Zum Krieger geboren: Mein Leben als Navy Seal (German Edition)
ich.
»Wo ist dann Ihr Springerabzeichen?«
Ich hatte die verachteten Bleiflügel nicht angesteckt. Meine Uniform war nur mit den Auszeichnungen geschmückt, auf die ich stolz war, nämlich den Schützenschnüren für Gewehr und Pistole.
»Ich wollte warten, bis ich mir das goldene Navy-Abzeichen verdient habe«, erklärte ich.
»Bis dahin tragen Sie Ihre Bleiflügel.«
»Aye, aye, Sir.«
»Was würden Sie hier in unserer Einheit am liebsten tun, Mr Pfarrer?«
»Ich würde am liebsten einem Kampfzug beitreten, Sir.«
»Das würde ich auch«, meinte der XO, »das würde ich auch.«
Stattdessen wurde ich dem Operations Department zugewiesen, wo ich gelegentlich auch Arbeiten für Jon Wallace erledigte, deren Wichtigkeit normalerweise jedoch so gering war, dass mich die anderen Junior Officers der Einheit den »Papierkorb des XO« nannten. Ich begann also meine SEAL-Karriere als Unterster der Unteren, als Spucknapf des Hauptquartiers. Meine Enttäuschung verstärkte sich an diesem ersten Morgen noch, als das Team zum Dienst antrat. Die Morgenuniform der anderen bestand aus coolen blauen Trainingsanzügen, auf denen die Operator-Nummern ihrer Träger und die Aufschrift »ST-4« standen. Ich war die einzige Person in der ganzen Formation, die eine Uniform, und zwar eine blaue Ausgehuniform trug. Nach seiner Inspektion der einzelnen Züge stellte mich der XO als frischgebackenen Ensign, Leutnant zur See, vor, der gerade erst seine BUD/S-Ausbildung absolviert habe. Er setzte ein schiefes Lächeln auf und drückte seine Hoffnung aus, dass mich das Team auf geeignete Weise begrüßen würde. Das taten sie dann auch.
15 ausgesprochen athletische Männer packten mich und trugen mich zum sogenannten Tauchbecken hinüber, der unteren Hälfte des Verpackungskanisters eines Düsentriebwerks, das man jetzt mit Wasser gefüllt hatte und dazu benutzte, Tauchausrüstungen nach Lecks abzusuchen. Ich wehrte mich heftig, aber einer der Männer streckte seine Hand aus und packte mich ohne Federlesen am Hodensack. Als er die Hand dann kräftig drehte, gab ich pronto, pronto jeden Widerstand auf. Ich hatte gerade meine erste SEAL-Team-Lektion in Geiselbehandlung erhalten. Sie warfen mich in den Kanister, wobei ich eine Eisschicht von einem halben Zentimeter Dicke durchbrach, bevor ich erst einmal voll unter Wasser geriet. Während des Kampfes hatte ich meine Uniformmütze verloren. Als ich jetzt prustend wiederauftauchte, warf der gewaltigste Koloss, den ich je in meinem Leben gesehen hatte, meine Kopfbedeckung neben mich in den Wassertank. Er war 1,95 Meter groß und bestimmt 120 Kilogramm schwer, hatte aber kein Gramm Fett an sich, sondern bestand nur aus Knochen und Muskeln. »Baby Zee« war der Leading Petty Officer, der Leitende Unteroffizier der Ausbildungsabteilung. Er sah aus wie eine Kreuzung von Conan dem Barbar und dem Kiemenmenschen aus dem Film Der Schrecken vom Amazonas .
»Willkommen an Bord, Sir«, sagte er.
Patschnass ging ich zur Kleiderkammer hinüber, um dort meine Uniformen und meine gesamte Ausrüstung abzuholen. Der Chief Petty Officer hinter dem Tresen schaute mich kaum an, als ich den Erhalt der Sachen durch meine Unterschrift bestätigte. Dazu gehörten meine Tauchausrüstung, eine Einsatzweste, Munitionstaschen, Rucksäcke, Neoprenanzüge, Masken, Schwimmflossen und all die anderen netten Dinge, die mich schließlich zu einem »Froschmann« machen würden. Obwohl ich noch keinem Platoon, keinem Kampfzug, zugeteilt worden war, bekam ich auch einen Trainingsanzug mit meiner Operator-Nummer 156 ausgehändigt. Mit dieser Nummer 156 kennzeichnete ich jetzt anstatt meines Namens meine gesamte Ausrüstung und meinen Spind. Ich verspürte ein seltsames schlichtes Vergnügen, endlich eine eigene Nummer zu haben.
Nachdem ich meine Ausrüstung in meinem Spind verstaute, traf ich auf Rick James, einen Klassenkameraden aus dem Lehrgang 114. Rick hatte die verschiedenen Ausbildungsgänge, die ich nach dem BUD/S-Abschluss durchlaufen musste, nicht absolvieren müssen und war direkt dem Team zugeteilt worden. Da er zuvor als Fallschirmjäger gedient hatte, war ihm auch die Schmach erspart geblieben, noch einmal eine Springerschule besuchen zu müssen. Plötzlich kam noch Frank »Giff« Giffland hinzu. Er war der Klassenführer von 113 gewesen, der BUD/S-Klasse, die unmittelbar vor uns den Lehrgang beendet hatte. In den Offiziersquartieren der Flottenbasis von Coronado war Frank mein Nachbar gewesen und wir hatten uns
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