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Zum Krieger geboren: Mein Leben als Navy Seal (German Edition)

Zum Krieger geboren: Mein Leben als Navy Seal (German Edition)

Titel: Zum Krieger geboren: Mein Leben als Navy Seal (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Chuck Pfarrer
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schwer einnehmbare Festungen, die ihre eigentliche Machtbasis bildeten. Diese Stützpunkte stellten das Rückgrat der jeweiligen Kriegspartei dar. Die Grundlage ihrer Verteidigung waren entweder Geländehindernisse wie etwa tiefe Schluchten in den Bergen oder nüchterne Berechnungen der Angriffs- und Abwehrchancen in städtischem Gelände. Man gelangte zu der Erkenntnis, dass der Einsatz von Bodentruppen unter diesen Umständen nicht sinnvoll war. Ohne Infanterieverbände, die Gelände erobern und kontrollieren konnten, blieben die Kampfparteien jedoch völlig unbeweglich und gruben sich ein. Keiner wollte als Erster die Opfer in Kauf nehmen, die ein Angriff unweigerlich gefordert hätte.
    Diese Pattsituation führte zu einer einzigartigen Form der Kriegsführung, einer Art Mega-Heckenschützentum, bei dem mobile Waffen mit hoher Reichweite die entscheidende Rolle spielten. Aus den Tiefen des Heimatstützpunkts wurden Raketen, Artilleriegeschosse und Mörsergranaten auf Truppenkonzentrationen oder Flächenziele abgefeuert. Wenn einmal keine legitimen militärischen Ziele vorhanden waren, nahmen die Schützen eben die »feindlichen« zivilen Zentren eines Gegners unter Beschuss. Dabei wurden Wohnviertel, Schulen und Märkte getroffen, was natürlich entsprechende Vergeltungsaktionen erforderlich machte. Weitere Viertel gerieten ins Visier. Das Ganze führte zu einer ständigen Eskalation, wobei jeder Beschuss schlimmer war als der vorherige. Jetzt wurden auch Moscheen, Kirchen und Krankenhäuser zu Zielen, was weitere Racheakte und noch mehr zivile Opfer zur Folge hatte. Nur ab und zu wurde dieser Kreislauf des Schreckens durch Waffenruhen unterbrochen, die jedoch nie sehr lange dauerten. Oft hielten sie nicht einmal eine volle Stunde.
    In den Zeitungen wurde dieser alltägliche Schusswechsel als »Artillerieduell« bezeichnet. Dies war jedoch eine unbedachte und unpassende Metapher, die das Bild zweier nobler Gegner heraufbeschwor, die auf die Waffen ihres Gegenübers zielten. Dabei gab es in dieser Geschichte weder die »Guten« noch die »Bösen«, sondern nur völlig gestörte Milizionäre, die Frauen und Kinder, die sich angstvoll in den Kellern ihrer Häuser zusammendrängten, mit schweren Waffen beschossen.
    Am Beginn unseres Aufenthalts hatten wir jede Menge Gelegenheit, die Auswirkungen von Artillerie auf die Architektur einer Stadt zu beobachten. In dieser Hinsicht waren die Fuß- und Jeeppatrouillen in der Umgebung des Flughafens besonders aufschlussreich. Östlich und nördlich der Startbahnen erstreckte sich ein Viertel, das die Marines »Hooterville« nannten. Sie bezogen sich dabei auf die Ansammlung von baufälligen, maroden Gebäuden im Cartoon gleichen Namens. Das Beiruter Hooterville war ein wahres Labyrinth von unbefestigten, staubigen Straßen und eingestürzten Betonziegelhäusern und wahrscheinlich das meistbeschossene Stadtviertel des gesamten Planeten.
    In der Zeit vor dem Abzug der Israelis führten die Marines täglich vom Flughafen aus Erkundungsoperationen nach Norden, Osten und in seltenen Fällen auch nach Süden durch. SEAL Squads begleiteten sie gelegentlich auf diesen Tageslicht-Patrouillen, um den Verlauf der Straßen und die vorgeschobenen Marine-Stellungen kennenzulernen und sich mit dem Gebiet insgesamt vertraut zu machen.
    Die anderen Einheiten innerhalb der multinationalen Truppe führten ebenfalls Patrouillen durch. Nördlich des Flughafens patrouillierten in Westbeirut die französischen Elitesoldaten, die ganz und gar nicht zimperlich vorgingen. Östlich der Landebahn war in den Vorbergen des Schuf eine britische Aufklärungskompanie stationiert. Die Briten waren kampferfahrene Soldaten, die gerade von einem Einsatz in Nordirland kamen und bei ihren täglichen Razzien britische Panzerspähwagen vom Typ Ferret benutzten. Unmittelbar nördlich des Flughafens war ein wildes Niemandsland, welches das italienische San-Marco-Bataillon weitgehend sich selbst überließ. Die Italiener verließen nur selten, wenn überhaupt, ihren ummauerten Stützpunkt. Der italienische Sektor war allgemein als Khomeiniville bekannt. Ihn im Rahmen einer Patrouille zu durchqueren oder auch nur zu überfliegen, wurde im Laufe des Sommers zu einem immer größeren Abenteuer.
    Seit dem Bombenanschlag auf die US-Botschaft im April waren die amerikanischen und britischen diplomatischen Vertretungen gemeinsam in einer gut bewachten und stark befestigten Anlage in Westbeirut entlang der Corniche

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