Zwanghafte Gier
mir nicht zugehört «, flehte Frankie.
»... Wenn ich also nicht rausgehe und mir ein paar andere Frauen suche, die mich zu schätzen wissen, verliere ich mein Selbstvertrauen. Außerdem«, verspottete er sie, »ist doch immer noch das Wichtigste, dass ich zu dir zurückkomme, stimmt’s?«
Lange Zeit hielt Frankie das für wahr. Sie glaubte, Bo mehr zu brauchen, als die Dinge zu hassen, die er zu ihr sagte und mit ihr tat. Außerdem war es vollkommen egal, was er sagte . Worte hatten keine Bedeutung. Nicht was er sagte, sondern was er tat , trieb sie in den Wahnsinn.
»Du weißt, dass du mich verrückt machst«, sagte sie einmal zu Bo.
» Noch verrückter, meinst du. Bescheuert bist du ja schon«, erwiderte er.
Am nächsten Tag brachte er sie in ein Tätowierstudio. Er fuhr mit ihr den weiten Weg bis nach Soho, denn dort sei das beste, sagte er. Dort angekommen, wollte er Frankie zwingen, sich von einem schmutzigen Mann mit schmutzigen Nadeln ein schwarzes Kaninchen auf die Schulter tätowieren zu lassen. Kaninchen seien das Symbol der Verrückten, erklärte er ihr. Und als sie weinte und protestierte, wies er sie darauf hin, dass er sich auch ein Kaninchen tätowieren lasse; das sei doch sicherlich Beweis genug, dass er sie noch immer liebe. Sollte sie sich ihm wiederum verweigern, wisse er ein für alle Mal, dass sie keine Liebe für ihn empfinde.
70
»David hatte keinen Grund, dir solche Angst zu machen.«
Das waren Suzys erste Worte, als Alex ihr Zimmer im zweiten Stock des Royal Brompton betrat, und tatsächlich zeigten die Antibiotika bereits Wirkung, sodass Suzy sich deutlich besser fühlte.
»Er hat mir keine Angst gemacht«, erwiderte Alex. »Er hat es mir lediglich erzählt.«
»Wenn er dir keine Angst gemacht hätte, wärst du nicht hier.«
»Natürlich habe ich gewusst, dass du wieder in Ordnung kommst.« Alex schaute ihre Freundin an, blickte in das hübsche Gesicht, das sichtlich schmaler und blasser geworden war, und auf das blonde Haar, das verschwitzt und strähnig auf dem Kopfkissen klebte. »Ich wollte einfach nur für dich da sein.«
»Das bist du doch immer«, sagte Suzy und fügte mit einem Grinsen hinzu: »Noch immer kein Jude?«
»Manche Leute müssen arbeiten«, antwortete Alex. Sie wusste, dass die Verschwörung mit dem Fotoalbum Suzys Sorgen ein wenig gelindert hatte. Außerdem machte ihr wahrscheinlich die Vorstellung einen Heidenspaß, wie angepisst die kaltherzigen Einbrecher gewesen wären, hätten sie gewusst, dass ihr ganze Mühe umsonst gewesen war. »Ich soll dir alles Liebe von ihm bestellen.«
»Danke, zurück«, erwiderte Suzy; dann legte sie die Stirn in Falten. »Er ist nicht der Einzige mit Verpflichtungen. Wie viele Patienten hast du hängen lassen, um hierher zu kommen?«
»Ich habe niemanden hängen lassen«, antwortete Alex ruhig. »Es ist alles geregelt.«
»Das ist ja schön und gut«, sagte Suzy, »aber David hätte trotzdem den Mund halten sollen.«
In diesem Augenblick überkam Alex das untrügliche Gefühl, dass irgendetwas nicht stimmte, etwas, das nichts mit Suzys Lungenentzündung zu tun hatte, und sie wusste nur allzu gut, dass Suzy zu einer gewissen Bissigkeit neigte, wenn sie krank war. Sie wurde ausgesprochen reizbar, wenn ihre Verletzlichkeit derart betont wurde, aber trotzdem ...
»Alles in Ordnung?«, fragte Alex in sanftem Ton. Sie wusste, dass sie lieber keine große Sache daraus machen sollte.
»Ist mir nie besser gegangen«, antwortete Suzy. »Abgesehen von einer infizierten Lunge natürlich.«
»Und geht es auch David gut?«, hakte Alex vorsichtig nach. »Abgesehen davon, dass er sich wegen dir den Kopf zerbricht.«
»Ja, es geht ihm gut«, sagte Suzy. »Betone das nicht so, Ally.«
Irgendetwas stimmte definitiv nicht. Die beiden hatten zumindest Streit gehabt.
Ja, ein Streit – vermutlich weil Suzy so übertrieben gereizt war. Dann und wann stritt sich jedes Paar. Das war nichts Besonderes. Auch sie und Matt hatten sich hin und wieder in den Haaren gelegen, und Suzy und David waren das grundsolideste Paar, das Alex je kennen gelernt hatte.
Was alles andere als einen Streit undenkbar machte.
71
Bo war eine Art Sadist. Das hatte Frankie auf die harte Tour erfahren müssen. Doch als sie es erkannt hatte, wusste sie auch, dass sie fertig war. Ihre Zwangskontrolle war aus den Fugen geraten. Das Putzen war ihr letzter Trost, das einzige Mittel, das ihr half, von Tag zu Tag zu überleben und wenigstens die Illusion von
Weitere Kostenlose Bücher