Zum Lieben verfuehrt
verunsichert an. „Aber ich dachte … sagtest du nicht, dass das Haus im Familienbesitz bleiben muss?“
„Ja, schon, aber nicht zwangsläufig als Familienwohnsitz. Während der Restaurierung habe ich herausgefunden, dass es nur wenige Objekte gibt, an denen ein Restaurateur praktisch lernen kann. Deshalb habe ich beschlossen, die Villa zu Lehr- und Übungszwecken freizugeben. Statt ein totes Museum aus ihr zu machen, will ich sie in einen Workshop verwandeln, wo angehende Restaurateure ganz bestimmte Techniken lernen können.“
„Oh, was für eine wundervolle Idee!“ Lizzie konnte ihre Begeisterung nicht verhehlen.
„Und ich selbst werde mir auf der anderen Seite der Landzunge ein Haus bauen.“
„Dort, wo der Apartmentblock geplant war?“
„Ja. Außerdem soll dort das Schulungszentrum entstehen, mit Klassenräumen für theoretischen Unterricht sowie gut ausgestatteten Übungswerkstätten und einer Wohnmöglichkeit für die Auszubildenden. Das soll alles in dem Waldstück zwischen der Villa und der anderen Seite …“ Er unterbrach sich, als Lizzies Handy summte.
„Entschuldige.“ Lizzie kramte in ihrer Tasche. Als sie die eingegangene SMS mit Foto auf ihrem Display sah, musste sie unwillkürlich lächeln.
„Die Zwillinge … meine Neffen … mit meiner Schwester. Sie sind so stolz auf ihre Schuluniformen. Hier kannst du sie sehen.“ Lizzie hielt ihm das Handy hin.
Ilios schaute anfangs nur widerwillig auf das Display, dann aber konnte er den Blick nicht mehr losreißen. Auf dem Gesicht der jungen Frau, die mit ihren beiden Söhnen im Arm auf dem Boden kniete, lag derselbe liebevoll zärtliche Ausdruck, der sich auch auf Lizzies Gesicht zeigte, wenn sie von ihrer Familie sprach. Es war unübersehbar, dass alle Mitglieder dieser Familie sich sehr nahestanden. Obwohl sie vaterlos waren, lachten diese beiden kleinen dunkelhaarigen Jungen doch selbstbewusst und glücklich in die Kamera – zweifellos, weil sie spürten, dass sie geliebt wurden. Ebenso wenig konnte es einen Zweifel darüber geben, dass Lizzie entschlossen war, ihre Familie zu beschützen und für sie zu sorgen. Und wenn sie selbst irgendwann einmal Kinder haben sollte, würde sie diesen dieselbe Liebe und Verbundenheit entgegenbringen, die sie für ihre Neffen hegte. Kinder … seine Kinder … Er war so irritiert von der Ungeheuerlichkeit seiner Gedanken, dass er nicht bemerkte, wie Lizzie auf ihn zukam. Erst als er ihre Hand auf seinem Arm spürte, wurde er aufmerksam und hörte sie sagen: „Diese Schuluniformen haben sie genau genommen dir zu verdanken.“
Ihm? Ilios spannte sich an, um sich unempfindlich zu machen gegen den Schmerz, der ihm bei Lizzies Worten fast das Herz zerriss. Weil ihn diese Worte an eine schlimme Wahrheit erinnerten. Nur weil er Lizzie erpresst hatte, war sie jetzt mit ihm hier.
Er schüttelte ihre Hand ab und trat einen Schritt beiseite, bevor er schroff sagte: „Im Garten gibt es auch noch was zu sehen. Komm mit, ich zeige es dir.“
Verletzt über die Zurückweisung schaltete Lizzie ihr Handy aus und ließ es in ihrer Tasche verschwinden. Das war Ilios offenbar schon zu persönlich gewesen. Er interessierte sich eben nicht für ihre Familienfotos.
„Was meinst du, wie lange wird es dauern, bis dein Cousin einsieht, dass er mit seinem Plan bei dir nicht durchkommt?“, fragte sie auf dem Weg nach draußen.
Im Anschluss an eine große Terrasse gelangte man über eine Steintreppe in das, was früher einmal eine gepflegte Gartenanlage mit akkurat geschnittenen Hecken und einem kleinen Seerosenteich mit einem plätschernden Springbrunnen in der Mitte gewesen sein musste. Jetzt wirkte es wie ein verwunschener Park. Aber Lizzie, die sich nach nicht mehr und nicht weniger als einem Wunder sehnte, schaffte es nicht wirklich, sich auf ihre Umgebung zu konzentrieren. Sie wünschte sich mit jeder Faser ihres Herzens, dass Ilios seine Einstellung zu ihr ändern und für immer mit ihr verheiratet bleiben möge.
Er zuckte die Schultern. „Ich verstehe ja, dass du so schnell wie möglich zu deiner Familie zurückkehren willst.“
„Ja, sie fehlen mir wirklich.“ Lizzie wurde das Herz schwer. Das war nicht die Reaktion, die sie sich erhofft hatte. Natürlich vermisste sie ihre Familie, wie sollte es auch anders sein? Dennoch fiel es ihr immer schwerer, so zu tun, als ob zwischen ihr und Ilios nichts vorgefallen wäre. Vorhin, als sie aus dem Haus auf die Terrasse getreten waren, hätte sie fast spontan
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