Zugzwang
Fehler zuzugeben. Darum arbeite ich so gerne mit ihm zusammen. Da muss irgendwas dran sein.«
»Glaube ich nicht. Er hat Stress zu Hause und jetzt noch der Fehler mit Groding. Der verrennt sich da in was.«
Das Krankenhauspersonal sammelte in den Zimmern das Geschirr vom Abendessen ein. Joshua ekelte sich vor diesem Gemisch aus Essensduft und Krankenhausmief. Er lief sehr schnell, als wenn sie gerade jetzt verschwinden könnte. Als er ihr Zimmer betrat, war er erleichtert. Eine junge Frau saß vor ihrem Bett. Nachdem sie ihn bemerkten, verstummten sie.
»Guten Abend, Herr Kommissar. Das ist eine Freundin, Sandra Volkert.«
Die zierliche junge Frau stand auf und gab ihm die Hand.
»Ich wollte sowieso gerade gehen, bitte sehr.«
Sie bot ihm ihren Stuhl an und verabschiedete sich von beiden. Joshua kam direkt zur Sache.
»Sie können nicht länger hier bleiben. Ich kann Ihnen keinen Polizeischutz mehr bieten. Trotzdem glaube ich …, ich meine, es besteht die Möglichkeit, dass Sie in Gefahr sind.«
»Ja, ich habe mitbekommen, dass kein Polizist mehr vor der Tür sitzt. Man hat mir gesagt, der Mörder hätte Selbstmord begangen und ich sei jetzt nicht mehr in Gefahr. Ich verstehe das nicht.«
»Es ist auch nicht so einfach. Wir sind uns nicht sicher, ob es der Mörder war. Das heißt, ich bin mir nicht sicher«, setzte er kleinlaut hinzu.
»Bitte, ich würde Sie jetzt gerne in Sicherheit bringen.«
Sie zog ihre Augenbrauen zusammen. Joshua wurde bewusst, wie schön sie war. Schön und unschuldig. Er freute sich darüber, dass es ihr schon wieder besser ging. Auch wenn ihm klar war, dass dieser Abend tiefe Narben in ihre Seele gerissen hatte.
»Wohin wollen Sie mich denn bringen?«
Ihr schien die Gefahr bewusst zu sein, sonst wäre sie wohl davon ausgegangen, er würde sie zurück nach Hause bringen, stellte Joshua erleichtert fest. Gleichzeitig dachte er darüber nach, wohin er sie denn bringen könnte. Daniel würde es nicht zulassen. Seine Familie kam auch nicht infrage.
»Ich bringe Sie zu meinen Eltern«, antwortete er kurz entschlossen, »die wohnen auf dem Land. Da findet Sie so schnell niemand. Außerdem wird mein altes Zimmer mal wieder bewohnt.«
Er lachte und gab ihr einen Klaps auf die Schulter. Unsicher stand sie auf. Sie schien von Zweifeln geplagt zu sein. Joshua half ihr, den Koffer zu packen. Zwischendurch räusperte sie sich. Als Joshua sie ansah, lupfte sie an ihrem Nachthemd. Er ging hinaus auf den Flur. Fünf Minuten später kam sie mit dem Koffer in der Hand hinaus. Sie trug eine hellblaue, geblümte Bluse zu einer weißen Jeans. Sie wollten gerade losgehen, als sie von hinten die Stimme der Stationsschwester hörten.
»Darf ich fragen, wohin die Reise gehen soll?«
Rosalinde und Joshua drehten sich zu der Stimme um. Eine zierliche kleine Frau in einem weißen Kittel sah sie mit braunen Augen streng an.
»Das ist Schwester Kerstin«, flüsterte Rosalinde ihm ins Ohr. Joshua erklärte ihr, dass er Frau Schändler mitnehmen müsse und persönlich auf sie aufpassen würde. Den wahren Grund nannte er ihr nicht.
»Tut mir Leid, das kann ich nicht zulassen. Frau Schändler muss noch mindestens eine Woche bei uns bleiben.«
Joshua hatte keine Zeit für langwierige Diskussionen mit der Angestellten des Krankenhauses.
»Schwester Kerstin, die junge Dame ist bereits volljährig und kann somit selbst entscheiden, wann und wohin sie gehen möchte. Sehen Sie das etwa anders?«
Die resolute Dame stemmte ihre Arme in die Hüfte und schluckte. Sie warf beiden der Reihe nach einen abfälligen Blick zu, bevor sie klein beigab.
»Wie Sie wollen. Aber Sie unterschreiben bitte unten, dass Sie auf eigene Verantwortung dieses Krankenhaus verlassen wollen!«
»Selbstverständlich. Dennoch einen schönen Tag, Schwester Kerstin.«
Ohne ein Wort zu sagen, drehte die Krankenschwester sich um und ging zurück. Rosalinde grinste ihn an. Es war das erste Mal, dass er sie mit einem fröhlichen Gesichtsausdruck sah. Sie unterschrieben an der Pforte noch ein entsprechendes Formular und gingen zu Joshuas Wagen. Er trug in der einen Hand ihren Koffer, mit der anderen hielt er ihre linke Hand. Insgeheim hoffte Joshua, dass ihn keiner erkennen würde. Als sie vom Parkplatz fuhren, bemerkten sie nicht, dass sie im Abstand von drei Fahrzeugen von einer hellen Limousine verfolgt wurden.
11
Daniel hatte den Pizzateig fertig belegt. Dabei ging er nicht gerade sparsam mit den Zutaten um. Italienische Kräuter aus
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