Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Zum Krieger geboren: Mein Leben als Navy Seal (German Edition)

Zum Krieger geboren: Mein Leben als Navy Seal (German Edition)

Titel: Zum Krieger geboren: Mein Leben als Navy Seal (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Chuck Pfarrer
Vom Netzwerk:
verputzen würde. Am Tag vor Missionsbeginn bat mich Stan um ein kurzes Gespräch. Er fragte mich, ob er nicht auf Dauer als CSAR Petty Officer an Bord der Iwo Jima gehen könne.
    »Was meinst du mit ›auf Dauer‹?«, fragte ich zurück.
    »Ich möchte weg vom Land«, sagte er. »Am besten bis zum Ende unseres Einsatzes.«
    »Jeder will vom Green Beach weg, Stan.« Ich wandte mich zum Gehen, aber er folgte mir.
    »Ich habe in Luftlandetruppen gedient«, redete er weiter auf mich ein. »Ich bin der am besten Qualifizierte, wenn es um die Überprüfung und Wartung der Fallschirme geht.« Stan tat sein Bestes, um begeistert zu klingen. »Ich könnte den Job als ständiger CSAR-Team-Führer übernehmen.«
    »Steve hat mehr Erfahrung mit Luftlandeoperationen«, sagte ich. »Ich möchte, dass du bei deiner Boat-Crew bleibst.«
    »Warum?«, fragte er.
    Ich war es nicht gewohnt, dass Leute meine Befehle mit einer Gegenfrage beantworteten. Stan war jetzt nicht mehr nur lästig, er wirkte zusehends erbärmlich. Ich beschloss, ihm eine ganz klare Antwort zu geben.
    »Ich glaube nicht, dass ich dir die Führung einer solchen Mission noch anvertrauen kann.«
    »Aber ich könnte das machen.«
    »Dann fang an, dich entsprechend zu benehmen«, sagte ich.
    Das war es dann für ein paar Wochen. Die Scheiße in und um Beirut ging immer so weiter. An einem Nachmittag unterstützten wir die medizinische Evakuierung eines schwer verwundeten Marines durch einen Hubschrauber. Wir sicherten den Hubschrauberlandeplatz, eine Aufgabe, die nicht zuletzt deshalb ziemlich heikel war, weil wir dabei heftigem Feindbeschuss ausgesetzt waren. Heikel und absurd, denn wir erhielten tatsächlich nicht einmal die Erlaubnis, mit scharfer Munition zurückzuschießen.
    Wir verschossen also nur Platzpatronen. Wenigstens schwebte ein Stück neben uns ein Cobra-Kampfhubschrauber, während der Huey landete. In diesem Augenblick kamen zwei Marines mit einer Trage aus dem BLT. Ein Navy-Sanitäter im Kampfanzug rannte geduckt neben ihnen her. Wir liefen zum Hubschrauber hinüber, als der Verwundete an Bord gehievt wurde. Die Marines spurteten über den mit Einschlagkratern übersäten Parkplatz zurück zum BLT, während meine Boat-Crew Delta durch die Schiebetüren in den Huey sprang. Ich ging als Letzter an Bord. Danach gab ich dem Crew Chief ein Zeichen, die Turbinen heulten auf und wir hoben ab.
    In der Kabine kniete sich der Sanitäter neben die blutige Trage und drehte das Gesicht des Verwundeten zu sich her, um dessen Verfassung besser beobachten zu können. Ich richtete meine Augen auf Stan. Er war totenbleich und zitterte am ganzen Leib, während er seinen Blick nicht mehr von dem Blut lösen konnte, das über das Hubschrauberdeck strömte.
    Stan packte sein Gewehr mit beiden Händen und schloss die Augen. Als sich der Helikopter zur Seite legte, schaute ich durch die Türen zum Strand hinunter. Zuerst sah ich die letzten Einschlagblitze auf dem Ufer, dann die weiße Brandung und danach das Wasser des Meeres, das zuerst grün war und weiter draußen kobaltblau wurde. Im Fahrtwind, der jetzt durch die Kabine wirbelte, bildeten sich um die Trage herum regelrechte Blutlachen. Es war eine erstaunliche Menge Flüssigkeit. Als ich auf die Hand des Verwundeten schaute, sah ich, dass er einen goldenen Ehering trug.
    Der MEDEVAC-Huey landete an Bord der Iwo Jima und brachte uns danach zur Portland , wo ich Giff treffen sollte. Unsere Uniformen waren mit Blut besudelt. Ich ließ also die Männer wegtreten, um zu duschen, einen frischen Kampfanzug anzuziehen und etwas Warmes zu essen. Auch ich ging in meine Kabine, warf die blutbefleckte Uniform in die Wäsche, nahm eine Dusche und zog mich um. Plötzlich klopfte es an die Tür.
    »Herein«, rief ich.
    Es war Stan. Er hatte immer noch den Tarnanzug an, den er im MEDEVAC-Hubschrauber getragen hatte.
    »Ich muss mit dir sprechen«, sagte er. Seine Stimme zitterte. Die Knie seiner Hose waren immer noch schwarz von Blut.
    »Du musst dich umziehen! Besorge dir was zu essen und komm dann wieder her.« Ich wollte ihn nicht abwimmeln. Ich wusste, dass saubere Kleidung und eine Mahlzeit ihm guttun würden.
    Stan stand jedoch einfach nur da und zitterte wie Espenlaub. »Nein. Ich muss unbedingt mit dir sprechen. Ich glaube, ich packe das alles nicht mehr«, sagte er in erstaunlich ruhigem Ton.
    Ich nickte zu einem Stuhl hinüber, und er ließ sich auf ihn fallen. Plötzlich sah er in den Falten seines Tarnanzugs richtiggehend

Weitere Kostenlose Bücher