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Zurueck auf Glueck

Zurueck auf Glueck

Titel: Zurueck auf Glueck Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patricia Marx
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ab, als die Haushälterin ihrer Mutter anrief. Erna Gilfeather sei im Schlaf gestorben, an etwas Unappetitlichem. Zu unappetitlich, um es hier zu wiederholen.
602.
    »Das soll wohl ein Witz sein«, sagte Imogene zur Haushälterin.
    Ist für diese Frau alles ein Witz?
603.
    Jawohl. Worauf Sie Gift nehmen können! Und warum auch nicht?
604.
    »Ihre Mutter war eine Kämpfernatur«, sagte die Haushälterin. Erna Gilfeathers letzte verständliche Worte hätten gelautet: »Nicht so schnell. Ich hab doch die neuen Sachen aus dem Kleiderschrank noch gar nicht getragen.«
605.
    Die Haushälterin seufzte. »Ihre Mutter hat es geschafft«, sagte sie. »Jetzt braucht sie keine Angst mehr vor dem Sterben zu haben.«
606.
    Imogene starrte auf die Einkommensteuerformulare, die vor ihr auf dem Schreibtisch lagen. Sie hatte fest damit gerechnet, dass ihre Mutter noch bis Kapitelchen 609 am Leben bleiben würde, mit ein bisschen Glück sogar bis 610 – falls man die Literatur als Leben bezeichnen kann.
607.
    Weil Imogene nicht einschlafen konnte, zählte sie die Enkel aus ihrem Bekanntenkreis, die vom Kindergarten »ihrer« Wahl abgewiesen worden waren. Sie war überzeugt, sieben zusammenbekommen zu können, aber dann wurden zu ihrer Überraschung neunzehn daraus.
608.
    Ob ihr wohl die Namen von zweiundfünfzig Schokoriegeln einfallen würden? Einen Versuch war es wert.
609.
    Aber sie war nicht mit dem ganzen Herzen bei der Sache. Was gab es am Wachbleiben überhaupt auszusetzen?
610.
    Imogene dachte an die letzte Begegnung mit ihrer Mutter vor einigen Monaten zurück. Sie hatten sich in den Arbor-Day-Schlussverkauf gestürzt, um neue Badematten zu kaufen. »Nichts für ungut, Immy«, hatte Mrs. Gilfeather gesagt, während ihnen die Verkäuferin ein Frotteeoval in Ecru heraussuchte (nicht in Creme!), »aber hattest du eigentlich schon immer unsymmetrische Augenbrauen?«
    Imogene schmollte wie ein Backfisch. »Wer soll dir sonst die Wahrheit sagen, wenn nicht ich?«, fragte Mrs. Gilfeather.
    Als ihr dieser Satz jetzt wieder durch den Kopf ging, dachte Imogene: »Gute Frage.« 16
611.
    Imogene schlurfte in aller Herrgottsfrühe ins Bad. Sie drehte den Dimmer so dimm wie möglich und riskierte einen Blick in den Spiegel. »Du schon wieder«, sagte sie zu dem Oval mit Facettenschliff, das sie in Venedig ergattert hatte, als an Wally längst noch nicht zu denken war und sie nicht einmal Ron de Jean kannte. Mit wem war sie damals in Venedig gewesen? Sie konnte sich an keinen Namen erinnern, nicht einmal an ein Gesicht. Bloß an Telefonnummern, die vergaß sie nicht.
    Als sie im Medizinschränkchen nach ihrer Pflegecreme suchte, ging die Tür auf und Wally schob sich herein. »Weißt du was?«, fragte er mit leuchtenden Augen.
    »Ja«, sagte Imogene.
    »Ich habe Lust auf eine Schaumtönung in Mocca.«
    »Der Übergang in die Senilität wird ein fließender sein«, dachte Imogene.
612.
    Während Imogene und Wally auf der Gartenparty zu Sepkowitzens fünfunddreißigstem Hochzeitstag vor einem Dickmännchenbeet Cocktails schlürften, stritten ganz in der Nähe eine Handvoll Männer darüber, wer von ihnen das kränkste Herz hatte.
    »Eine Angioplastie?«, feixte ein Abfüllanlagenmagnat. »Da ist ja Zähneputzen blutiger. Ich hatte eine Angioplastie mit endoluminaler Gefäßprothese, und dann haben sie mir noch einen Dreifachbypass gelegt.«
    »Vierfach«, trumpfte ein ehemaliger Rockstar auf, der zu seiner Zeit einen einzigen Hit gelandet hatte. Er klopfte sich kräftig auf die Brust. »Mir haben sie die Adern aus den Beinen gesäbelt und an meine Koronararterien angenäht.«
    »Pah, ich habe schon mein zweites neues Herz«, sagte ein Professor für Personalentwicklung. »Von Rechts wegen bin ich zu sieben Achteln tot.«
    Eine Frau, die niemand kannte, blieb bei dem debattierenden Trio stehen. »Gentlemen«, sagte sie. »Ich hatte schon eine undichte Herzklappe, als Sie Ihr linkes Ei noch nicht vom rechten unterscheiden konnten. Epstein-Anomalie, angeboren.« Und damit rauschte sie auch schon wieder davon, mit den Stilettoabsätzen tief in das Dickmännchenbeet einsinkend.
    Imogene nahm Wallys Arm. »Nichts wie weg hier«, sagte sie. »Unsere Herzen sind in Ordnung.«
613.
    Wally schlief noch. Er träumte, dass er schlief.
    Als er aufwachte – nicht im, sondern aus dem Traum – ,war er so müde, dass er beschloss, wieder einzuschlafen und da weiterzuträumen, wo er aufgehört hatte. Bloß vergaß er dabei leider eine Kleinigkeit, und zwar

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