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Zum Krieger geboren: Mein Leben als Navy Seal (German Edition)

Zum Krieger geboren: Mein Leben als Navy Seal (German Edition)

Titel: Zum Krieger geboren: Mein Leben als Navy Seal (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Chuck Pfarrer
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Straßen, sie spielten auf diesen Straßen und sahen alles. Auf einer Tageslichtpatrouille oder einer Jeepfahrt durch diese Viertel musste man die Kinder beobachten.
    Wo es keine Kinder gab, wurde es immer gefährlich.
    So abrupt die Gebäude sich um uns herum geschlossen hatten, so abrupt gingen die Sträßchen plötzlich in Feldwege über, die durch heiße, grüne Felder nach Süden zum Flughafen führten. Als wir auf der Straße zurückmarschierten, fuhr ein endloser Strom von Lastwagen, Autos und Bussen an uns vorbei, der weggeworfene Plastiktüten und lange Staubfahnen hinter sich herzog. Die kargen Gemüsefelder erstreckten sich nach Osten bis zu den Vorbergen. Die erschöpften Patrouillen wankten jetzt in einer langen Reihe die holprige Straße entlang, während die SEALs ein Stück hinter ihnen gingen, ihren Rückzug sicherten und ständig die Hausdächer im Auge behielten. Schließlich erreichte die Patrouille den Stacheldrahtzaun und rückte erleichtert in das Flughafengelände ein.
    Am Ende eines solchen dreistündigen Marschs zitterte ich oft vor Erschöpfung und Adrenalin.
    Auf diese Weise lernten wir im April und Mai die Stadt kennen. Zu unseren ständigen Aufgaben gehörten Fußpatrouillen durch Hooterville und Fahrzeugpatrouillen nach Khomeiniville und Westbeirut. Wir schlossen uns manchmal Jeeppatrouillen der Marines an, operierten jedoch meist selbstständig. Entweder fuhren wir zu den Botschaften hinaus oder nahmen Verbindung zu den französischen Elitesoldaten auf, die in Westbeirut stationiert waren. Unsere Spritztouren führten wir dabei stets in Höchstgeschwindigkeit durch. Unsere mit acht Mann besetzten Jeeps rasten die Boulevards hinunter und überholten den stehenden Verkehr auf dem Mittelstreifen. Neben dem Fahrer stand ein Schütze aufrecht im Fahrzeug und schwang an Kreuzungen seine Waffe über der Windschutzscheibe hin und her, um den entgegenkommenden Verkehr zu stoppen. Weder rote Ampeln, Staus noch die Verkehrspolizisten in ihren Khaki-Uniformen konnten uns aufhalten. Wir fuhren einfach immer weiter. Automatische Waffen verschafften einem in dieser Stadt immer die Vorfahrt, und wir nutzten das weidlich aus. Wir zielten mit unseren Gewehren auf die Fenster der links und rechts von uns haltenden Autos und setzten dabei ein entschlossenes »Mach Platz«-Gesicht auf.
    Ich saß auf dem Rücksitz des Jeeps und versuchte, jederzeit alles im Auge zu behalten, Fahrzeuge und Straßenecken, Dächer und Fenster und die Millionen von Balkonen. Der Fahrtwind auf unserer Haut war der Himmel. Er war kühl und er bedeutete, dass man sich bewegte. Diese Bewegung vermittelte einem wenigstens eine gewisse Illusion von Sicherheit. Man hoffte, dass einen die Scharfschützen nicht erwischen würden, wenn man sich nur schnell genug bewegte. Tief in unserem Herzen wussten wir es jedoch besser. Jeder von uns hätte den Fahrer eines Autos abschießen können, das 100 Meter von uns entfernt fuhr.
    Da wir wussten, was möglich war, beobachteten wir aufmerksam die Dächer.
    Auf unserer ersten Fahrt zur Botschaft jagte Bubba unseren Jeep durch den Dritte-Welt-Verkehr, als ob es außer uns keine anderen Fahrzeuge geben würde. Autos kamen mit quietschenden Bremsen so nahe an uns zum Stehen, dass zwischen ihrer und unserer Stoßstange kein Blatt Papier gepasst hätte. Ihre Fahrer hielten uns zwei Finger entgegen. Ich vermute mal, dass diese arabische Geste nicht gerade »Friede sei mit euch« bedeutete. Die ganze Zeit über hatte Bubba dabei sein verrücktes Hillbilly-Fahrer-Lächeln aufgesetzt, während er das Gaspedal bis zum Bodenblech durchtrat.
    Auf diesen Jeeppatrouillen raste das Leben in dieser Stadt wie im Zeitraffer an uns vorbei: Armut, Reichtum, Menschen, Gemüsemärkte, Ruinen, Werbetafeln und grasende Ziegen. Aus engen Straßen bogen wir in superbreite Boulevards ein, und ein vollkommen intaktes Viertel voller eleganter Belle-Époque-Bauten wurde nach ein paar Hundert Metern von trümmerübersäten Straßenschluchten abgelöst. Von Casablanca nach Armageddon in einem einzigen Straßenblock.
    Einige Teile der Stadt waren völlig zerstört. Dort waren die Fahrbahnen voller Zementstaub, der so fein war wie Talkumpuder. Die Straßen durch diese Ruinenviertel waren glatt und so weiß, dass sie bei hochstehender Sonne die Augen blendeten. Auf beiden Straßenseiten lagen manchmal zwei bis drei Stockwerke hohe Hügel aus Beton und Armierungsstahl, die früher Gebäude gewesen sein mussten. Durch die ehemaligen

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