Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Zum Wilden Einhorn

Titel: Zum Wilden Einhorn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Asprin
Vom Netzwerk:
Er warf einen flüchtigen Blick in den etwas zurückgelegenen Hof, der zu dieser frühen Stunde noch keine Gefahr barg. »Örtchen« nannten die Bewohner des Labyrinths ihn, auch Ticks Speiplatz, und etwas weniger ernsthaft: »Zuflucht«. An den Schwalbenschwänzen seines Rockes erkannte Hanse den Mann, der mit dem Rücken zu ihm in diesem von drei Seiten umzäunten kleinen Hof stand und offenbar gerade dabei war, sich zu erleichtern. Es war Poker, der Cadite. Als er Hanse gewahrte, drehte der Mann mit dem melierten Bart sich um.
    »Komm herein, Nachtschatten, auch wenn nicht mehr viel Platz ist.«
    »Ich suche Athavul. Sagte, er habe was vor und ich könne mitmachen.« Lügen fiel Hanse leicht, er tat es fast instinktiv.
    »Du stehst auf gutem Fuß mit ihm?« Poker strich seinen Rock glatt und wandte sich von der fleckigen, nassen Hintermauer ab.
    »Natürlich.«
    »Er ging südwärts und ist in die Glibbergasse eingebogen.«
    »Danke, Poker. Im Einhorn sitzt ein großer, schwarzbärtiger Mann mit Glatzkopf. Laß dir von ihm einen Becher Wein spendieren. Sag ihm, ich hätte dich geschickt.«
    »Ah. Ein Feind, Hanse?«
    »Du hast es erraten.«
    Hanse drehte sich um und ging ein paar weitere Schritte nordwärts, mit dem Rücken zur Glibbergasse (die zu dem 2-Block-L führte, an dessen Namen sich niemand erinnerte. Kaum eine Tür öffnete sich hier, und es blieb dunkel wie im Herzen eines Zauberers. Ständig roch es säuerlich, und man sprach von der Straße des Erbrechens). Wenn Poker behauptete, die Sonne schien, war es besser, die Kapuze über den Kopf zu ziehen, um sich vor dem Regen zu schützen. Sagte er rechts, wandte man sich lieber nach links.
    Hanse kürzte den Weg ab, indem er nach links durch Odd Birts Zuflucht ging und an der Ecke des Wohnhauses abbog, das Furtwan Beutelschneider gehörte, der mit Purpurschnecken handelte und sie teuer an die Färber verkaufte. Er selbst wohnte im Ostende und keineswegs in einer Mietwohnung. Jetzt verschwand Hanse in der Umarmung seines treuen Freundes und Zuhauses: des Schattens.
    Er hörte ein pochendes Geräusch, als er am Einweg Park vorüberkam. Was zum ... Ein Blinder? Hanse lächelte und hielt den Mund geschlossen, um das Blitzen seiner Zähne zu vermeiden. Hier war der richtige Ort für Blinde. In drei Vierteln des Labyrinths konnten sie mehr »sehen«, als jeder mit gesunden Augen. Er schlich durch das kurze Gerbergäß-chen und hörte die Geräusche aus Slys Schenke, und gleich darauf Athavuls Stimme im Freien.
    »Verzeiht, teure Dame, aber wenn Ihr mir nicht gleich Eure Halskette und die Geldbörse aushändigt, werdet Ihr diesen Armbrustbolzen durch die Brust bekommen.«
    Hanse schlich näher zu der dreifachen »Ecke«, wo das Gerbergäßchen Odd Birts Zuflucht kreuzte und auch die Nordsüdkrümmung des Schlangenwegs berührte. Jemand hatte einmal gesagt, daß ein verliebtes Schlangenpärchen den Straßenplan des Labyrinths entworfen hatte, als beide gerade im Krrf-Himmel schwebten.
    »Du hast keine Armbrust, heimtückischer Halunke, aber schau mal, was ich habe!«
    Der Schrei einer Stimme, die kaum als Athavuls erkennbar war, stellte Hanse die Nackenhärchen auf, und ein Schauder rann ihm über den Rücken. Sollte er bleiben und sich völlig ruhig verhalten? Oder sich umdrehen und davonlaufen, so schnell er nur konnte, was vernünftiger wäre? Oder seiner Neugier nachgeben und ein paar Schritte weitergehen, um um die Ecke von Slys Haus zu spähen? Die Neugier siegte.
    Bis er um die Ecke schauen konnte, winselte und wimmerte Athavul. Jemand in langem Umhang von der Farbe gebrannten Tons, mit ins Gesicht gezogener Kapuze, stieg um ihn herum, und Hanse glaubte ein Kichern zu vernehmen. Vor der Gestalt zurückweichend, jämmerlich flehend und offensichtlich voll grauenvoller Furcht - wovor? -, warf Athavul sich auf die Knie. Der Umhang schleifte durch den Schmutz des Gerbergäßchens zur Straße der Gerüche. Hanse schluckte. Er hielt plötzlich ein Messer in der Hand, aber er warf es nicht. Er schlich ein paar Schritte weiter, um zu sehen, in welche Richtung die Gestalt abbog. Nach rechts. Hanse sah flüchtig den Spazierstock. Er war weiß. Doch so, wie die Person im Umhang sich bewegte, war sie nicht blind. Sie war auch keine große Frau.
    Hanse steckte sein Messer wieder weg und huschte zu Athavul.
    »Nein! Biiiiitte. Biiiiihhhte.« Der Mann kniete immer noch und rang flehend die Hände. Seine Augen waren weit aufgerissen und glasig vor Furcht. Schweiß und

Weitere Kostenlose Bücher