Zum Morden verflucht
besser. Nicht umsonst wurde er in Freundeskreisen für seine Erfolge bei Frauen beneidet. Möglicherweise brauchte er die Nacht doch nicht allein zu verbringen.
Er wartete, bis das Mädchen nahe genug herangekommen war, dann drehte er sich um und setzte sein charmantestes Lächeln auf. Gut sieht sie aus, die Kleine, dachte er. Und sie warf ihm einen so intensiven Blick zu, daß er keinen Augenblick daran zweifelte, mit ihr zum Erfolg zu kommen.
»Haben Sie gar keine Angst so allein um diese Zeit?« fragte er mit der Miene eines starken Beschützers.
Die Fremde maß ihn mit einem seltsamen Blick. Sie lächelte halb spöttisch, halb verführerisch, während sie auf ihn zutrat. »Ich habe keinen Grund, mich vor irgend jemandem zu fürchten«, erklärte sie mit einer eigentümlichen Betonung.
Paul war viel zu erfreut darüber, daß sie nicht einfach weitergegangen war, sondern auf seine Worte reagiert hatte, daß ihm nichts auffiel. Und außerdem – was hatte er von einem Mädchen zu befürchten?
»Darf ich Sie ein Stück. . .«, setzte er an, doch dann blieb sogar ihm die Luft weg. Er bildete sich ja viel auf seine Wirkung auf Frauen ein, aber das überraschte auch ihn.
Das Mädchen trat ganz dicht auf ihn zu, streckte ihm die Arme entgegen und legte die Hände seitlich an seinen Kopf. Doch anstatt ihn zu küssen, wie er erwartete, schaute sie ihm tief in die Augen.
Paul Whitey begann, unter ihrem kalten, stählernen Blick zu frieren. Er wollte etwas rufen, aber die Stimme versagte ihm. Er wollte sich losreißen, doch sein Körper gehorchte ihm nicht. Er hatte das Gefühl, als würde er ausgehöhlt, als würde sein Geist aus ihm herausgezogen.
Endlich ließ die Fremde die Hände sinken. Ein triumphierendes Lächeln war in ihrem Gesicht wie festgefroren. Ohne sich weiter um den Jungen zu kümmern, setzte sie ihren Weg fort.
Paul Whitey aber ging mit schleppenden Schritten in der anderen Richtung weiter, die Straße entlang, die hinausführte zu dem Wald und zu den Ruinen, in denen Dr. Emerson auf neue Opfer wartete, an denen er eine teuflische Zeremonie vollziehen konnte.
»Schnell, Peter, sonst sind die Leute in diesem Haus verloren!« schrie Jane. Doch es wäre gar nicht nötig gewesen, Peter zu größerer Eile anzutreiben.
Der Kleinwagen kam vor dem Haus schleudernd zum Stehen, als sein Fahrer den Fuß auf die Bremse rammte. Noch während er den Motor ausschaltete, riß Peter bereits die Tür auf. Mit einem Satz war er im Freien und flankte über die niedrige Gittertür des Gartenzauns. In dem Haus, in das Sally, eine der »Satanssklavinnen«, eingedrungen war, gingen die Lichter an, in mehreren Räumen gleichzeitig. Erschrocken begriff Peter Bower, was das bedeutete. Nicht nur die Frau, die Sally geöffnet hatte, sondern noch einige andere Personen schwebten in Lebensgefahr.
Er achtete nicht darauf, ob Jane ihm folgte. Sie konnte ihm auch nicht helfen. Wenn es zu einem Kampf mit Sally kam, würde sie ihn vielleicht sogar behindern.
Zuerst mußte er einen Weg finden, um in das Haus einzudringen. Die Tür, an der er rüttelte, war verschlossen. Er hämmerte dagegen, aber niemand öffnete ihm. Statt dessen hörte er drinnen im Haus einen erstickten Aufschrei, dann einen dumpfen Fall.
Er lief um das Haus herum, bis er ein unvergittertes Fenster fand. Der verletzte linke Arm behinderte ihn, aber er schaffte es, mit dem rechten Ellbogen die Scheibe einzuschlagen und den Rahmen hochzuschieben. So schnell er konnte, kletterte er in das Haus. Jane war ihm gefolgt, blieb aber auf seinen Wink hin draußen stehen.
Peter befand sich in einem kleinen Raum, in dem es so dunkel war, daß er nur schemenhaft Gegenstände erkennen konnte. Auf seinem Weg zum Lichtschalter stolperte er über einen Ball, und als die Deckenbeleuchtung aufflammte, erkannte er, daß er sich in einem Kinderzimmer befand. In einem Stockbett schliefen zwei ungefähr fünf Jahre alte Kinder.
Es war eine schwere Entscheidung für Peter. Sollte er zuerst versuchen, gegen die zum Morden Verfluchte zu kämpfen, oder sollte er die Kinder in Sicherheit bringen, bevor er Sally gegenübertrat? Die Kinder nahmen ihm die Entscheidung ab. Sie erwachten, sahen ihn aus großen erschrockenen Augen an und begannen zu weinen. Ihre Stimmen mußten Sally anlocken, sobald sie ihr schreckliches Werk draußen im Wohnzimmer vollendet hatte.
Peter riß die Kleinen aus ihren Betten. Sie taten ihm leid, weil sie der fremde Mann, der sie so unsanft behandelte, noch mehr
Weitere Kostenlose Bücher