Zum Küssen schön
ich häufig bei gesellschaftlichen Anlässen erscheinen muss, dachte ich, es ist einfacher, mich ans simple Schwarz zu halten. Auf diese Weise kann ich, wenn ich es eilig habe, mein Ensemble zusammenstellen, ohne Angst zu haben, dass ich mich lächerlich mache.”
“Du trägst Schwarz, weil du keinen Farbsinn hast? Nicht weil es dramatisch ist und dein blondes Haar und deine grünen Augen unterstreicht?”
Ein provozierendes Lächeln spielte nun um ihre Mundwinkel, und sie sah ihn unter halb gesenkten Lidern an. “Na, so etwas, Daniel. Dir sind meine Augen aufgefallen? Und mein Haar? War das etwa noch ein Kompliment?”
Er biss die Zähne zusammen. Sie grinste ihn herausfordernd an, und er fand es sicherer, das Thema zu wechseln. “Ich fahre eben mal los und hole dir deine Tabletten, während du zu Bett gehst. Und zieh bitte keinen Pyjama an.”
“Ich soll nackt schlafen?”
Er hätte sie am liebsten dafür erwürgt, dass sie dieses quälend erotische Bild vor seinem inneren Auge heraufbeschwor. “Zieh ein Nachthemd an. Aber keine Unterwäsche.”
“Ich schlafe nie in Unterwäsche.”
Der gurrende Klang ihrer Stimme sandte ihm ein heißes Prickeln über die Haut, und nur mit einiger Anstrengung hielt er seinen Blick auf ihr Gesicht gerichtet. “Brauchst du Hilfe beim Umziehen, Lacy?”
“Ich schaff es schon allein. Aber nimm den Ersatzschlüssel von der Wand in der Küche, damit du wieder hereinkommen kannst. Ich mache es mir inzwischen im Bett bequem – und warte auf dich.”
Zum Teufel mit ihr, sie amüsierte sich anscheinend köstlich. Im Grunde hätte er sie einfach allein lassen sollen. Sie verdiente ein wenig Unbehagen. Irgendwann würde ihr schon jemand die Tabletten bringen, und sie könnte sich einen Spaß daraus machen, einen anderen armen Kerl als ihn zu quälen.
Aber er konnte es nicht tun. Lacy brauchte ihn, dieses dickköpfige, aufregende kleine Ding, und er redete sich ein, dass seine Entscheidung nichts mit seiner Lust auf sie zu tun hatte. Es war nur so, dass er sich schon immer um andere gekümmert hatte. Es war ihm zur Gewohnheit geworden von dem Tag an, als seine Mutter starb und sein Vater weder seinen eigenen Kummer überwinden noch seinen Kindern bei ihrem helfen konnte. Aber jemand hatte seine kleine Schwester umarmen müssen, wenn sie nachts weinend aufwachte. Und seinen Bruder Max aufmuntern müssen, als er verschlossen und mürrisch wurde.
Annie und Max hatten ihn damals gebraucht. Sie brauchten ihn immer noch. Sie suchten seinen Rat, fast als ob er ihr Vater wäre. Er wusste, dass sie Lacy sehr gern mochten, und so war es seine Pflicht, dafür zu sorgen, dass Lacy es so behaglich wie möglich hatte.
Die Rechtfertigung klang selbst in seinen Ohren ziemlich an den Haaren herbeigezogen, aber er hatte nicht vor, seine eigentlichen Motive zu ergründen. Das konnte ihm nichts Gutes einbringen.
Nach einem letzten Blick auf Lacys Schlafzimmer eilte Daniel, von den widersprüchlichsten Gefühlen geplagt, hinaus.
“Ich habe extra ein altes schwarzes T-Shirt herausgekramt, um dich nicht schon wieder zu enttäuschen.”
Lacy wartete auf eine Antwort, aber Daniel nickte nur. Er war abwesend und fast argwöhnisch, seit er vor einigen Minuten zurückgekehrt war. Seine Wangen waren gerötet von der Kälte, und sein dunkles Haar war zerzaust vom Wind. Er nahm die Brille ab und putzte mit dem Ärmel die Schneeflocken ab. Lacy mochte seine hellbraunen Augen mit den dichten Wimpern. Sie konnten so intensiv schauen, so ernst. Er setzte die Brille wieder auf die Nase und ging in die Küche, um ein Glas Wasser zu holen.
Lacy hatte die Bettdecke bis zum Hals hochgezogen. Sie lag auf dem Rücken mit einem Kissen unter der Verletzung. Daniels Gegenwart machte sie verlegen und unsicher. Doch als er sich nun herabbeugte und ihr die Tablette und das Wasser reichte, sah er sie so starr an, dass es sie ärgerte. Er benahm sich immer so, als ob er erwartete, sie könnte ihn jeden Augenblick sexuell anmachen – und als ob er das entsetzlich finden würde, dieser Widerling!
Obwohl sie Schmerzen litt, brachte sie ein kleines, verführerisches Lächeln zustande. Langsam ließ sie die Fingerspitzen über seine Handfläche streichen, als sie die Pille entgegennahm, und statt ihm das Glas Wasser abzunehmen, umfasste sie sein Handgelenk, sodass er gezwungen war, ihr das Glas an die Lippen zu halten.
Sein Blick blieb an ihrem Mund hängen, seine Nasenflügel bebten leicht. Elender Heuchler! Er mochte
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