Zum Teufel mit dem Jenseits! (German Edition)
Stelzen einwandfrei zu koordinieren - weshalb sie vergangenen Mai fast in ihrer Wasserschüssel ertrunken wäre. Ein echtes Drama! Und erst der kleine Zwischenfall mit der Wärmelampe ...
Nachsichtig schickte er ein Lächeln zum Terrarium. Sie blieb eben ein nutzloses, haariges Monster.
Haare! Kopf! Sein alkoholgetränktes Gehirn rastete scheppernd ein. »Honey du bist genial.«
Hektisch umrundete er den Couchtisch und spähte hinter den Plasmafernseher. Noch war Portugal nicht verloren! Oder hieß es Polen? Egal! Welches Land auch immer laut des verhunzten Spruchs nicht in Flammen aufging, Leons Gedankenblitz gab Anlass zur Hoffnung. Denn ein Bein allein machte keinen toten Bruder.
An sich konnte das Teil jedem x-beliebigen Walross gehören. Schließlich gab es gute Gründe dafür, dass sich die Weight Watchers als Religion etabliert hatten. Mindestens dreißig Prozent der westlichen Welt schleppten zu viel Speck mit sich herum; und weiße Socken in Sandalen gehörten gewissermaßen zur deutschen Nationaltracht. Bevor er sich also selbst zerfleischte, sollte er erst eindeutig die Identität des herrenlosen Stumpfes klären. Und dazu musste er lediglich das entgegengesetzte Körperende finden.
»Harald?« Unsicher hielt er sich mit einer Hand an dem 50-Zoll-Monstergerät fest und schielte in die staubige Ecke dahinter. »Brüderchen?«
Kein Kopf.
»Eckstein. Eckstein.« Leon tapste zum Fenster und lüftete den Vorhang. »Alles muss versteckt sein ...«
Wieder Fehlanzeige. Außer aufgespritzten Lippen unter einer wasserstoffblonden Mähne konnte er nichts entdecken; und die, das wusste er als alter Puzzlefan, hatten nie im Leben auf Drei-Zentner-Schultern gesessen.
»Wo zum Teufel ...?« Wirr schob er sich an Miss Barbies Torso vorbei.
Ohne Unterleib glich die Gute tatsächlich einem ausrangierten Plastikspielzeug. Die Arme knickten in einem rechten Winkel steif zur Seite ab. Das Gesicht zeigte den typischen, dümmlich überraschten Ausdruck und passend dazu lugte aus der linken Brust ein verräterisches Kissen.
Und mir erzählen, sie trägt von Natur aus Doppel-D ...
Skeptisch beäugte er das milchige Rund zwischen den langen Krallenwunden. Ziemlich unappetitlich . Leon schnitt eine Grimasse. In Zukunft sollte er wirklich wählerischer sein, was seine Gäste anbetraf. Am Ende holte er sich noch eine Silikonvergiftung oder dergleichen.
Sein Magen gurgelte zustimmend. Er tätschelte die vibrierende Rolle um seinen Bauchnabel und fragte sich, ob es dazu wohl wissenschaftliche Studien gab. » Versehentlicher Implantatverzehr und seine Langzeitfolgen« oder »Auswirkungen von Silikon auf das Verdauungssystem«. Vermutlich eher nicht.
Aber da der handliche Airbag keine Zahnabdrücke aufwies und der zweite Nippel aufrecht und unversehrt die Zimmerdecke grüßte, konnte er diese Sorgen aktuell getrost verschieben. Trotzdem speicherte er künstliche Hupen unter seinen Top drei der zu vermeidenden Ernährungssünden ab - direkt hinter Leute über siebzig und aktive Extremsportler.
»Ich muss wohl langsam besser auf meine Gesundheit achten.«
Neidisch schielte er zu Madonna, der solche Dinge fremd waren. Sie kannte nur hungrig oder satt. Probleme wie Diabetes, Bluthochdruck und Cholesterin tangierten sie relativ wenig. Sie würde fressen, bis sie irgendwann mit den Beinen nach oben im Terrarium lag und die Klospülung runtersauste. Er dagegen ...
Müde ließ er seinen Speiseplan Revue passieren: Mit der getunten Blondine und dem Doppelwhopper bei der Stereoanlage kam er auf etwa sieben Appetithäppchen. Zwei davon hatte er annähernd komplett gefuttert, drei nur angenagt. Eine war magersüchtig gewesen - die zählte also nicht - und der letzte Kandidat hatte ein Abo des hiesigen Fitnessklubs besessen. Grob über den Daumen gepeilt also vier volle Portionen innerhalb dieser Woche; und es war erst Donnerstag.
Leon stöhnte. Wenn er nicht endlich anfing, Sport zu treiben und seine Fressorgien einzustellen, drohte ihm bald der erste Herzinfarkt. Ganz zu schweigen von dem Schaden, den die Heißhungerattacken seiner Figur zufügten.
Skeptisch linste er zum Wohnzimmerspiegel. Seine Rückenansicht zeigte kaum Veränderungen, aber die Plauze, die seine Boxershorts ausbeulte, nahm langsam unschöne Ausmaße an. Die Kugel machte jeder schwangeren Seekuh Konkurrenz und der schicke tätowierte Drache rechts neben seinem Bauchnabel mutierte zum geschuppten Flugschwein.
»Weniger Kurt Cobain mehr Elvis Presley«,
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