten«, grummelte Daniel. Kalle sah ihn an, er hob abwehrend die Hände. »Ich werde diesem Zeugen ein Bild von einem dunklen BMW zeigen, vielleicht hast du ja Recht.«
    Joshua sprach noch kurz seine Vermutung zu den geheimen Forschungsunterlagen an. Bis auf Marlies waren alle der

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