Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Zwanzig Jahre nachher (German Edition)

Zwanzig Jahre nachher (German Edition)

Titel: Zwanzig Jahre nachher (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexandre Dumas (der Ältere)
Vom Netzwerk:
versperrten, und Mordaunt konnte gleich einem dunklen Punkte die kleine Feluke bemerken, die in einiger Entfernung von der Hundeinsel vor Anker lag. Als sich Groslow dem »Blitz« näherte, pfiff er auf eine eigene Weise, worauf man den Kopf eines Mannes über der Brüstung erscheinen sah.
    »Sind Sie es, Kapitän?« fragte dieser Mann.
    »Ja; wirf die Leiter aus.« Sonach fuhr Groslow leicht und behend unter das Bugspriet und stellte sich mit dem »Blitz« Bord an Bord.
    »Steigt hinauf!« rief er seinem Begleiter zu. Mordaunt erfaßte, ohne zu antworten, den Strick und kletterte längs der Schiffswand mit einer Hurtigkeit und Sicherheit hinauf, welche Leute vom Festlande wenig gewohnt sind; allein seine Rachelust vertrat bei ihm die Stelle der Gewohnheit und machte ihn zu allem gewandt. Wie es Groslow vorausgesehen hatte, so schien es der wachhabende Matrose am Bord des »Blitz« gar nicht zu bemerken, daß sein Herr in Begleitung zurückkam. Mordaunt und Groslow gingen nach dem Kapitänzimmer. Es war eine Art kleiner Kajüte, die auf dem Verdeck provisorisch aus Brettern erbaut war. Das Ehrengemach hatte Groslow seinen Passagieren eingeräumt.
    »Und wo sind sie?« fragte Mordaunt.
    »Am anderen Ende des Schiffes,« entgegnete Groslow.
    »Und haben sie auf dieser Seite hier nichts zu tun?«
    »Gar nichts.«
    »Ganz wohl, ich bleibe bei Euch verborgen. Nun kehrt nach Greenwich zurück und führet sie hierher. Ihr habt eine Schaluppe?«
    »Jene, mit welcher wir gekommen sind.«
    »Sie schien mir leicht und gut gebaut.«
    »Eine wahrhafte Piroge.«
    »Befestigt sie mit einem Tau an das Hinterteil des Schiffes, legt Ruder hinein, damit sie im Striche nachfolgt, so daß man nur das Tau abzuschneiden braucht. Versehet sie mit Rum und Zwieback. Sollte zufällig das Meer schlimm werden, so dürfte es Euren Leuten nicht unlieb sein, wenn sie etwas zur Stärkung fänden.«
    »Es geschehe, wie Ihr sagt. Wollt Ihr die Pulverkammer sehen?«
    »Nein, bei Eurer Zurückkunft. Ich will selbst die Lunte anlegen, um versichert zu sein, daß sie nicht umsonst abbrennt. Vor allem verhüllt Euer Gesicht gut, damit sie Euch nicht erkennen.«
    »Seid unbesorgt.«
    »Hört, es schlägt eben zehn Uhr in Greenwich.«
    Wirklich drangen die zehnmal wiederholten Schwingungen einer Glocke traurig durch den mit schweren Wolken angefüllten Luftkreis, die wie schweigende Wogen am Himmel dahinwallten. Groslow stieß die Türe wieder zu, welche Mordaunt inwendig absperrte, und nachdem er dem wachhabenden Matrosen aufgetragen hatte, auf das sorgsamste zu wachen, stieg er in seine Barke hinab, die rasch von hinnen glitt, die Wellen mit den doppelten Rudern schlagend. Der Wind pfiff kalt und der Damm war schon öde, als Groslow in Greenwich landete; mehrere Barken waren mit der vollen Flut abgefahren. In dem Momente, wo Groslow ans Land stieg, vernahm er etwas wie den Galopp von Pferden auf dem Pflaster des Strandes.
    »O,« rief er, »Mordaunt hatte recht, daß er mich antrieb. Es war keine Zeit zu verlieren; hier sind sie schon.«
    Es waren wirklich unsere Freunde, oder vielmehr ihre Vorhut, die aus d'Artagnan und Athos bestand. Als sie der Stelle gegenüber ankamen, wo Groslow eben landete, hielten sie an, als hätten sie es erraten, daß derjenige da sei, mit dem sie zu tun hatten. Athos stieg vom Pferde und entfaltete ruhig ein Sacktuch, dessen vier Ecken Knoten hatte, und ließ es im Winde flattern, indes d'Artagnan stets vorsichtig halb über sein Pferd gebeugt blieb, und die eine Hand nach der Pistolenhalfter ausstreckte. Groslow, der sich in seinem Zweifel, ob das wohl die erwarteten Reiter seien, hinter einen jener Pflöcke gekauert hatte, die da aufgepflanzt und dazu dienlich waren, die Taue darum zu winden, stand jetzt auf, als er daß verabredete Zeichen bemerkte, und ging geradeswegs auf den Kavalier zu. Er war, dergestalt in seinen Regenmantel gewickelt, daß man sein Gesicht unmöglich unterscheiden konnte. Überdies war die Nacht so finster, daß diese Vorsichtsmaßregel überflüssig war. Das scharfe Auge von Athos erriet aber ungeachtet der Dunkelheit, daß es nicht Roggers war, der vor ihm stand.
    »Was wollt Ihr von mir?« sprach er zu Groslow, einen Schritt zurückweichend.
    »Mylord,« erwiderte Groslow, den irländischen Akzent nachahmend, »ich will Euch sagen, daß Ihr den Kapitän Roggers sucht – aber vergebens.«
    »Wieso?« fragte Athos.
    »Weil er diesen Morgen von einem Maste gestürzt ist und das Bein gebrochen hat.

Weitere Kostenlose Bücher