Zum Wilden Einhorn
Fleischlagerhäuser und bahnte sich einen Weg durch zwei Hecken - eine davon war sehr dornig, und sie machte sich überhaupt nichts daraus, daß ein Schatten auf lautlosen Sohlen sie verfluchte. Dann kletterte er über eine Veranda, eine Regentonne und eine schlafende schwarze Katze, die daraufhin mehr Geschrei machte, als die zwei Hunde, die er aufgeweckt hatte und von denen einer immer noch in seinem hilflosen Ärger auf einer anderen Veranda kläffte. Er hüpfte über einen Abfallhaufen und machte einen weiten Sprung über einen Komposthügel. An einem Liebespärchen raste er vorbei (»Was war denn das, Wrenny?«), an einem umgekippten Notdurfthüttchen, einem weiteren Regenfaß, unter einer vor einen Karren gespannten Kuh duckte er sich hindurch, und ließ noch drei weitere Häuser hinter sich zurück.
Der männliche Teil des Liebespärchens, und einer der Hunde sahen den flüchtigen Schatten sogar, doch sonst niemand, nicht einmal die Kuh.
Auf einem Knie neben einem Bohnenbeerenstrauch am oberen Ende der Marktstraße, blickte er auf die saubere, gerade Straße, die auf der anderen Seite des Marktes entlanglief. Er war keineswegs atemlos.
Die Gestalt im Kapuzenumhang erreichte soeben dieses Ende des langgestreckten Marktes. Hanse verzog die Lippen zu einem zufriedenen Lächeln. Er war ja so schlau, so flink! Er war gerade rechtzeitig gekommen, um ...
... zu sehen, wie zwei Diebe mit Kapuze, aber ohne Umhang, aus den tiefen Schatten einer Hausecke auftauchten. Sie sprangen die Frau an. Einer packte sie von hinten, der andere kam von vorn auf sie zu, ohne sichtbare Waffen, bereit sich zu schnappen, was sie hatte, und fortzulaufen. Sie benahm sich eigenartig. Sie machte einen Sprung zur Seite und stupste nach dem vorderen Angreifer. Stupste, wie Hanse sah. Sie schlug weder, noch stach sie mit dem weißen Stock zu.
Sofort fiel der Mann auf die Knie. Er wimmerte, winselte, flehte, bebte. Wie - Athavul.
Flink, nicht so schnell wie er, aber doch beachtlich für eine Frau - das sah Hanse im Näherkommen -wirbelte sie zu dem zweiten Dieb hinter ihr herum. Er duckte sich tief. Der Stock pfiff über seinen Kopf hinweg, während der andere Dieb seiner grauenvollen Angst Ausdruck verlieh. Der Mann, der von hinten gekommen war, schnellte hoch. Seine Rechte sauste im Handkantenschlag auf das Handgelenk der Frau, und seine linke Faust stieß nach ihrem Bauch. Die Faust, oder etwas, das sie hielt, glitzerte im Mondschein. Das silbern glitzernde Ding drang in die Frau ein. Ihr entquoll ein würgender Laut, und während sie fiel, entglitt ihr der weiße Stock. Der Dieb griff danach.
Das war bestimmt nicht ratsam. Aber seine Hand schloß sich um den Griff des Stocks, ohne daß es ihm etwas auszumachen schien. Dann trat er wütend nach der Frau - es war zweifelhaft, daß sie es noch spürte -, ehe er seinen Kameraden aufforderte, sich zusammenzureißen. Letzterer benahm sich genau wie Athavul, als Hanse ihn angebrüllt hatte. Er fiel nach vorn, rollte auf eine Seite und kauerte sich zusammen wie ein Kind im Mutterschoß, während er weinte und flehte.
Der Mörder stieß einige gemeine Verwünschungen aus und wandte sich der Toten zu. Er riß ihr die Kette vom Hals, die Ringe aus den Ohren und zerrte an dem mageren Beutel an ihrem Gürtel. Als er sich nicht löste, trennte er ihn mit einem geschickten Schnitt ab, der von Erfahrung zeugte. Dann richtete er sich auf, schaute in alle Richtungen und sagte etwas zu seinem Partner, der jedoch in seiner gekrümmten Haltung weinend liegenblieb.
»Dann hol dich Theba!« fluchte der andere und rannte davon.
Zurück zu den Schatten der Westecke eines Marktgebäudes floh er - und einer der Schatten stellte ihm ein Bein. Als er fiel, stupste ein Ellbogen auf seinen Nacken.
»Ich will, was du mitgenommen hast, du mordender Hundesohn«, sagte eine Stimme aus den Schatten, während der Liegende sich herumrollte. »Deinesgleichen bringen ehrbare Diebe in Verruf.«
»Dann nimm es doch!« Der Liegende rammte dem Schatten, als der sich über ihn beugte, den weißen Stock in den Schenkel.
Sofort griff die Furcht nach Hanse, würgte ihn, hüllte ihn ein, ergriff Besitz von ihm. Eine grauenvolle, unbeschreibbare Furcht war es. Hanses Achselhöhlen trieften, der Schließmuskel zitterte.
Im Gegensatz zu den anderen Stockopfern, die er gesehen hatte, befand sich Hanse im Dunkeln, und er war Nachtschatten. Er sank nicht auf die Knie.
Er floh, voll entsetzlicher Furcht, wimmernd, die Hände auf
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