Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Zwanghafte Gier

Zwanghafte Gier

Titel: Zwanghafte Gier Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hilary Norman
Vom Netzwerk:
schön und voller Spaziergänger war, dräute verlassen links und rechts, während Jude weiter Bolins Rücklichtern folgte. Büsche und Bäume rahmten die Straße ein, und dann, plötzlich, als ein Blitz den Himmel zerriss, war rechts wieder die See. Die Schaumkronen der sturmgepeitschten Wellen schimmerten silbern, und unweit davon mündete der Cuckmere River ins Meer. Dann näherten sie sich Friston – Bolin ein Stück voraus, aber stets gut zu sehen –, und Jude erinnerte sich an die glücklichen Stunden, die er vergangenes Jahr dort verbracht hatte. Er hatte damals die schöne alte Kirche gezeichnet. Der Kontrast zwischen jenem Tag und dieser Nacht war so gewaltig, dass ihm davon beinahe übel wurde. Wieder fragte er sich, was ihn eigentlich zu so extremem Handeln trieb, und er erinnerte sich an seine schlimmen Tage als Teenager. Entsprang dieses impulsive Handeln einem Überrest seines Denkens aus jener Zeit? War vielleicht irgendein Rest seiner dunklen Seite in seinem Unterbewusstsein verborgen geblieben und bahnte sich nun einen Weg an die Oberfläche?
    Und dann, auf der anderen Seite von Friston, bog der Toyota weit vor ihm um eine Kurve, und Jude folgte ihm langsam und verstohlen und widerstand der Versuchung, das Gaspedal durchzutreten. Er glaubte, bei diesem Spiel schon deutlich besser geworden zu sein, bis er ebenfalls um die Biegung fuhr und feststellen musste, dass nirgends ein rotes Rücklicht zu sehen war.
    »Verdammter Mist!«, stieß Jude hervor, denn er war sicher, dass er Bolin verloren hatte – doch dann war er plötzlich wieder da, nur fuhr er in die andere Richtung, auf ihn zu . Die Frontscheinwerfer durchschnitten die Nacht und blendeten Jude. Er spürte, wie sein Magen sich zusammenzog, als der Toyota an ihm vorbeiraste, wobei Bolin nicht einmal einen Blick in seine Richtung warf.
    Fahr weiter , ermahnte sich Jude. Dreh nicht um. Wieder dachte er darüber nach, was Alex wohl sagen würde; allerdings brauchte er sie nicht, um zu wissen, dass er einfach bis zur nächsten Kreuzung und von dort wieder nach Brighton fahren sollte, nach Hause. Er sollte das Haus auf Winder Hill und Mike Bolin einfach vergessen.
    Und auch das, was Bolin auf die Ladefläche seines Trucks geworfen hatte.
    Das ist nicht mein Problem.
    Doch wenn es das war , was er glaubte, dann hieß das, Frankie lebte mit einem ...
    Du hast nicht die leiseste Ahnung, was das heißt.
    Vermutlich war es nichts Wichtiges, sagte Jude sich ungeduldig. Vielleicht war es bloß irgendwelcher Müll, den Bolin wegwerfen wollte. Oder er fuhr eine Lieferung aus.
    Um vier Uhr morgens?
    Das Problem war, dass Jude sich der Tatsache nicht verschließen konnte, wie das Bündel ausgesehen hatte. Ehrlicherweise musste er jedoch auch zugeben, dass er sich wohl nicht derart eingemischt hätte, wäre Alex nicht so in Frankies Leben involviert gewesen. Alex würde bald zurück sein, und dann würde sie wieder nach Winder Hill fahren, um Frankie zu besuchen. Das wiederum bedeutete, dass Jude einfach wissen wollte, was Bolin im Schilde führte – Paranoia hin oder her.
    Jude sah die Abfahrt East Dean im letzten Moment. Er bremste viel zu hart, geriet ins Rutschen, lenkte gegen, drehte und drückte den Fuß wieder herunter. Er wusste, dass er vermutlich zu spät war und dass er Bolin verloren hatte. Hinter der nächsten Biegung fand er sich hinter einem Caravan wieder. Bolin würde ihn so zwar unmöglich sehen; andererseits hatte Jude nun keine Chance mehr, den Truck einzuholen.
    Der Caravan bog nach links ab.
    Vor Jude war nur die leere A259 zu sehen, nur dichter Regen, der im Scheinwerferlicht fast wie Nadeln aussah, und dann, im Licht des nächsten Blitzes, die vom Wind gebeugten Silhouetten der Bäume am Rand des Seven Sisters Country Park. Zwei Sekunden später kam der nächste Donnerschlag, und die Geschwindigkeit der Scheibenwischer machte einen fast schwindelig. Jude war jetzt sicher, den Toyota endgültig verloren zu haben.
    Und dann, unvermittelt, an einem Anstieg direkt voraus, sah er ihn wieder: erst das schwache Aufleuchten der roten Bremslichter, die durch den Regen nur verschwommen zu erkennen waren, dann den Pick-up selbst.
    Jude warf einen raschen Blick in den Innenspiegel und nahm den Fuß vom Gas. Der Honda wurde im gleichen Maße langsamer, wie Judes Herz schneller schlug. Er war nicht sicher, ob er den Truck wirklich hatte wiedersehen wollen, aber da war er, und Bolin bremste erneut und bog einen Augenblick später scharf links

Weitere Kostenlose Bücher