Zum Wilden Einhorn
wahr?«
»Aber ich arbeite nicht für ihn«, entgegnete Hanse. »Er läßt die - die Gottwaffen beschlagnahmen, die dort verkauft wurden. Die Höllenhunde geben den Leuten zwar Geld dafür, aber wehe, wenn sie sie nicht abliefern wollen! Neuer Reichtum in der Stadt, weil einige gestohlen worden waren und jetzt den Dieben abgekauft werden. Man lacht über den neuen Wechsler: den Palast!«
Tempus wußte, mit Wechsler meinte man Hehler in dieser - Stadt? O mein Gott Vashanka - dies? Eine Stadt?!
»Zwei Schiffe liegen im Hafen vor Anker«, fuhr Hanse fort, »bewacht wie noch nie ein Schiff zuvor. Ich weiß, daß diese Dinge, diese Waffen schwärzester Zauberei, verladen werden. Und dann? Hinaus aufs Meer und an der tiefsten Stelle versenkt?«
»Dort sind sie am sichersten aufgehoben«, sagte Tempus und drehte seinen Steingutbecher in den Händen. Der neue hatte ein grellgelbes Wellenmuster. »Glaub mir, es steckt zuviel Macht in diesen Geräten.«
»Inzwischen versuchen einige >Vollstrecker der Zauberergilde, an das Zeug heranzukommen.«
Auch das wußte Tempus. Drei dieser Schurken waren in den vergangenen zwanzig Stunden unschädlich gemacht worden. Vielleicht waren von den Stadtwächtern oder den Sonderwachen, die man Höllenhunde nannte, inzwischen noch weitere getötet worden. »Gilden versuchen ihre Angehörigen zu schützen, ohne Rücksicht auf die Umstände. Eine Gilde ist ein Tier, das unfähig ist selbständig zu denken.«
»Ihr habt mich gut - anständig dafür bezahlt, daß ich Euch die Brillantnadeln geholt habe, die jene Frau im Haar trug. Jetzt hat sie sie zurück. Ihr habt sie ihr zurückgegeben.«
Cime! Cimes Brillantnadeln in der seidigen Fülle ihres Haars. »Ja? Habe ich das?«
»Allerdings. Und allerlei Seltsames tut sich in Freistatt. Das waren Zauberwaffen gewesen, die jene Falkenmasken gegen Euch und mich benutzten. Ein kleiner Dieb wollte einer Frau des Nachts ihr Armband stehlen, unten in der ... vergessen wir die Straße. Sie hatte dort jedenfalls nichts verloren. Das Armband wurde zur Schlange und tötete ihn. Seine Leiche wiegt doppelt soviel wie er zuvor.«
»Der Biß versteinerte ihn. Das Armband wurde heute beschlagnahmt. Und wann tat sich nichts Seltsames in Freistatt, mein Freund?« , »Jetzt nennt Ihr mich schon zum zweitenmal so.« Hanses Stimme klang anklagend.
»Das habe ich wohl. Dann meine ich es bestimmt ernst.«
Hanse schien sich sichtlich unwohl zu fühlen. »Ich bin Hanse. Ich war - Geselle von Klauer Eidschwö rer. Prinz Kittycat ließ ihn hängen. Ich bin Nachtschatten. Ich bin in den Palast eingebrochen, und meinetwegen ist ein Höllenhund tot. Ich habe keine Freunde.«
Und du verrätst dich und nennst ihn Kittycat, wenn du an deinen hingerichteten Mentor denkst! dachte Tempus. Du suchst keinen Vater, eh? Weißt du nicht, daß jeder einen Vater braucht? Daß ich meinen in Vashanka gefunden habe? Oh, Hanse, so sehr möchtest du geheimnisvoll und über alles erhaben sein - dabei bist du so durchschaubar wie eine Schüssel Regenwasser!
Laut sagte Tempus: »Spar' dir all das. Du brauchst nur zu sagen, daß du mich nicht als Freund willst, daß ich dich nicht Freund nennen soll.«
Ein drückendes Schweigen breitete sich aus, und Hilflosigkeit sprach aus Hanses Augen. Bis ihm bewußt wurde, daß er das Schweigen brechen mußte, war es zu spät. Dasselbe Schweigen war Tempus' Antwort.
Mit voller Absicht das Thema wechselnd, sagte Tempus: »Was der alte wie-heißt-er-doch - Fackelhalter? - daherplappert, stimmt. Vashanka kam und beansprucht Freistatt für sich. In Brandzeichen ist sein Name in den Palastmauern verewigt. Der Ils-Tempel liegt in Schutt und Asche. Vashanka erschuf den Waffenladen aus nichts und ...«
»Ein Krämergott?«
»Mir gefiel seine Taktik auch nicht«, brummte Tempus und hoffte, Vashanka hörte ihn jetzt und sah den Hohn in dem Gesicht des Jungen. »Und der Waffenladen vernichtete den Magier, den der Statthalter hatte kommen lassen, damit er dagegen kämpfe. Vashanka duldet kein Aufbegehren!«
Hanse schaute sich schnell um. »Sagt so etwas noch einmal offen in Freistatt, mein Freund, und Ihr seid bald einen Kopf kürzer.«
Der Blonde starrte ihn an. »Das glaubst du wirklich?«
Hanse ging nicht darauf ein, er verlor sich im Fluß der Gespräche in der Schenke - ein Fluß, so ruhelos wie ein Einbrecher vor einem Fenster, und die Unterhaltung genauso verstohlen und finster. Er befreite sich wieder daraus. Ganz ruhig erkundigte er sich:
»Wie
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