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Zwanghafte Gier

Zwanghafte Gier

Titel: Zwanghafte Gier Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hilary Norman
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Selbstbeherrschung aufrechtzuerhalten.
    Morgens, mittags und abends putzte sie ihre Wohnung, und ihre Besessenheit reizte Bo noch mehr, nährte seine Grausamkeit. Wenn sie ein Zimmer putzte, brachte er wieder Unordnung hinein. Wenn sie die Arbeitsplatte in der Küche desinfizierte, warf er Essen darauf und vervollständigte sein Kunstwerk mit Spucke oder Rotz. Manchmal stellte er seine Schuhe auf den Küchentisch und beobachtete ihr Gesicht, und wenn er sein Ziel dann erreicht hatte, lachte er hämisch oder starrte sie mit kalter Verachtung an.
    Zu guter Letzt begann er, an verschiedene Stellen hinzupinkeln. Erst knapp neben die Toilettenschüssel, dann in die Dusche und ins Bad. Anschließend erzählte er Frankie, wie sehr es stank, und er stand seelenruhig daneben, während sie mit Bleiche schrubbte und schrubbte ... und dann wiederholte er das Ganze.
    Nun erinnert Frankie sich daran, dass sie zum ersten Mal die Beherrschung mit ihm verlor, als sie herausfand, dass er in ihre Lieblingsvase gepinkelt hatte, die sie gerade erst mit Osterglocken gefüllt hatte. Frankie liebte Osterglocken, ihren Geruch, ihre schöne Form ... allerdings wechselte sie einmal am Tag das Wasser und warf die Blumen weg, bevor sie verwelken konnten. Aber an jenem Ta g, n a c h d e m  s i e  b e m e r k t hatte, was Bo getan hatte, schrie sie los und schlug Bo, und er schlug zurück ... brutal. Da wusste Frankie, dass sie sich dem Ende näherten. Ihre Neurose und seine Grausamkeit kamen zusammen, und wenn das Ganze einen bestimmten Punkt erreichte, wenn ihr Kopf so voll war, dass er zu platzen drohte, dann ... ja, dann wusste Frankie, dass es das gewesen war.
    Und so war es auch. Weil Bo es nicht mit dem Pinkeln bewenden lassen wollte; er musste es noch schlimmer treiben. Und er wusste genau, was er ihr antat, dachte Frankie mit dem letzten Rest Verstand, der ihr geblieben war, und ihr kam der Gedanke, dass er vielleicht – auf seine Art – ebenfalls verrückt wurde, denn er war immer so nett zu ihr gewesen, bevor sie ihm ihre Probleme mit dem Küssen gestanden hatte. Also versuchte er vermutlich, sie in ihrer kleinen Kampfzone auf den höchsten Berg zu drängen, um sie von dort hinunterzustoßen, weil er genug von ihr hatte und sie loswerden wollte.
    Und das tat er dann auch.
    Er nahm ihr Kissen mit ins Bad und schmierte Scheiße darauf.
    Damit begann der letzte Akt ihrer Beziehung.
    Frankie war wortwörtlich in einen Berserkerrausch verfallen, sagte man ihr später. Allerdings kann sie sich nicht daran erinnern, was genau geschehen war, was genau sie getan hat. Von dem Augenblick an, da Frankie herausfand, was Bo mit ihrem Kissen gemacht hatte, fehlte alles. Sie kam erst wieder in der Anstalt zu sich, dem Ort .
    Ohne Bo. Mit Fremden, Ärzten, Krankenschwestern, Therapeuten und anderen Patienten, die genauso verrückt waren wie sie.
    Im Irrenhaus. Dort gehörte sie auch hin.
    Und als sie wieder entlassen wurde, war Bo längst verschwunden, und mit ihm all ihre Besitztümer. Ob er die Sachen nun mitgenommen oder schlicht aus dem Fenster geworfen hatte, würde sie nie erfahren, und in ihrer Wohnung in Barkingside wohnten nun Fremde. Frankies Vergangenheit war ausgelöscht.
    Seitdem musste Frankie sich ihren Lebensunterhalt verdienen, musste sich beschäftigen. Also tat sie das Einzige, das sie wirklich gut konnte: Sie wurde zur besten Putzfrau, die man sich vorstellen konnte.
    Und nun ist sie hier in diesem wunderschönen Haus.
    Trotz all der Erinnerungen, die wie eine Flut über sie hereinbrechen, die sich wie Flammen in ihrem Geist ausbreiten, kann sie sich nicht daran erinnern, wie sie hierhergekommen ist.
    Sie weiß nicht genau, was sie getan hat und warum.
    Sie weiß, dass es schlimm war. Und nun, da sie sich an Bos finstere Seite erinnert, weiß sie auch, dass es nur eine Frage der Zeit ist, bis er die Wahrheit herausfindet.
    Und sie fragt sich, wie schlimm das dann wird.

72
    Wie sich herausstellte, war Jude am Abend zuvor zu müde gewesen, um auch nur daran zu denken, noch einmal hinauszugehen. Doch am Samstag, zur Mittagszeit, nachdem er seine Einkäufe erledigt hatte – und da er noch immer darauf wartete, von Alex zu hören, wann sie wieder nach Hause kam oder ob er am nächsten Tag nach London fahren solle –, war er viel zu aufgedreht zum Malen oder um auch nur etwas halbwegs Sinnvolles zu tun.
    Und das Haus auf dem Hügel ging ihm noch immer im Kopf herum.
    Also verließ er die Wohnung, stieg in den Honda und fuhr nach

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