Zurück in deine Arme
gleichen Träume. Oder war das damals eine Lüge von deiner Seite?“
„Nein!“, rief sie verzweifelt und presste die Fingerspitzen gegen ihre hämmernden Schläfen.
Sag es ihm! forderte die kleine Stimme. Rück endlich mit der Wahrheit heraus!
„Es gibt nichts, was ich mir mehr wünsche, als dir ein Kind zu schenken!“, brach es schließlich aus ihr heraus. „Aber ich habe so schreckliche Angst vor einer erneuten Fehlgeburt oder noch Schlimmerem!“
Es war, als hätte ihn jemand mit voller Wucht in den Magen geschlagen. Rafael wurde übel, sein Herz drohte aus der Brust zu springen. Wie betäubt versuchte er zu rekonstruieren, was Leila gerade gesagt hatte. Sie war schwanger gewesen? Und sie hatte ihr Kind verloren? Und was sollte noch schlimmer sein als das?
„Du … du hast ein Kind erwartet?“, fragte er gepresst und hielt Leila ein Stück von sich, als sie kraftlos an seine Brust zu sinken drohte. Tausend Fragen brannten ihm auf der Zunge, doch als er die krampfhaften Erschütterungen ihres Körpers spürte, zwang er sich, es bei einer zu lassen. „Wann?“
Zunächst hörte er nur haltloses Schluchzen und begann mechanisch, Leilas gekrümmten Rücken zu streicheln.
„September …“, antwortete sie irgendwann kaum hörbar.
Gequält schloss Rafael die Augen. Vor acht Monaten!
Er fühlte ihre Hände auf seiner Brust, doch diesmal ließ es ihn kalt. Sein Herz war taub vor Schock und Trauer. Wie hatte sie dieses Geheimnis nur so lange für sich behalten können? „Warum hast du mir nicht gleich damals davon erzählt?“
„Du hast mitten in einem großen Projekt in Brasilien gesteckt, als ich die Fehlgeburt hatte. Und als du zurückkamst, war ich bereits zu meinem nächsten Foto-Shooting unterwegs. Wir haben uns erst im März wiedergesehen.“
Rafael fluchte unterdrückt. Das letzte Jahr war für sie beide ohnehin schon die Hölle gewesen, sowohl von den ungeheuren beruflichen Anforderungen her als auch wegen der wenigen und viel zu kurzen Treffen als Eheleute. Und jetzt noch diese unvorstellbare Katastrophe, die Leila ganz allein hatte erleben müssen.
„Als ich schwanger wurde, wollte ich dir die große Überraschung nicht einfach am Telefon mitteilen, doch bevor wir uns wiedersahen …“ Sie brach ab und schluckte heftig. „Im März habe ich dir dann natürlich von der Fehlgeburt erzählen wollen. Aber ich brachte es einfach nicht fertig, die kurze Zeit, die wir hatten …“
„Leila …“
„Es tut mir so leid, Rafael“, weinte sie verzweifelt. „Bitte, vergib mir.“
Er hätte bei ihr sein sollen, ihre Hand halten, die Trauer über den Verlust ihres Kindes teilen! Rafael schloss die Augen, legte den Kopf in den Nacken und ließ Wut, Schmerz und Selbstanklage in einem dumpfen tierischen Laut heraus, der Leila durch alle Glieder fuhr. Dann presste er seine Lippen auf ihr Haar und wiegte sie in seinen Armen hin und her, bis ihr Schluchzen verebbte.
„Hast du darüber mit einem Arzt geredet?“ Er musste wissen, warum ihr erster Versuch, eine Familie zu gründen, so grausam geendet hatte.
„Ich war bei einer Spezialistin, die verschiedene Tests gemacht hat“, erzählte sie mit dünner Stimme. „Es … es war meine Schuld, Rafael.“
Schuld. Damit kannte er sich aus. Allerdings konnte er sich absolut nicht vorstellen, dass Leila bewusst etwas getan hätte, was die Schwangerschaft gefährden würde. „Das glaube ich nicht.“
„Doch, die Ärztin hat es mir genau erklärt. Für ehemalige anorexiekranke Schwangere besteht eine erhöhte Gefahr, eine Fehlgeburt zu erleiden. Medizinisch gesehen gelte ich immer noch als untergewichtig, obwohl ich die Krankheit seit Jahren überwunden habe.“
Der letzte Satz hatte fast trotzig oder zumindest verteidigend geklungen. Rafael schob seine Frau sanft von sich und schaute ihr fest in die Augen. „Hilf mir, es zu verstehen, Leila“, sagte er ernst. „Wenn die Gefahr einer Fehlgeburt minimiert werden kann, indem du gesund lebst und zunimmst, wovor fürchtest du dich dann?“
„Ich … ich habe Angst, dass ich mich nicht mit dem Gewicht in der Schwangerschaft abfinden und einen Rückfall erleiden könnte, wodurch ich möglicherweise mein Baby und mich zerstöre.“
„Das würde ich nicht zulassen!“, kam es hart zurück. Rafael wollte seine Frau erneut an sich ziehen, doch Leila schob ihn von sich.
„Genau diese Reaktion hat meine Freundin vorausgesagt. Sie war auch Model und ebenfalls schwanger, nur ein paar Monate weiter als
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