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Zwanzig Jahre nachher (German Edition)

Zwanzig Jahre nachher (German Edition)

Titel: Zwanzig Jahre nachher (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexandre Dumas (der Ältere)
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spät.«
    »General,« entgegnete Mordaunt, »ich wollte die Zeremonie bis ans Ende sehen, und das hat mich verzögert.«
    »Ah,« versetzte Cromwell, »ich habe Euch nie für so neugierig gehalten.«
    »Ich bin stets neugierig, den Sturz eines der Feinde Eurer Herrlichkeit zu sehen, und der zuletzt Gestürzte war keineswegs unter die Zahl der Kleinsten zu rechnen. Doch Ihr, General, seid Ihr nicht in White-Hall gewesen?«
    »Nein,« entgegnete Cromwell. Es trat ein kurzes Stillschweigen ein.
    »Wisset Ihr hiervon die einzelnen Umstände?« fragte Mordaunt.
    »Nein, ich bin seit diesem Morgen hier, und weiß nur, daß es ein Komplott gab, um den König zu retten.«
    »Ha, das wußtet Ihr?« fragte Mordaunt. »Da liegt nichts daran; vier Männer, als Handwerker gekleidet, wollten den König aus dem Gefängnis befreien und nach Greenwich führen, wo ihn ein Schiff erwartete.«
    »Und obwohl Eure Herrlichkeit das alles wußte, so blieb sie doch fern von der City, ruhig und untätig?«
    »Wenn jedoch das Komplott gelungen wäre?«
    »Das hätte ich gewünscht.«
    »Ich dachte mir. Eure Herrlichkeit betrachte den Tod Karls I. als ein Unglück, das für Englands Wohlfahrt erforderlich wäre.«
    »Nun, dieser Ansicht bin ich noch immer,« versetzte Cromwell, »doch hätte er nur sterben sollen; es wäre vielleicht besser gewesen, wenn das nicht auf dem Schafott geschehen wäre.«
    »Weshalb, Eure Herrlichkeit?« Cromwell lächelte. »Vergebt,« sagte Mordaunt, »allein Ihr wisset, ich bin noch ein Schüler in der Politik, und möchte unter allen Umständen die Lehren nützen, die mir mein Lehrer gefällig erteilen wird.«
    »Weil es geheißen hätte: ich habe ihn aus Gerechtigkeit verurteilt und aus Erbarmen entfliehen lassen.«
    »Wenn er aber wirklich entflohen wäre?«
    »Unmöglich.«
    »Unmöglich?«
    »Ja, meine Vorsichtsmaßregeln waren getroffen.«
    »Und kennt Eure Herrlichkeit die vier Männer, die es unternommen, den König zu retten?«
    »Es sind jene vier Franzosen, wovon zwei die Königin Henriette an ihren Gemahl und zwei Mazarin an mich abgeschickt hat.«
    »Und glaubt Ihr auch, General, Mazarin habe sie beauftragt, das zu tun, was sie getan haben?«
    »Das ist möglich, doch er wird leugnen.«
    »Ihr glaubt?«
    »Ich bin davon überzeugt.«
    »Warum das?«
    »Weil es ihnen nicht gelungen ist.« »Schon hat mir Eure Herrlichkeit zwei von diesen Franzosen gegeben, wo sie nur schuldig waren, die Waffen zugunsten Karls I. geführt zu haben, will mir Eure Herrlichkeit jetzt, wo sie schuldig sind, sich gegen England verschworen zu haben, alle vier geben?«
    »Nehmt sie,« erwiderte Cromwell.
    Mordaunt verneigte sich mit dem Lächeln triumphierender Grausamkeit.
    »Jedoch,« begann Cromwell wieder, als er sah, Mordaunt wolle ihm Dank sagen, »kommen wir wieder auf den unglücklichen Karl zurück. Hat man aus dem Volke gerufen?«
    »Sehr wenig, außer: »Es lebe Cromwell!«
    »Wo habt Ihr gestanden?«
    Mordaunt starrte den General ein Weilchen lang an, um in seinen Augen zu lesen, ob das bloß eine leere Frage sei, oder ob er alles wisse. Doch Mordaunts glühender Blick drang nicht in die Tiefe von Cromwells dunklem Blicke. »Ich stand so, daß ich alles sah und hörte,« entgegnete Mordaunt.
    Nun war die Reihe an Cromwell, Mordaunt fest ins Auge zu fassen, und an Mordaunt die Reihe, sich unerforschlich zu machen. Nach einem Weilchen der Prüfung wandte er die Augen gleichgültig weg.
    »Der improvisierte Scharfrichter scheint sein Amt recht gut versehen zu haben,« sagte Cromwell. »Wie man mir sagte, war der Schlag wie von Meisterhand geführt.«
    Da Mordaunt sich erinnerte, daß ihm Cromwell sagte, er wisse durchaus keine näheren Umstände, so war er von nun an überzeugt, der General habe hinter einem Vorhange oder Balkon versteckt der Hinrichtung beigewohnt. Er antwortete ihm mit ruhiger Stimme und gleichgültiger Miene: »In der Tat, ein einziger Streich war genügend.«
    »Vielleicht war es ein Mann vom Fach,« bemerkte Cromwell.
    »Meint Ihr, General?«
    »Warum denn nicht?«
    »Jener Mann sah doch nicht aus wie ein Scharfrichter.«
    »Und welcher andere Mann als ein Scharfrichter hätte dieses furchtbare Geschäft vollziehen mögen?« fragte Cromwell.
    »Nun,« entgegnete Mordaunt, »etwa irgendein persönlicher Feind König Karls, der ein Gelöbnis getan, und dasselbe ausgeführt hat, oder irgendein Edelmann, der den König aus wichtigen Ursachen haßte, und der, wohl wissend, er stehe im Begriffe, zu

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