Zugzwang
Bereitschaftsarzt eintrafen, standen Joshua und Daniel schon wieder unten auf der Straße. Fast zeitgleich trafen drei Streifenwagen ein. Sofort stürzte einer der Kollegen auf die beiden zu. Es war Ginster. Daniel hielt ihm den ausgestreckten Arm entgegen.
»Guten Abend, Herr Ginster. Wie waren noch gleich Ihre Worte? Ah, jetzt habe ich es wieder: Wenn man nicht alles selber macht, nicht wahr?«
Ginster presste seine Lippen zusammen. In seinen Augen war Wut zu erkennen. Sein Adamsapfel hüpfte auf und ab. Stumm schüttelte er die Hände seiner Krefelder Kollegen.
»Geschenkt. Ich denke, wir sind jetzt quitt. Die beiden Kollegen, die unbedingt auf dem Speicher nachsehen wollten, mache ich lang.«
»Schon gut«, mischte Joshua sich ein, »habt ihr irgendwas über seinen Besucher erfahren?«
Ginster schüttelte seinen voluminösen Kopf.
»Leider nein. Ein Nachbar hat zwar was gehört, aber ansonsten, nichts.«
Sie schwiegen eine Weile. Ginster legte jeweils eine Hand auf die Schultern von Daniel und Joshua.
»Mensch, warum habt ihr den denn nicht direkt mitgenommen?«
»Uns hat er gesagt, er würde sich erst nächste Woche aufknüpfen.«
Ginster sog tief die mittlerweile trockene Luft ein. Für eine Sekunde legte er seinen Kopf in den Nacken und schloss die Augen.
»Entschuldigung, so war das nicht gemeint.«
Daniel blickte auffällig auf seine Schweizer Armbanduhr. Die Breitling hatte Kalle ihm für vierhundert Euro verkauft. Joshua hatte jedes Zeitgefühl verloren. Er konnte nicht begreifen, wie sein Kollege so einfach auf Freizeit umschalten konnte. Er kam Daniel zuvor.
»Wir können hier nichts mehr tun, ich möchte noch zur Kriminaltechnik, wo wir einmal hier sind.«
Daniels Mundwinkel sackten ab.
»Was versprichst du dir davon? Ich war doch heute Vormittag da und habe dir doch gesagt, dass sie keine Spuren gefunden haben.«
»Vorläufig, hast du gesagt«, Joshua verabschiedete sich mit einer Handbewegung von Ginster und lief los, »irgendwas müssen sie gefunden haben, wenn der Wagen wirklich am Tatort war.«
»Ja, die Spuren vom Mörder. Und der liegt vermutlich dort oben.«
Joshua erwiderte nichts und lief unbeirrt über den Carlsplatz in Richtung Parkhaus. Zwanzig Minuten später waren sie da. Der Parkplatz des Landeskriminalamtes war fast leer. Sie liefen direkt in den Keller. Herbert Knarr hing gerade seinen Kittel in den Spind, als sie ihn begrüßten. Ohne sie länger als nötig anzusehen, erwiderte er ihre Begrüßung und kümmerte sich weiter darum, sich bekleidungsmäßig auf die Außenwelt vorzubereiten.
»Ich habe euch den Bericht vor einer Stunde zugefaxt«, sagte er trocken.
»Wir waren seitdem nicht im Büro, kannst du uns bitte in groben Zügen den Inhalt mitteilen?«
Knarr sah zuerst Joshua, dann Daniel an.
»Hast du deinem Kollegen nichts erzählt?«
»Doch, aber …«
»Er sagte, dass ihr noch nicht ganz fertig wart.«
Knarr seufzte und setzte sich im Unterhemd an einen kleinen Tisch. Unbeirrt begann er, sich die Schuhe anzuziehen. Nachdem er den ersten Schuh angezogen hatte, blickte er zu Joshua hoch.
»Könnte tatsächlich etwas dran sein. Die Betonung liegt auf könnte. Die Abdeckung unterhalb der Lenksäule wurde schon mal losgeschraubt. Es befinden sich winzige Kratzspuren an den Schrauben. Die Kabelschuhe der Zündkabel sind unversehrt, allerdings sind die Isolierungen nicht korrekt über die Klemmen gezogen.«
Daniel runzelte die Stirn. Joshua reagierte sofort.
»Das Zündschloss ist also kurzgeschlossen worden?«
Knarr sah ihn lächelnd an.
»Überbrückt, wenn schon. Ja, möglich. Genauso gut wäre aber auch ein ausgetauschtes Zündschloss denkbar. Immerhin sind an dem Fahrzeug äußerlich keinerlei Spuren von Gewalt zu erkennen.«
»Vielleicht hatte Groding den Wagen nicht abgeschlossen und der Täter brauchte somit lediglich das Zündschloss zu überbrücken und wegfahren.«
Knarr schüttelte leicht den Kopf.
»Unwahrscheinlich.«
Joshua sah ihn erstaunt an. Ihm wollte nicht einleuchten, was daran so abwegig sein sollte.
»Nach drei Minuten aktiviert sich bei diesem Fahrzeug die elektronische Wegfahrsperre. Überbrücken ist dann nicht mehr. Der Wagen muss danach mit dem Originalschlüssel gestartet werden, theoretisch.«
Knarr dehnte dieses ›theoretisch‹ und machte Joshua damit wieder Hoffnung. Bevor er nachhaken konnte, sprach der Kriminaltechniker weiter.
»Mittlerweile kursieren in einschlägigen Kreisen handliche Geräte, die das
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