Zurück in den Armen des Prinzen
war Phoebe dankbar, dass sie ebenfalls schwieg und ihm Zeit ließ. Als das Flugzeug zur Landung ansetzte, hatte er Castaldinien erblickt, dann die Küste, die Berge und Täler seiner Heimatinsel, und die Kehle war ihm eng geworden.
Aus einem Impuls heraus griff er jetzt nach Phoebes Hand, und sie entzog sie ihm nicht, sondern drückte sie liebevoll. Ihre Geste berührte sein Herz, und dann begegneten sich kurz ihre Blicke. Phoebe lächelte sanft, ehe sie sich wieder der Landschaft zuwandte.
Entschlossen riss er seinen Blick von ihr los und schaute aus dem Seitenfenster. Was war nur los mit ihm? Es war doch nur eine Insel. Ein schönes Land unter vielen – mit herrlicher Natur und mediterranem Wetter. Doch der Anblick der vertrauten Landschaft berührte ihn tief. Acht Jahre lang war er nicht mehr hier gewesen und hatte auch nicht geglaubt, jemals wieder einen Fuß auf castaldinische Erde zu setzen. Seit Langem redete er sich ein, er sei immun gegen Heimweh und nostalgische Gefühle, doch das war offensichtlich ein Irrtum gewesen.
Für ihn kam diese Erkenntnis überraschend, für Phoebe anscheinend nicht. Sie nahm sich zurück, ließ ihn in Ruhe, gönnte ihm den Moment des Heimkommens als ganz privates Erlebnis.
Leandro war ihr dankbar dafür. Es war gut, zu wissen, dass sie ihn verstand, dass sie ihm Raum gab und Zeit ließ, mit seinen widerstreitenden Gefühlen zu Rande zu kommen. Und er wusste, dass sie sich nicht abgewandt hatte, sondern nur auf den Moment wartete, in dem er signalisieren würde, dass sie zurückkommen durfte.
Also gab er sich ganz seinen Emotionen hin, fühlte den Schmerz erneut, den das Exil ihm bereitet hatte, spürte, wie ihn die Heimkehr ebenso sehr ergriff wie der Anblick der Frau, die ihn einst im Stich gelassen hatte.
Ich bin ein Dummkopf, dachte er. Und das in mehr als einer Hinsicht.
Phoebe ließ Jawara an sich vorbeigleiten. Die Hauptstadt war vielleicht die einzige weltweit, in der kein einziges Gebäude später als im achtzehnten Jahrhundert erbaut worden war. Die Mischung aus Gotik, maurischen Einflüssen und Barock war einzigartig, aber durch eine falsche Sparpolitik, die durch die derzeitige Wirtschaftskrise noch verschärft wurde, drohte dieser Pracht der Zerfall.
Immer noch war Jawara ein Juwel, wie auch der maurische Name schon sagte, aber es war höchste Zeit für umfangreiche Restaurierungsarbeiten. Je näher sie dem Palast kamen, der im ältesten Teil der Stadt lag, desto offenkundiger wurden die baulichen Mängel.
Castaldinien wirkte alt und dem Verfall geweiht. Wie sein Regent. Es war Zeit für eine Erneuerung, und Phoebe wusste, dass Leandro der richtige Mann dafür sein konnte, wenn er nur begriff, dass das Land einen politischen Neuanfang, jedoch keine Revolution brauchte.
Sie warf ihm einen Blick zu und betrachtete versonnen sein markantes Profil. Wie er Castaldinien wohl sah? Was bedeutete ihm das Land? Besaß es für ihn dieselbe Magie wie für sie, oder betrachtete er die schönen alten Gebäude nur mit dem kalten Blick des Immobilientycoons?
Sie fuhren an der Nationalbibliothek vorbei, an den königlichen Museen und den weitläufigen Regierungsgebäuden, bis sie jenen Teil erreichten, in dem der König residierte. Dahin zu gelangen forderte Zeit, denn der Palast erstreckte sich über hunderttausend Quadratmeter.
Phoebe hatte es bisher nicht geschafft, mehr als ein Viertel der tausend Räume anzuschauen, und nur ein einziges Mal war sie in den Privatgemächern des Königs und der Königin gewesen. Julia hatte sie damals begleitet, und es war ein ganz besonderes Erlebnis gewesen, die mit Renaissancefresken höchster Qualität dekorierten Räume zu sehen. Doch sie war auch erschrocken, weil der Zerfall hier weiter fortgeschritten schien als überall sonst in Castaldinien.
Jetzt bereute sie es, die Gemächer kennengelernt zu haben, denn es tat weh, daran zu denken, dass dort in nicht allzu ferner Zeit Leandro mit seiner auserwählten Königin wohnen würde.
Sie glaubte nicht mehr daran, dass sie diese Auserwählte sein würde. Vor zehn Jahren war sie naiv genug gewesen, darauf zu hoffen, Leandros Frau zu werden. Was passierte, wenn er Kronprinz wurde, hatte sie nicht interessiert.
Sich vorzustellen, wie das neue Königspaar die Fresken restaurieren ließ und Einzug hielt in die renovierten Räume mit dem riesigen Himmelbett unter der zentralen Kuppel, wie Leandro und seine Frau sich dort liebten …
Nein, sie wollte nicht daran denken. Phoebe wandte den
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