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Zum Krieger geboren: Mein Leben als Navy Seal (German Edition)

Zum Krieger geboren: Mein Leben als Navy Seal (German Edition)

Titel: Zum Krieger geboren: Mein Leben als Navy Seal (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Chuck Pfarrer
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ganz Umgebung gegen ihn auf. Manchmal stellte er sich dermaßen an, dass man ihn auf eine Mission tatsächlich nicht mehr mitnahm. Immerhin war er ein E-5, ein Electrician’s Mate Second Class, Obermaat, trotzdem hielt ihn das ganze Platoon für einen Feigling. Manchmal rückte seine Boat-Crew ohne ihn aus, um Scharfschützen zu bekämpfen. Nach einer Weile fragte in einem Feuergefecht niemand mehr, wo Stan steckte. Wenn die Squad in den Unterstand zurückkehrte, kickte jemand Sand unter sein Feldbett. Und tatsächlich, da lag er, mit einer kugelsicheren Weste über seiner Brust und einer zweiten über den Beinen.
    Auf diese Weise nahm seine Autorität immer weiter ab, bis seine Männer ihn überhaupt nicht mehr beachteten. Selbst wenn er einen Befehl zu geben versuchte, gaben ihm Dave, Cheese, Rudi und Doug einfach nur zu verstehen, er solle sich verpissen. Stan war zu einer Unperson geworden, und er wusste es. Dies verstärkte seine Isolation noch.
    An einem Oktobermorgen frühstückte Stan mit den Boat-Crews auf den Bänken hinter dem Rancho Deluxe. Es gab Cornflakes und H-Milch. Plötzlich erzählte er Rudi und Dave, er habe in der letzten Nacht einen Traum gehabt. Darin sei die ganze Squad von Scharfschützen zerschlagen worden. Nur er allein sei unverletzt geblieben. In seinem Traum sei er unter Feuer vorgerückt, habe ganz allein den Scharfschützen ausgeschaltet und dessen Waffe erbeutet. Während er dies erzählte, sah ich, wie Rudi und Dave kurze, vielsagende Blicke wechselten. Oh mein Gott, hör endlich auf, mir auf die Schuhe zu pinkeln und mir zu erzählen, dass es regnet.
    Als er seine Geschichte beendet hatte, sagte niemand ein Wort. Man hörte nur das Geräusch der Plastiklöffel, mit denen die Männer sich die Cornflakes in den Mund schaufelten.
    In der Nacht davor hatte es heftige Kämpfe gegeben. Sowohl die Drusen als auch die LAF hatten doppelte Überstunden gemacht. Obwohl dabei unser Stützpunkt nur von der gewöhnlichen Scheiße getroffen worden war, hatte Stan sich im Unterstand verkrochen, während alle anderen zur rechten Flanke von Green Beach vorgerückt waren, um die Stellung der feindlichen Artilleristen ausfindig zu machen.
    Niemand in unserem Zug glaubte, dass Stan wirklich einen solchen Traum gehabt haben könnte. Feiglinge träumten nicht von Heldentaten. Sie träumten davon, am Leben zu bleiben. Angst war das Blut in ihren Adern, und schwache Herzen waren selten voller Mut. Sein Traum war eine Lüge. Für die Mitglieder seiner Squad, die an diesem stürmischen Morgen ihre Cornflakes löffelten, war es jedoch nur eine der vielen Lügen, die man ihnen seit ihrer Ankunft in Beirut erzählt hatte.
    Die Franzosen hatten begonnen, das Schuf-Gebirge aus der Luft anzugreifen. Seitdem donnerten jeden Tag Flugzeuge von der USS Dwight D. Eisenhower , Tomcats und A-6 Intruders auf Aufklärungsmissionen über unsere Köpfe hinweg. Das Ganze war jedoch kaum mehr als eine Flugshow. Trotzdem wurde aufgrund des gestiegenen Flugverkehrs beschlossen, dass ab jetzt abwechselnd je eine SEAL-Boat-Crew auf der Iwo Jima als Combat Search and Rescue (CSAR)-Team stationiert werden würde. Frank übernahm die erste Schicht. Boat-Crew Alpha ging mit ihren Fallschirmen und ihrer Ausrüstung samt Munition an Bord des Hubschrauberträgers, bezog dort Quartier und bereitete zusammen mit dem Stab der CTF-61 die nötigen Einsatzpläne vor, für den Fall, dass wir die Besatzung eines abgeschossenen Flugzeugs, notfalls auch unter Feindbeschuss, bergen mussten. Jeden Tag stand rund um die Uhr ein Langstrecken-CH-53E-Hubschrauber in Bereitschaft, der im Bedarfsfall das CSAR-Team an seinen Einsatzort bringen würde. An Bord der Iwo Jima fühlten wir uns in dieser Zeit wie Feuerwehrleute. Das Bereitschaftsteam konnte lange schlafen, brachte seine Ausrüstung in Ordnung und wartete auf einen Einsatz, der hoffentlich nie nötig werden würde. Nach den Monaten im Unterstand waren saubere Betttücher, heißes Wasser und das gute Essen auf der Iwo Jima ein wahrer Hochgenuss.
    Wir begannen, unseren CSAR-Einsatz als eine Art Diensturlaub zu betrachten. Das Rufzeichen der Iwo Jima war Crosswalk (Fußgängerübergang). Seit wir unsere CSAR-Mission auf ihr verrichten »mussten«, nannten wir sie »Cakewalk« (Zuckerschlecken). In der Woche darauf führte Doc die Boat-Crew Bravo an Bord. Wir waren als Nächste dran. Ich nahm mir vor, dass ich dort der Philosophie der Epikuräer folgen und sieben überbackene Käse-Sandwiches

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