Zum Küssen schön
ja ihren angeblichen Mangel an Moral verachten, aber trotz allem ging seine Fantasie offensichtlich mit ihm durch. Es waren Männer wie er, die ihre Arbeit als Beraterin in Partnerschaftsfragen so nötig machten. Ihre antiquierten Ansichten über das, was für eine Frau richtig war, brachten sie auf die Palme. Mindestens die Hälfte aller Anrufe in ihrer Radiosendung bezeugten die Doppelmoral der Männer, die den Frauen nicht die gleichen sexuellen Freiheiten zustanden, die sie sich selbst herausnahmen.
Sie sah ihm tief in die Augen und lächelte. “Danke, Daniel.”
“Keine Ursache.”
Er klang ziemlich heiser, und sie musste sich zusammenreißen, um nicht zufrieden aufzulachen. “Mir ist vorher nie aufgefallen, was für große Hände du hast.” Sie gab vor, seine Hände zu betrachten – und stellte fest, dass er tatsächlich große Hände hatte. Seine Finger waren lang und kräftig. Es waren die fähigen Hände eines Arztes. Sie erschauerte unwillkürlich.
“Ist dir kalt?” Daniel trat ein wenig von ihr zurück, während er sprach. “Ich kann dir noch eine Decke holen.”
“Nein, nein, nicht nötig, danke. Wird die Tablette mich müde machen?”
“Wahrscheinlich.” Er sah sich noch einmal in ihrem Schlafzimmer um und schüttelte leicht den Kopf.
Seine Missbilligung war nur allzu deutlich. Ihrer Meinung nach gab es zwei Sorten von Männern. Jene, die ihre Fähigkeiten als “Sex-Expertin” ausnutzen wollten, und jene, die sie gerade deswegen verachteten. Ihre Mutter hatte ein ähnliches Problem mit Männern, mit denen, die sie wegen ihres Geldes wollten, und mit denen, die glaubten, Klasse könnte sie sich mit ihrem Geld nicht kaufen. Trotzdem hörte ihre Mutter nicht auf, ihr Glück zu versuchen. Sie, Lacy, hatte nicht die Absicht, den gleichen Fehler zu begehen.
Deshalb provozierte sie Daniels Verachtung geradezu. Sie benutzte sie als Abwehr gegen ihn, und Annie unterstützte sie dabei und ließ es zu, dass ihre Freundin sich in einem falschen Licht zeigte, solange sie nicht gezwungen war, ihren Bruder anzulügen. Aber da Daniel sich nie die Mühe machte nachzufragen, war es ihr ein Leichtes, ihn seinen lächerlichen Vorstellungen zu überlassen. Daniel würde sie, Lacy, nie wirklich akzeptieren und das machte sie ein wenig traurig, weil sie Annie sehr gern hatte. Annie war die beste Freundin, die sie jemals gehabt hatte. Auch Max war sehr nett, wenn man sich erst einmal an seinen völligen Mangel an Umgangsformen gewöhnt hatte. Er liebte es, Menschen ein wenig vor den Kopf zu stoßen, besonders seinen älteren Bruder, was sie in diesem Fall mochte. Darin waren Max und sie sich ähnlich.
Aber Daniel und sie … Er war immer noch dabei, sich mit verwirrtem Ausdruck in ihrem Schlafzimmer umzusehen.
“Weitere Slips habe ich nicht herumliegen lassen, falls du danach suchst.”
Er drehte sich um. “Wie bitte?”
“Wenn du wirklich so neugierig bist, ich bewahre meine Unterwäsche in der dritten Schublade der Kommode auf.” Sie wies vage in die Richtung. “Bedien dich.”
Tiefe Röte überzog sein Gesicht, und er hob verärgert die Brauen. “Du besitzt keine Spur von Anstand, was?”
“Ich?” Sie hatte zwar ihr Ziel erreicht, aber jetzt wurde sie wütend. “Du bist es doch, der hier gafft! Du hast dir gewaltsam Zugang zu meiner Wohnung verschafft, meine Unterwäsche aufgehoben und beäugst hier alles, als ob du Sherlock Holmes wärst, der verräterische Indizien für mein schmutziges Liebesleben sucht.”
Ihr Wutausbruch schien ihn zu erstaunen, aber sie war nicht weniger erstaunt. Gewöhnlich war sie ausgeglichen und erhob fast nie die Stimme. Daniel brachte jedoch immer das Schlimmste in ihr hervor.
Sie seufzte tief auf. “Tut mir leid.”
Daniel schüttelte den Kopf. “Nein, es war mein Fehler. Ich wollte dich nicht in Verlegenheit bringen, und ich hatte ganz bestimmt nicht vor zu gaffen. Ich hätte nur nie erwartet …”
“Ich weiß. Du dachtest, ich mag keine Farben.”
Er zog sich einen Stuhl heran und setzte sich neben ihr Bett. “Deine Wohnung gefällt mir, Lacy. Sie ist sehr hübsch.”
“Und bunt.”
Er lachte. “Das schon, aber auf sehr nette Weise.”
Sie sah ihn überrascht an. Es war das erste Mal, dass er mit ihr zusammen gelacht hatte. “Mir gefällt dein Lachen, Daniel. Du solltest öfter lachen. Annie versichert mir immer, dass du ein fröhlicher Typ bist, aber in meiner Nähe bist du immer so ernst und bedächtig.”
Zuerst schien er sich
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