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Zwanghafte Gier

Zwanghafte Gier

Titel: Zwanghafte Gier Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hilary Norman
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ab.
    Jude schaute abermals in den Innenspiegel, sah nichts und bremste bis auf Schritttempo ab. Sie waren nun in Exceat, und Bolin war in eine kleine Straße neben einer Bushaltestelle eingebogen.
    Langsam rollte Jude an der Einmündung vorbei und sah, dass der Pick-up ein Stück entfernt in der Dunkelheit stand. Er fuhr weiter bis zur Einfahrt eines der Parkplätze des Country Parks, bog ein und schaltete die Scheinwerfer aus.
    Dann nahm er sich einen Augenblick Zeit, um sich zu orientieren. Er war noch nie im Park gewesen, aber er hatte mal einen Freund in der Nähe getroffen und einen Blick hineingeworfen. Er erinnerte sich, dass der Freund ihm von Waldwegen auf der anderen Seite der Hauptstraße erzählt hatte; auf dieser Seite gab es Wanderwege durch Cuckmere Valley zu einem Zeltplatz und dem ruhigen Strand dort.
    Und was jetzt?
    Jude wendete den Honda und parkte ihn dicht am Zaun neben der Straße. Er stellte den Motor ab, nahm sein Handy aus der Freisprechanlage, steckte es in die Innentasche seiner Lederjacke und zog den Schlüssel aus der Zündung.
    Er klapperte am Schlüsselbund.
    Kein Lärm.
    Jude schob die Schlüssel unter die Fußmatte und öffnete die Tür. Als ihn die volle Wucht des Sturms traf, erkannte er, dass die Schlüssel so ziemlich das Letzte waren, was Bolin hören würde.
    Gott, war das dunkel.
    Die große Taschenlampe, die er im Kofferraum hatte, konnte er nicht benutzen, es sei denn, er wollte seine Anwesenheit verraten. Doch wenn er sich recht erinnerte, hatte er noch eine kleine LED-Lampe im Handschuhfach.
    Besser als nichts , dachte er und griff danach.
    Viel war es nicht.

94
    Da sie längst die Hoffnung auf Schlaf aufgegeben hatte, stieg Alex wieder aus dem Bett, zog ihren Morgenmantel über und schlurfte in die Küche. Dort fand sie David, noch immer in T-Shirt und Shorts. In sich zusammengesunken saß er am Tisch, ein Bild des Jammers. Alex ärgerte sich über sich selbst, weil sie plötzlich Mitleid empfand.
    »Kannst du auch nicht schlafen?« Er setzte sich ein wenig auf.
    Sie schüttelte den Kopf.
    »Willst du was trinken?«, fragte er.
    »Nein, danke.« Alex hielt kurz inne. »Hat Suzy dir gesagt, dass sie mit zu mir kommen will?«
    »Ja.«
    Sie schaute in sein kummervolles Gesicht. »Tut mir leid«, sagte sie widerwillig.
    »Mir auch«, erwiderte er und brach in Tränen aus.
    Alex’ Mitleid war sofort wie weggeblasen.
    »Ich glaube, ich mache mir doch einen Kaffee«, sagte sie und ging zum Kessel. »Was ist los mit dir?« Sie griff nach den Filtertüten.
    »Ich habe nie gewollt, dass es so weit kommt, Ally«, sagte David.
    »Und wie soll das Suzy helfen?«, fragte Alex.

95
    Das war verrückt.
    Jude stand im strömenden Regen, spähte in die Dunkelheit und freute sich nur über eins: dass das schwarze Sweatshirt, das er zufällig über seiner dunkelblauen Jeans trug, und seine treue alte Lederjacke ihm eine passable Tarnung verschafften.
    Da.
    Knapp zwanzig Meter von ihm entfernt stand der Pick-up mit ausgeschalteten Scheinwerfern.
    Bolin war ausgestiegen und stand vor dem Fahrzeug.
    Und wenn Jude Bolin sehen konnte, bedeutete dies, dass es auch umgekehrt der Fall sein musste.
    Nur dass Bolin mit irgendetwas beschäftigt war.
    Abermals zuckte ein Blitz über den Himmel, und Jude sah, dass Bolin ein schmiedeeisernes Tor öffnete. Dann erstarrte er, als der große Mann sich umschaute, bevor er wieder zum Pick-up ging, die Scheinwerfer einschaltete und mit dem Wagen langsam durchs Tor rollte.
    »Scheiße«, murmelte Jude.
    Was immer Bolin im Schilde führte – Jude hatte nicht den Hauch einer Chance, ihm zu Fuß zu folgen.
    Aber es war eine Leiche. Jude konnte jetzt nicht einfach aufgeben.
    Ruf jemanden an.
    Jude spürte das leichte, tröstliche Gewicht des Handys in seiner Tasche.
    Es war noch zu früh, um die Polizei anzurufen. Jude nahm an, dass das Polizeirevier in Seaford einen Streifenwagen schicken würde, um eine Meldung über einen Wagen zu überprüfen, der mitten in der Nacht in den Seven Sisters Country Park fuhr. Doch wenn Jude versuchen würde, den Beamten zu erklären, was Bolin vermutlich auf der Ladefläche des Toyota transportierte, oder wenn er erwähnte, dass er den Mann nun schon Gott weiß wie lange verfolgte, war es mehr als wahrscheinlich, dass sie den Anruf als üblen Scherz abtun würden.
    Und dann würde niemand je herausfinden, was Bolin im Schilde führte.
    Jude wartete noch ein paar Augenblicke, bis er mit Sicherheit davon ausgehen konnte, dass

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