Zurück in deine Arme
Halbgeschwistern Rafaels Liebe zu Leila auf eine noch höhere, bedeutsamere Ebene erhoben. Zum körperlichen Begehren kam immer stärker ein tiefes, schwer zu definierendes Gefühl der Zugehörigkeit, das Rafael fast Angst machte. Zumal er nie mit seiner Frau darüber gesprochen hatte. Wann denn auch?
Aber jetzt hatten sie endlich Zeit füreinander!
„Unsere Suite ist bereit“, sagte er lächelnd.
Leila seufzte erleichtert auf. „Gut, ich brauche dringend einen kühlen, ruhigen Platz, um zu mir zu kommen.“
Mit einem Anflug von Besorgnis musterte Rafael ihr perfekt geschminktes Gesicht, das kein Anzeichen von Müdigkeit oder Erschöpfung erkennen ließ. Dafür glaubte er erneut so etwas wie Unsicherheit in den wundervollen braunen Augen aufflackern zu sehen. War sie vielleicht krank gewesen? Einen Arm um ihre Taille gelegt, führte er seine Frau in ihr Luxushotel. Dabei war er dankbar für die Absperrungen, die verhinderten, dass allzu anhängliche Fans ihnen folgten.
Anders als Leila mied Rafael das Scheinwerferlicht so gut es eben ging. Dass er nur ungern im Mittelpunkt allgemeiner Aufmerksamkeit stand, war auch eine Folge seiner traumatischen Jugend als ungewolltes, illegitimes Kind. Selbst wenn er längst nicht mehr Gegenstand von Klatsch und Häme war, hasste er es, von außen beurteilt zu werden. Seine Privatsphäre ging ihm über alles.
Zügig dirigierte er Leila an der eleganten Rezeption vorbei, froh dass niemand sie aufhielt, um nach einem Autogramm zu fragen oder ihnen bedeutungslosen Small Talk aufzudrängen. Auch im Lift waren sie allein. Trotzdem atmete Rafael erst richtig auf, als sie in ihrer Penthouse-Suite ankamen, von der aus sie einen fantastischen Blick auf das türkisblaue Mittelmeer hatten.
„Wie zauberhaft“, freute sich auch Leila, durchquerte rasch den großzügigen Wohnbereich und trat hinaus auf die Dachterrasse. Als sie hörte, dass Rafael ihr folgte, drehte sie sich zu ihm um. „Wann bist du angekommen?“
„Gestern, direkt aus London.“
„Hast du wenigstens genügend Zeit mit deiner Familie verbringen können?“ Im hellen Sonnenlicht wirkte ihr schmales Gesicht sehr blass und fast durchscheinend, wie Rafael besorgt feststellte.
„Ich bin am Tag der Hochzeit hingeflogen und am Morgen danach hierher“, erklärte er knapp und zuckte angesichts ihrer gerunzelten Brauen mit den Achseln. „Mein Terminplan ist genauso eng wie deiner.“
Leila nickte und wandte den Blick ab.
Obwohl Rafael extrem zurückhaltend war, was seine eigene Vergangenheit betraf, gefiel ihm die Verschwiegenheit seiner Frau gar nicht. Zu Beginn ihrer Beziehung hatte er einfach keinen Sinn darin gesehen, ihr von dem despotischen und grausamen Verhalten seines aristokratischen Erzeugers zu erzählen. Oder davon, wie sehr er emotional gelitten hatte, wenn er mitbekam, wie seine Halbgeschwister auch noch körperlich von dem tyrannischen Vater misshandelt wurden.
Einige Dinge blieben besser ungesagt und begraben.
Doch jetzt fragte er sich insgeheim frustriert, ob Leila ihm vielleicht etwas verheimlichte, was nicht in diese Kategorie fiel. Etwas, das möglicherweise auch ihre Beziehung betraf.
„Wir sollten unsere Kalender aufeinander abstimmen“, sagte er rau und schob die unliebsamen Erinnerungen erst einmal zur Seite. „Mein Pressesprecher hält es für ebenso wichtig wie medienwirksam, wenn wir uns gegenseitig bei den verschiedenen Promotion-Events während der Filmtage unterstützen.“
„Ja, natürlich. Ich hole rasch mein Handy.“
War da nicht wieder dieser Anflug von Unbehagen und Kummer in ihrer Stimme, oder täuschte er sich? Stumm sah Rafael zu, wie seine Frau ihre trendige Designertasche durchsuchte. Er sah, wie ihre Hand dabei zitterte. Unbestreitbar war sie eine der schönsten und am meisten beneideten Frauen auf der Welt, doch ihr Leben drohte immer wieder aus den Fugen zu geraten.
Leila Santiago war eine Marke, ein Label. Nach einem vorübergehenden Einbruch war sie jetzt auf dem Zenit einer unglaublichen Karriere angelangt, die ihren eigenen Regeln folgte und vollen Einsatz erforderte. Und als erfolgreiche Geschäftsfrau war sie millionenschwer.
Er selbst hatte im letzten Jahr den Status eines Millionärs gegen den eines Milliardärs eingetauscht. Ganz oben mitzuspielen bedeutete gerade in der schnelllebigen Computertechnologie-Branche der Konkurrenz stets eine Nasenlänge voraus zu sein. Sein rasiermesserscharfer Verstand und ein gewisser Killerinstinkt hatten ihn an die
Weitere Kostenlose Bücher