Zwanzig Jahre nachher (German Edition)
Einspruch getan; sie schickten zehn aus ihrer Mitte ab, daß sie in ihrem Namen mit dem Herzoge von Orleans sprächen, der nach seiner Gewohnheit den Volksfreund spielte. Der Herzog von Orleans ließ sie vor; sie erklärten ihm, daß sie entschlossen wären, diese neue Abgabe nicht zu entrichten, selbst wenn sie sich mit den Waffen gegen diejenigen, welche sie beheben wollten, verteidigen müßten. Der Herzog von Orleans hörte sie huldreich an, ließ sie auf einige Ermäßigung hoffen, versprach ihnen, er wolle deshalb mit der Königin sprechen, und entließ sie mit seinem gewöhnlichen: »Man wird sehen.«
Am Neunten kamen auch die Requeten-Meister zu dem Kardinal und der Wortführer sprach mit so viel Festigkeit und Kühnheit, daß der Kardinal ganz erstaunt darüber war. Er verabschiedete sich mit denselben Worten, wie es der Herzog von Orleans tat: »Wir wollen sehen.«
»Um zu sehen,« – berief man also den Rat zusammen und ließ den Finanzminister d'Emery holen.
Gegen d'Emery war das Volk sehr aufgebracht, schon deshalb, weil er Finanzminister war, und dann auch, wir müssen es wohl sagen, weil er es ein wenig verdient hatte.
Man ließ ihn aus dem Rate rufen; er eilte ganz blaß und verstört herbei und sagte, sein Sohn wäre an diesem Tage auf dem Platze vor dem Palais-Royal fast umgebracht worden; die Volksmenge sei ihm begegnet, und habe ihm den Luxus seiner Gemahlin vorgeworfen, da sie eine mit rotem Samt und mit goldenen Fransen ausgeschmückte Wohnung hätte.
D'Emerys Sohn wäre fast erdrosselt worden, denn einer der Rebellen brachte in Vorschlag, ihn so lang zu würgen, bis er das Gold, welches er verschlungen, wieder von sich gegeben hätte. Der Rat entschied an diesem Tage nicht, denn der Finanzminister war mit diesem Vorfall zu sehr beschäftigt, als daß sein Geist frei sein konnte.
Am folgenden Morgen ward der erste Präsident Mathieu Molé gleichfalls angegriffen; das Volk bedrohte ihn ob all' des Bösen, das man ihm zufügen wollte; allein der erste Präsident hatte, ohne die Fassung zu verlieren, und ohne sich zu verwundern, mit gewohnter Ruhe geantwortet; er wolle, wenn die Unruhestifter nicht gehorchen würden, auf den öffentlichen Plätzen Galgen errichten, und sogleich die Widerspenstigen aufhenken lassen. Aber jene verharrten fortwährend in ihrem starren und verwegenen Trotze.
Das ist noch nicht alles. Als am Ersten die Königin nach Notre-Dame ging, was sie regelmäßig jeden Sonnabend tat, folgten ihr über zweihundert Weiber, welche ihr zuriefen und Gerechtigkeit forderten. Sie hatten zwar keine böse Absicht, da sie sich bloß zu ihren Füßen werfen und ihr Mitleid erregen wollten, allein die Wachen verhinderten sie daran, und die Königin schritt vorüber, ohne auf ihr Gewimmer zu achten. Nachmittags war abermals Ratssitzung, worin beschlossen wurde, die königliche Autorität in Kraft zu erhalten; demgemäß wurde das Parlament für den nächsten Tag, den Zwölften, zusammenberufen.
An diesem Tage nun, an dessen Abend wir diese neue Geschichte eröffnen, ließ der König, der damals erst zehn Jahre alt war und eben geblättert hatte, Dankgebete für seine Genesung in Notre-Dame verrichten, seine Garden, Schweizer und Musketiere unter die Waffen treten, sie rings um das Palais-Royal, auf den Quais und am Pontneuf aufstellen, und nach Anhörung der Messe begab er sich in das Parlament, wo er in einer unvorbereiteten, feierlichen Sitzung seine früheren Edikte nicht bloß bestätigte, sondern auch noch fünf bis sechs neue erließ. – von denen die einen, sagt der Kardinal Retz, verderblicher waren als die andern. Demzufolge erhob sich dann der erste Präsident, der, wie wir sahen, tagszuvor noch für den Hof war, und sprach sich sehr kühn aus gegen die Art und Weise, den König nach dem Palaste zu führen, um die Freiheit der Stimmen zu überrumpeln und abzunötigen. Mit besonderer Heftigkeit aber eiferten gegen diese neuen Auflagen der Präsident Blancmesnil und der Rat Broussel.
Nachdem diese Verordnungen erlassen worden, kehrte der König wieder in das Palais-Royal zurück; eine große Volksmenge stand an seinem Wege: da man aber wußte, daß er aus dem Parlament komme, ohne zu wissen, ob er dem Volke Gerechtigkeit widerfahren ließ oder nicht, so ließ sich auf seinem Wege nicht ein einziger Jubelruf vernehmen, um ihm zu seiner Genesung Glück zu wünschen. Im Gegenteil waren alle Gesichter finster und bekümmert, und einige sogar der Drohungen voll.
Die Truppen
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