Zukunftsmenue
Plastik, die in Südafrika schon »national flowers« genannt werden.
Mein erster Gedanke war typisch europäisch: »Himmel, ist es hier schmutzig! Kann da keiner mal aufräumen?« Und: »Ist denen das hier alles gleichgültig?!« Nach meinem ersten Entsetzen tauchte der Gedanke auf: »Na ja, die Afrikaner können sich eine gut organisierte Müllabfuhr, so wie wir in Mitteleuropa, nicht leisten und haben wahrscheinlich auch viel größere Sorgen.« Und schon folgte die Erkenntnis: »Wir können uns diese immensen Müllmengen auch nur leisten, weil wir unseren problematischen Elektronikschrott und Giftmüll in Drittweltländer mit laxeren Umweltstandards abtransportieren, nur damit wir ihn nicht mehr sehen.«
Das Problem: Auch in Afrika gehen die Menschen kaum noch mit Körben und Taschen einkaufen. Sie lassen sich Gemüse, Obst und Brot in vorwiegend aus Asien importierte billige Plastikbeutel packen, wie Worldwatch berichtet. Mangels flächendeckender Abfallentsorgung weht der Wind die benutzten Tüten übers Land. Doch nicht nur in Afrika, an jedem Strand der Weltmeere findet man Plastik. Laut Unep, dem UNO-Umweltprogramm, dauert es Tausende von Jahre, bis eine ganz normale Plastiktüte in ihre Bestandteile zerfällt. Denn normaler Kunststoff ist nicht biologisch abbaubar. Sollten sich Kunststoffe aber doch schneller zersetzen als bislang vermutet, wie eine 2009 veröffentlichte japanische Studie herausgefunden haben will, werden Giftstoffe frei. So oder so besteht der Sand an den Stränden unserer Küsten bereits zu einem gewissen Prozentsatz aus Kunststoff. 9
Dann irgendwann war mir klar: Das ist ja auch unser Müll! Mein großzügiger täglicher Lebensmitteleinkauf, für den gleich meterweise Verpackungsmaterial verbraucht wird. Eine Plastiktüte für drei Bananen, ein Plastiknetz für fünf Zitronen. Plastikfolie zum Einwickeln von Fleisch oder Wurst. Ach ja, und dann steht da ja noch Plastikschrott in Form von Jahrmarktnippes herum, einmal benutzt, dann kaputt gegangen. Plastikpuppen, Plastiksets für den Tisch, Plastiktuben und -tiegel in jeder Größe für die Schönheit, für die Hygiene, für Shampoo, Festiger, Haarlack, Deos. Feuerzeuge und Billigkugelschreiber. Der Plastikschrott verschwindet nicht, nur weil ich ihn nicht mehr sehe. Der ist da. Lange. Sehr lange.
STATT PLASTIK …
Auch die biologisch abbaubare Tüte, die es mittlerweile in Supermärkten und Bioläden gibt, ist noch nicht der Weisheit letzter Schluss. Sie wird aus Mais hergestellt, worunter langfristig die Böden und das Klima leiden. Für das Problem der Vermüllung ist sie ebenfalls nicht die optimale Lösung: Sie verrottet erst in der 60 °C warmen Industriekompostierung und im Meer gar nicht. Deshalb:
Gehen Sie besser mit Korb oder Stofftasche einkaufen.
Bewahren Sie in der Küche Ihre Vorräte in Behältern aus Glas oder Emaille auf.
Kaufen Sie Milch und Sahne in Glasbehältern.
Doch im Grunde genommen sind diese Plastiktüten, die in Bangladesch schon für Hochwasser sorgten, weil sie die Gullys und Siele verstopfen, die in den afrikanischen Steppen Tiere verenden lassen, weil die diese Tüten fressen, nur die Spitze des Eisbergs. 80 Prozent des Kunststoffmülls (laut UNO sollen es weltweit jährlich insgesamt rund 6 Millionen Tonnen sein) gelangen über Flüsse in die Ozeane. Die Meeresschutzorganisation Oceana schätzt, dass weltweit jede Stunde rund 675 Tonnen Müll direkt ins Meer geworfen werden, die Hälfte davon ist aus Plastik. Laut einer Studie der Unep treiben auf jedem Quadratkilometer der Weltmeere bis zu 18.000 Plastikteile. Besonders schlimm ist das Problem in fünf Ozeanwirbeln, darunter der im Nordpazifik, der inzwischen »Östlicher Müll-Strudel« genannt wird. In seinem Zentrum rotieren 3 Millionen Tonnen Plastikmüll. Er wächst seit sechzig Jahren unbeachtet und ist nach Einschätzung von Wissenschaftlern doppelt so groß wie der US-Bundesstaat Texas. Jährlich verenden etwa 100.000 Meeressäuger qualvoll durch den Müll. Schildkröten, Robben, Fische und Krebse fressen den Müll, den sie für Plankton oder Quallen halten, und verenden teilweise daran. Über eine Million Seevögel, wie zum Beispiel Albatrosse, die die Plastikteile irrtümlich als Nahrung zu sich nehmen und damit auch ihre Küken füttern, sterben an Plastik, wie Greenpeace berichtet. Bangladesch hat im Jahr 2002 übrigens als erster Staat der Welt Plastiktüten verboten. 2008 kündigte die australische sowie die chinesische
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