Zum Teufel mit dem Jenseits! (German Edition)
raunte er, grapschte sich eine verwaiste Bierflasche vom Fensterbrett und zündete sich einen Glimmstängel an. »Meist du, mir steht ein weißer Bühnenanzug, Honey?«
Die Vogelspinne gab ein unmotiviertes Fauchen von sich.
»Nein, halte ich auch für unwahrscheinlich.« Er zog den Bauch ein und drehte sich gemächlich einmal um die eigene Achse.
Eigentlich war er eine ganz passable Erscheinung: einssiebenundachtzig groß, sportlich gebaut, grüne Augen und schulterlanges schwarzes Haar. Dazu diverse Piercings und Tattoos, die seinem siebenundzwanzigjährigen Körper den gewissen rebellischen Touch verliehen. Der Inbegriff des neuzeitlichen Rockstars ... Sexy, cool, talentiert ... und übel aus der Form geraten ...
Zischend ließ er die Luft aus seinen Lungen entweichen und sah zu, wie die Wampe hart auf seine Kronjuwelen zurücksackte. Ein deprimierendes Schauspiel. Vielleicht sollte er Miss Doppel-D nach der Nummer ihres Arztes fragen; beziehungsweise ihr Portemonnaie nach seiner Visitenkarte durchforsten - Tote waren ja eher weniger gesprächig. Wenn der Mann Flachland in Gebirge verwandeln konnte, dürfte ein bisschen Arbeit mit dem Staubsauger kein Problem sein.
»Diät gestrichen!« Fröhlich prostete er seinem Spiegelbild zu. »Auf die Möglichkeiten der modernen Medizin.«
Zumindest sein Magen bekundete Einverständnis. Ungeachtet der Tatsache, dass Leon vermutlich jede Minute die Toilettenschüssel küsste, knurrte das gierige Organ schon wieder aus Leibeskräften.
»Heute Abend«, flüsterte er, tätschelte den aufgedunsenen Drachen und öffnete das Fenster. »Heute Abend sorge ich für Nachschub. Versprochen.«
Lächelnd lehnte er sich an die Wand und spuckte lauwarmes Bier auf den Fußboden. Von draußen schwebte die gewohnte Geräuschkulisse herein. Bellende Hunde, streitende Penner und das Zwitschern der Vögel. Allessamt unbedeutende Echos der Zivilisation und der Beweis dafür, dass es eine gute Entscheidung gewesen war, dieses Loft zu kaufen.
Kaum ein anständiger Mensch verirrte sich ohne sein Zutun in das ehemalige Industriegebiet. Und die Nicht-Anständigen verschlossen in der Regel ihre Ohren vor dem, was er hier trieb. Vorausgesetzt er besaß die Freundlichkeit, sie nicht auf seine Speisekarte zu setzen. Ein Umstand, zu dem ihm meist die nötige Disziplin fehlte. Denn je länger er seinem neuesten Selbstfindungstrip huldigte, desto ausgeprägter entwickelte sich sein Hunger. Im Eifer des Gefechts würde er wohl selbst seine eigene Verwandtschaft verputzen.
Ach ja, Harald ... Den hätte er fast vergessen.
»Der Mist versaut mir heute echt die Laune.« Grantig drückte er die Zigarette aus und sondierte das Zimmer. »Dabei mag ich den Trottel nicht mal.« Leon zuckte mit den Schultern. »Aber Bruder ist Bruder ... du verstehst, was ich meine?«
Falls Madonna ihn verstand, ließ sie es sich nicht anmerken. Sie kauerte auf einem Stein und zelebrierte ihre Yoga-Übungen. Zerquetschte Heuschrecke, die die Sonne anbetet oder etwas in der Art.
Er grunzte. Manchmal beneidete er das haarige Monster wirklich um ihre stoische Ruhe. Bei Spinnen galt es als normal, alles zu fressen, was sich nicht rechtzeitig vom Acker machte. Ob man mit dem Futter früher zusammen im Sandkasten gespielt hatte, interessierte da im Endeffekt wenig. Kauen, schlucken, verdauen. Kauen, schlucken, verdauen. Fertig.
Und er? Er suchte auf Knien rutschend einen Kopf, den er eigentlich nicht finden wollte, wegen eines schlechten Gewissens, das er nicht haben sollte, um die Harmonie in einer Familie aufrechtzuerhalten, die er nicht ausstehen konnte.
»Ganz schön schmuddelig die Bude.« Er unterdrückte den aufkeimenden Brechreiz und wischte sich die Hand an seinen gestreiften Boxershorts ab. »Habe ich die Putzfrau etwa auch ...?« Der sarkastische Spruch verendete auf seiner Zunge, als seine Finger hinterm CD-Regal struppige Zotteln ertasteten. »Bingo!«
Vorsichtig zog er seinen Fund aus dem Spalt und hielt ihn in die Höhe. Eine kürbisgroße Kugel, aus der ihn weit aufgerissene Fischaugen anglubschten. Eindeutig der Drei-Zentner-Mann. Und zu seiner großen Erleichterung nicht Harald. Nur sein Manager. Das ließ sich regeln.
»Erinnere mich daran, meinen Idioten von Bruder nie hierher einzuladen«, ermahnte er Madonna, stolperte zur Küchenzeile und versenkte den herrenlosen Kopf unsanft im bereits gut gefüllten Spülbecken. »Außerdem brauchen wir wohl eine neue Putzfrau.«
Dümmlich grinsend angelte er
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