Zum Krieger geboren: Mein Leben als Navy Seal (German Edition)
und verstümmelten Empfindungen überhaupt nichts mehr zu tun hatten.
Meine Empfindungen waren nur noch schwache Schatten. Ich fühlte etwas, aber es berührte mich nicht mehr. Ich erlebte mein Leben wie aus weiter Ferne. Die Wut, die ich einst verspürt hatte, war mir jetzt fremd geworden. Selbst die Kameradschaftlichkeit, die diese Heimsuchung früher erträglicher gemacht hatte, begann mir gleichgültig zu werden. Wenn der Wind von den Startbahnen herüberwehte und den Gestank des BLT bis in unsere Stellungen trug, ließ mich dieser faulig-süßliche Geruch nur denken: Wenigstens lebe ich noch.
Wenn ich jedoch nachts in der absolut schwarzen Stille unseres Unterstands aufwachte, konnte ich manchmal nicht mehr erkennen, ob ich lebte oder nicht doch vielleicht tot war.
Wir legten uns immer wieder nachts außerhalb unseres Stützpunkts auf die Lauer und warteten darauf, dass uns irgendwelche Milizsoldaten in die Falle gehen würden. Aber niemand kam. Die Wallys schienen zu wissen, dass sich die Einsatzregeln geändert hatten. Am Sicherheitszaun um den Flughafen zielte jeder Marine, der nur konnte, auf die Straßen von Hooterville. Waffentragende Männer wurden durch einzelne 5,56-mm-Kugeln oder von den Scharfschützen des STA-Platoons durch tödliche Geschosse des Kalibers .30-06 ausgeschaltet.
Was den Rest unseres Beirut-Einsatzes angeht, kann ich mich nur noch an ganz wenig erinnern. Die Invasion Grenadas war jetzt vollendet, und unsere vom frisch errungenen Sieg beflügelte Ablösungstruppe war auf dem Weg ans Mittelmeer. Ich konnte es kaum glauben, dass wir schon bald heimkehren würden.
Bis dahin führten wir weiterhin Patrouillen durch. Unser Überleben hing davon ab, dass wir dort auftauchten, wo man uns nicht erwartete. An einem Novembermorgen wollten wir ein Auto überprüfen, das auf einer Mole südlich von Green Beach parkte. Wir wussten, dass dieser Hafendamm bei Artillerieangriffen oft als Richtpunkt benutzt wurde.
Wir fuhren ein Stück nach Süden an dem geparkten Auto vorbei und drehten dann blitzschnell um. Dave riss das Lenkrad herum und der Jeep verließ ganz plötzlich die Küstenstraße, rumpelte die schmale Böschung am Fuß der Mole hinauf und stellte sich dann quer, um den engen, unbefestigten Weg abzusperren, der zum Hafendamm führte. Rudi schwang sein M-60 über die Motorhaube des Jeeps, während wir uns dem Besitzer des Wagens näherten, der seit Sonnenaufgang seine Angelrute ins Meer hielt. Als er uns kommen sah, ging er schnell zu seinem Auto hinüber. Bubba hielt ihn auf, während Cheese und Doug sein Fahrzeug durchsuchten.
»Sprechen Sie Englisch?«, fragte ich ihn.
Der Angler zuckte die Achseln. » Little «, sagte er. Meine umgehängte Waffe hielt ich mit wohlkalkulierter Gleichgültigkeit auf die Brust meines Gegenübers gerichtet. Das Lächeln des Mannes gefror allmählich. » Parlez-vous français? «, fragte ich ihn. Während ich dies sagte, lag mein Daumen am Sicherungshebel meines Gewehrs, während mein Zeigefinger im Abzugsbügel steckte. Der Angler senkte die Augen und starrte auf meine Hand.
Dann sagte er: » Je parle un peu français. Et un peu anglais. «
Ich nickte, und Dave trat herbei, um Fischkorb und Angelkasten des Mannes zu durchsuchen.
» C’est votre voiture? «, fragte ich. Ist das Ihr Auto?
Der Angler schüttelte den Kopf und lächelte. Er wollte nicht antworten oder er verstand mich nicht. Ich wechselte das Thema.
» Où allez-vous, monsieur? «, fragte ich.
Der Angler zuckte mit den Schultern. » Où? «
»Wohin gehen Sie?«
» Maintenant? «
»Ja, du Arschloch, jetzt. Oui, maintenant. « Für einen Augenblick schaute ich dem Angler nicht mehr direkt in die Augen, als Dave seine Suche beendet hatte.
»Er hat ein Fernglas dabei«, meldete Dave.
Es brauchte schon etwas mehr, damit ich ihn erschießen konnte.
»Sie schienen in Eile zu sein, als Sie uns kommen sahen«, fuhr ich fort.
» Je dois faire des emplettes allant maintenant «, antwortete der Angler.
Sein Französisch hatte einen dermaßen starken arabischen Akzent, dass ich ihn kaum verstand. Wir hatten ein ernstes Kommunikationsproblem.
»Was hat er gesagt?«, fragte Rudi.
»Dass er einkaufen gehen will, glaube ich.«
»Der beobachtet doch den verdammten Strand«, zischte Doug.
Das tat er wahrscheinlich auch. Als er unsere stetig wachsende Wut spürte, trat er unruhig von einem Fuß auf den anderen.
»Sieh nach, ob er ein Funkgerät oder eine topografische Karte im Auto liegen
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