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Zum Glück Pauline - Roman

Zum Glück Pauline - Roman

Titel: Zum Glück Pauline - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C.H.Beck
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nicht. Ich hab solche Schmerzen. Ich muss irgendwas haben. Die Ärzte irren sich wahrscheinlich. Man fällt doch nicht einfach so auf der Straße um.»
    «Wenn die Schmerzen stark sind, kann so was schon mal vorkommen …»
    «Ich halte das nicht mehr aus …»
    «Ja … aber es gibt Leute, die ihr Leben lang Rückenschmerzen haben …»
    «…»
    «Hören Sie … die Überreaktion Ihres Körpers mag Ihnen beängstigend erscheinen … aber es ist nichts Alarmierendes … die Ergebnisse der Kernspintomographie sind ganz eindeutig …»
    «…»
    «Trotzdem werde ich Sie ein paar Tage zur Beobachtung hierbehalten.»
    Ich schwieg. Der Satz: «Es gibt Leute, die ihr Leben lang Rückenschmerzen haben», hatte mir den Rest gegeben. Und diese Widersprüchlichkeit: Einerseits sagte er, dass ich nichts hatte, andererseits wollte er mich
zur Beobachtung hierbehalten.
Was für ein furchterregender Ausdruck. Ich war doch kein Insekt. Ich war doch nicht in so einem komischen Gefäß drin. Man durfte mich abhören und gesund pflegen, okay, aber doch nicht beobachten. In dem Moment kamen zwei Pfleger herein und holten meinen Zimmergenossen ab. Ich kapierte nicht recht, ob er jetzt operiert wurde oder in eine andere Einrichtung verlegt wurde, fest steht: Ich habe ihn nie wieder gesehen. Das andere Bett blieb danach leer. In den darauffolgenden Tagen drehte ich öfter mal den Kopf in seine Richtung und fragte mich, ob da wirklich am Anfang ein Mann gelegen hatte. Irgendwie kam es mir so vor, als hätte ich ihn mir nur eingebildet.
    Etwas später (ich weiß nicht mehr genau, wann) kam meine Frau. Das heißt meine zukünftige Ex-Frau. Also Élise.
    «Ich hab mich sofort auf den Weg gemacht.»
    «Das ist nett von dir.»
    «Wie fühlst du dich?»
    «Ganz gut … ich habe halt immer noch Rückenprobleme … ich hatte einen etwas heftigeren Schmerzkrampf … und bin in Ohnmacht gefallen … aber es ist nichts wirklich Bösartiges.»
    «Aber warum hast du die ganze Zeit nicht gesagt, dass du immer noch diese Schmerzen hast?»
    «Ich dachte, es wird besser.»
    «Ach, du dachtest, du denkst immer … und sagst nichts. Und dann kommt so was dabei raus. Du bist echt zum Kotzen.»
    «Aber mir geht’s wirklich schon viel besser …»
    Élise setzte sich auf den Bettrand. Ich konnte mir vorstellen, dass sie sich Sorgen um mich gemacht hatte. Es war bestimmt lange her, dass sie sich das letzte Mal solche Sorgen um mich gemacht hatte. Einen Augenblick lang dachte ich: Meine Ohnmacht wird uns wieder zusammenführen. Klang einleuchtend. Wenn man hinfällt, braucht man jemanden, der einem hilft, wieder aufzustehen. Mein Zusammenbruch war so etwas wie ein Hilferuf meines Körpers. Der einen auf den Gedanken bringen konnte, dass man sich gut überlegen sollte, was man tut. So wie Élise mir Beistand leistete, musste sie mich doch lieben, dachte ich, aber ich täuschte mich. Ich hatte es mit ihrer Zuneigung und nicht mit ihrer Liebe zu tun. Die Grenze ist manchmal fließend,geradezu hinterhältig fließend, man fragt sich, ob man noch in Frankreich oder schon in der Schweiz ist. Es gibt Leute, die jahrelang in diesem Land der Ungewissheit leben, die keine klaren Verhältnisse schaffen. Ich hatte ja einen Hang zum Fließenden, aber Élise würde immer für klare Verhältnisse sorgen. Ihre Worte fanden immer ihren Platz, während ich im Wörterbuch herumblätterte.
    Als ich ihr erzählte, was im Einzelnen vorgefallen war, fing sie an zu lachen.
    «Wieso lachst du?»
    «Weil es ausgerechnet passiert ist, nachdem du deine Eltern besucht hast. Darauf habe ich ja die ganze Zeit gewartet: Dass du ihnen endlich mal die Meinung sagst.»
    «Echt?»
    «Ich hab immer versucht, dich zu drängen, dass du mal was sagst.»
    «Aber ich glaube, die spinnen einfach. Jedenfalls denke ich jetzt, dass alles daran liegt, dass bei denen ’ne Schraube locker ist.»
    «Bei dir ist aber auch ’ne Schraube locker. Du gehst die Sachen immer anders an als andere.»
    «Ich?»
    «Ja, du. Schau dich doch an, in was für Dimensionen du vordringst, bloß weil du Rückenschmerzen hast.»
    «Aber das Beste kommt noch.»
    «Ach ja?»
    «Nein, nichts. Wenn nur diese Schmerzen aufhören würden …»
    «Du Armer …»
    «Sie wollen mich zur Beobachtung hierbehalten.»
    «Echt?»
    «Ja. Der Arzt macht nicht gerade einen beruhigenden Eindruck. Er schien sich irgendwie nicht sicher zu sein.»
    «Vielleicht kann ich ihm ja ein bisschen unter die Arme greifen. Schließlich hat dich niemand so

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