Zurueck in der Hoelle
Theaterstück vor. Zur Feier des Tages.« Er griff sich einen Apfel und schwang sich wie ein richtiger Affe über die Schüsseln und Teller auf der Tafel hinweg.
»Wir spielen ein Stück, das schon seit Jahren die weisesten Köpfe des Reiches beschäftigt«, meldete sich ein windschiefer Kerl, der plötzlich auf der anderen Seite der Hochzeitsgesellschaft erschien. Er schleuderte seinen falschen, in zwei Zöpfen geflochtenen Bart, der ihm bis auf die Fußspitzen reichte, auf den Rücken zu seinem ebenfalls geflochtenen Zopf, und zupfte die fast armlangen Augenbrauen wie zwei Hörner in die Höhe.
Cutter!, dachte Will und schöpfte noch einmal Hoffnung. Cutter und Ratte! Da ist Whistle sicher nicht fern.
Ein Blick zu Moses bewies ihm, dass der dasselbe dachte. Seine vorher so stumpfen Augen hatten wieder zu leuchten begonnen. Ja, und auch Hannah erwachte zum Leben. Aufmerksam wandte sie ihren Kopf unter dem Jutesack zuerst Richtung Cutter und dann in die des Affen Ling-Li-Li-Lu, der über die Tafel galoppierte.
»Das Stück handelt von einer sehr großen Liebe«, rief er den Gästen dabei zu. »Zum Teufel, von Liebe.« Er biss in den Apfel. »Und zur Hölle, von Ruhm. Ja, und damit der Satan auch seinen Spaß hat, geht es am Ende noch um Verrat.«
»Um Verrat und um Liebe«, fuhr Cutter fort. »Und – das ist nicht schwer zu erraten – natürlich um eine Chinesin. Uaaah!«
In diesem Moment gab es eine Explosion. Eine Säule aus Rauch stob hinter den drei Gastgebern empor. Die sprangen auf und fuhren herum.
»Wer sind diese Kerle?«, rief Talleyrand.
Doch dann war da nichts. Der Rauch löste sich über der Wiese auf und als sie sich wieder zur Festtafel umdrehten, waren Cutter und Ratte verschwunden.
»Wer waren diese Kerle?«, wiederholte Talleyrand alarmiert und wollte schon seine Männer rufen, da hielt ihn Eulenfels lachend zurück.
»Das waren doch nur Gaukler. Die hab ich engagiert, damit sich der Prinz ein bisschen zerstreut.«
»Und ich bin der Affe!«, rief Ratten-Eis-Fuß. Er steckte seinen Kopf unterm Tischtuch hervor. »Ling-Li-Li-Lu! Ja, genau der bin ich und jetzt bin ich weg.« Er verschwand unterm Tischtuch und tauchte, nur einen Augenblick später, keine zwei Meter von Gagga entfernt wieder auf. »Ich bin da! Ich bin weg! Ich bin da: Hier, hallo! Und jetzt bin ich unsichtbar!«
Er tauchte auf, tauchte ab und war dann plötzlich verschwunden.
Für einen Moment war es still.
Doch dann kicherte Gagga. »Das war gut. Er ist da! Er ist weg! Und dann ist er unsichtbar.«
Er klatschte vergnügt in die gepuderten Hände, da hörte er eine Stimme, und obwohl die ganz leise war, fuhr sie ihm und den anderen Gästen am Tisch wie ein eisiger Wind in die Kleider und ließ ihm das Blut in den Adern gefrieren.
»Ach ja, und warum ist er wohl so plötzlich verschwunden?«, raunte die Stimme wie ein ganz ferner Donner. Ein Hurrikan-Donner, der auf ihn zugerollt kam.
»Warum versteckt er sich?«, fragte die Stimme, die dabei immer lauter wurde.
Gagga rutschte ganz langsam in seinen Stuhl. Er steckte den Kopf unter die rosa Perücke und schielte von dort wie eine Schildkröte unter ihrem Panzer hervor.
Doch die Gefahr kam von hinten. Von dort sprang Cutter als Kung-Fu-Chinese hinter Gagga hervor, packte den zu Tode erschrockenen Kerl und fauchte: »Er versteckt sich vor ihr, weil sie die Witwe ist. Huh! Kennst du die Witwe? Die Witwe Chen?«
Gagga starrte ihn an und schüttelte ängstlich den Kopf
»Die größte Piratin, die jemals gelebt hat. Vor mehr als 44 Jahren hat man sie umgebracht. Doch sie kann noch nicht sterben. Ihr Geist geht um. Da, siehst du, da! Kannst du sie sehen, he?«
Er zeigte nach vorn und im selben Moment erfolgten dort gleich drei Explosionen. Drei Rauchsäulen stiegen in den Himmel empor und als sich der künstliche Nebel verzog, stand dort eine mächtige Gestalt in ochsenblutroter Rüstung. Eine chinesische Kriegerin, die größer als jeder Mann war, stapfte in Stiefeln aus Eisen auf die Festtafel zu.
Es war absolut still und Gagga suchte Hilfe bei Cutter, doch der war verschwunden, und dieser Affe Ling-Li-Li-Lu kroch unter dem Tischtuch zwischen seinen Füßen herum. Zwischen seinen Füßen, denen von Eulenfels, Talleyrand und den Beinen des Königs. Doch die bemerkten das nicht. Sie starrten nur auf die Witwe.
Und die blieb jetzt stehen.
Sie brummte ganz leise, und obwohl es so leise war, zitterten die Teller und Gläser auf der Tafel. Sie schaute sich um. Ganz
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