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Zurück nach Hollyhill: Roman (German Edition)

Zurück nach Hollyhill: Roman (German Edition)

Titel: Zurück nach Hollyhill: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexandra Pilz
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als sie mit Silly nach draußen trat. Vor der Eingangstür blieb sie stehen, stemmte die Hände in ihre Hüften und sah Matt nach, wie er mit großen Schritten die Straße entlang auf das Cottage zuging, das er offenbar mit seinem Bruder teilte. Er hatte die eine Hand um seinen Nacken gelegt, wie sie es schon zuvor bei ihm beobachtet hatte, und hielt den Kopf gesenkt. Emily holte Luft. »Dieser Mensch ist mit Abstand der arroganteste, selbstgefälligste, missgelaunteste, bossigste … Snob, den ich jemals getroffen habe.« Sie atmete geräuschvoll aus und sah dann Silly an, die neben ihr stand, den Blick auf Matts Rücken gerichtet, der sich bei Emilys Worten sichtbar angespannt hatte.
    »Das hat er gehört«, sagte sie vorwurfsvoll.
    »Das ist mir egal«, gab Emily trotzig zurück. Mit zusammengekniffenen Augen beobachtete sie, wie Matt hinter der Kurve verschwand, dann erst beruhigte sie sich ein bisschen. Sie wandte sich wieder Silly zu, die sie mit ihren grauen Augen abwartend ansah. Emily hatte das Gefühl, als wisse sie ganz genau, was sie als Nächstes fragen würde.
    »Warum hat er das gesagt? Dass ich nicht hierher gehöre?« Sie verschränkte die Arme vor ihrem Körper und sah Silly herausfordernd an.
    Diese blinzelte nicht einmal. »Er hat das nicht so gemeint«, begann sie ohne zu zögern. »Er war nur wütend. Mehr auf mich als auf dich, denn immerhin bin ich schuld, dass du dich heute im Wald verlaufen hast.«
    Emily schnaubte. » Du bist schuld, dass ich mich verlaufen habe?«, fragte sie ungläubig. »Das darf nicht wahr sein. Er hat dich allen Ernstes abgestellt, auf mich aufzupassen?« Sie wurde immer wütender. »Wer ist er, der Bürgermeister von Hollyhill?«
    Silly verzog keine Miene. »Es kommt nicht oft jemand her.«
    Emily wartete, ob Silly noch etwas hinzufügen würde, diese aber schwieg. »Ooookay«, erwiderte sie schließlich gedehnt. Und dann: »Warum hast du Matt gesagt, ich sei nicht wie sie? Woher willst du das überhaupt wissen? Du hast sie nie kennengelernt, genauso wenig wie Matt.« Sie schwieg einen Moment. Sie durfte ihren Ärger nicht an Silly auslassen, das wäre nicht fair. Also fuhr sie etwas ruhiger fort: »Was hat meine Mutter getan, dass selbst diejenigen hier im Dorf sie verachten, die sie gar nicht persönlich kannten?«
    Silly biss sich auf die Unterlippe und sah dann an Emily vorbei in die Richtung, in die Matt verschwunden war. »Das muss er dir selbst erzählen«, murmelte sie so leise, dass Emily sie kaum verstehen konnte.
    »Was?«
    Silly seufzte. »Es hat etwas mit seinen Eltern zu tun«, sagte sie dann etwas lauter und sah Emily wieder an.
    »Mit seinen Eltern?«, fragte Emily verblüfft. »Ja, wo sind seine Eltern denn eigentlich? Sie könnten ihm durchaus ein bisschen besseres Benehmen beibringen.«
    Schon während sie die letzte Silbe aussprach, wurde ihr klar, dass sie etwas katastrophal Falsches gesagt hatte. Silly schaute sie aus großen Augen traurig an. Emilys Magen zog sich zusammen. »Sie sind tot«, sagte Silly. »Ein Unfall«, fügte sie hinzu.
    »Oh.« Diesmal war es an Emily, sich auf die Unterlippe zu beißen. »Das tut mir leid«, sagte sie schließlich und ließ ihre Arme sinken.
    »Es hat uns allen sehr leid getan«, antwortete Silly.
    »Meine Mutter …«, setzte Emily an, doch dann …
    »Aaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaahhhhhhhhhh!« Der Schrei ließ sie derart zusammenzucken, dass sie erschrocken nach Sillys Arm griff. Eigentlich hörte es sich mehr an wie ein Kreischen, so, als sei jemand über eine Maus gestolpert oder mindestens Robert Pattinson persönlich begegnet, und es kam von rechts. Silly kicherte, und Emily sah sich nach der Quelle des Lärms um: Ein paar Meter die Straße hinunter, auf Höhe des orangefarbenen Cottages, das den Friseurladen beherbergte, stand ein junger Mann und hielt sich mit weit aufgerissenen Augen die Hand vor den Mund. Er war schmächtig und nicht sonderlich groß, mit hellbraunen Haaren, die zu einem ordentlichen Seitenscheitel gekämmt waren. Er trug eine beigefarbene Anzughose, was Emily äußerst seltsam vorkam, mit kaffeebrauner Weste über einem weißen Hemd und dunkelbraunen, eleganten Schuhen. Er sah aus wie der Sohn des Paten, aber er wirkte so wenig deplatziert in dieser kleinen, altmodischen Straße, dass sich Emily nicht länger als eine Nanosekunde über seine Aufmachung wunderte. Sie fragte sich eher, wie dieser perfekt inszenierten Gestalt ein derart schräger Ton hatte entkommen können.
    »Joe!«,

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