Zugzwang
dem Gefrierfach, Parmesankäse, Artischockenherzen vom Feinkostladen, Parmaschinken und frische Tomaten. Dazu einen Salat, bestehend aus frischem Radicchio und Lollo Rosso. Soeben hatte er noch den Vino Nobile aus dem Kühlschrank geholt und in den Flaschenkühler gestellt. Er sah auf die Küchenuhr. Halb acht. Um acht, so nahm er an, würde Joshua wohl spätestens erscheinen. Nach diesem Essen und der einen oder anderen Flasche Wein würde sich sein Kollege wohl entspannen, da war sich Daniel sicher. Er schob das Blech mit der Pizza in den Backofen und ging mit einem Glas Wein in sein Büro. Direkt die erste E-Mail ließ ihn hektisch werden. Er hatte mehrere Newsletter abonniert, die ihn ständig über die neuesten Besonderheiten an den Börsen rund um den Globus informierten. Dazu bekam er eine Reihe, zum Teil sehr zuverlässige Börsentipps. Darauf und auf seinen Instinkt konnte Daniel sich in der Vergangenheit fast blind verlassen. Mit einer Ausnahme: Der BioPharmaca AG. Gegen jeden Trend und völlig unerklärlich für alle Börsenexperten schnellte deren Kurs auf das Siebenfache hoch und das innerhalb weniger Wochen. Während sich Fachleute aus sämtlichen Gebieten der Finanzwelt die Köpfe heiß diskutierten, sank der Kurs der Aktie ebenso schnell wieder ab. Die Mutmaßungen und Gerüchte darüber köchelten noch immer, wenn auch auf kleiner Flamme, und jetzt?
Über Nacht verdreifachte die Aktie ihren Kurs und stand jetzt bei sechs Euro zwölf. Und wieder war der Anstieg unerklärlich. Es hieß sogar, die Staatsanwaltschaft würde gegen die Firma ermitteln. Normalerweise ein Dolchstoß für jedes börsennotierte Unternehmen. Nicht so in diesem Fall. Daniel verfolgte den Kurs an der Frankfurter Börse via Internet live mit und musste tatenlos zusehen, wie er immer weiter kletterte. Es kribbelte in seinen Fingern. Nur wenige Tastendrücke, eine Minute, maximal zwei, und er würde am Erfolg dieser Firma partizipieren. Seine Vernunft wehrte sich noch vehement dagegen. Trotz der aktuellen Kursentwicklung wurde das Wertpapier von keinem Analysten hochgestuft. Im Gegenteil, die meisten rieten zum Verkauf. Diese Aktie war zum zweiten Mal im Begriff, die ungeschriebenen Gesetze der Börse auf den Kopf zu stellen.
Daniel suchte minutenlang in einer Datei nach einer Telefonnummer. Er nahm sich den Hörer und rief Joachim Holsten vom Landeskriminalamt an. Sie waren zusammen bei der Bundeswehr gewesen, hatten danach noch eine Weile mehr sporadischen Kontakt. Nach einigen Begrüßungssätzen und Smalltalk, kam van Bloom seinem Anliegen näher. Langsam und geschickt lenkte er das Thema in Richtung Börse:
»Was weißt du von einer Firma BioPharmaca AG?«
»Die wird es wohl nicht mehr lange geben. Die Kollegen haben da so einiges an Belastungsmaterial sichergestellt. Kreditbetrug, Bilanzfälschung und so weiter.«
»Du rätst mir also davon ab, ihre Aktien zu erwerben?«
»Absolut. Frage mich aber bitte nicht nach der ominösen Kursentwicklung. Da knabbern unsere Experten schon eine ganze Weile dran rum. Übrigens, was macht denn der Fall Schändler?«
Daniel stutzte. Welches Interesse sollte das LKA daran haben?
»Ist geklärt. Der Mörder hat sich selbst gehimmelt, warum fragst du?«
»Weil Schändler bei unseren Ermittlungen auch auftauchte. Er hatte ein fettes Aktienpaket von BioPharmaca. Gekauft bei einsneunzig, verkauft bei zwölf. Hat knapp zwölf Millionen dafür eingestrichen. Ein Schelm, wer böses dabei denkt. Wer war denn sein Mörder?«
»Till Groding aus Düsseldorf. Ein Werbefuzzi. Schändler hat ihn über den Tisch gezogen und daraufhin ist der ausgerastet.«
Sie sprachen noch über ein paar Kleinigkeiten, allerdings mehr um der Höflichkeit genüge zu tun und verabschiedeten sich freundlich. Daniel dachte über das Gespräch nach. Sollte da irgendein Zusammenhang bestehen. Auf keinen Fall durfte er Joshua davon erzählen. Er würde nur unnötig Öl in sein Verschwörungsfeuer gießen.
12
Joshua unterhielt sich angeregt mit Rosi, wie er sie nennen sollte. Er bot ihr ebenfalls an, ihn beim Vornamen zu nennen, um ihr Vertrauen zu gewinnen. Gelegentlich sah er in den Rückspiegel, nahm seinen Verfolger aber nicht wahr. Sie waren schon fast auf dem Hof seiner Eltern, als die weiße Limousine mit gemäßigtem Tempo an der Einmündung vorbeifuhr und einige Meter weiter wendete. Als sie erneut vorbeifuhr in Richtung Innenstadt, wurden Rosi und Joshua von seinen Eltern begrüßt. Er hatte sie unterwegs von
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