Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Zwanzigtausend Meilen unter'm Meer

Zwanzigtausend Meilen unter'm Meer

Titel: Zwanzigtausend Meilen unter'm Meer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jules Verne
Vom Netzwerk:
Ich versichere Sie, daß der Nautilus sich nicht allein frei machen, sondern noch weiter dringen wird!
    – Noch weiter südlich, fragte ich den Kapitän.
    – Ja, mein Herr, nach dem Pol.
    – Nach dem Pol! rief ich aus, mit unwillkürlichem Ausdruck des Zweifels.
    – Ja! erwiderte der Kapitän kalt, nach dem Südpol, dem unbekannten Punkt, wo alle Meridiane zusammen laufen. Sie wissen, was ich mit dem Nautilus vermag.«
    Ja! ich wußte es. Daß dieser Mann bis zur Verwegenheit kühn sei, war mir bekannt! Aber die Hindernisse zu überwinden, um bis zu dem Südpol zu dringen, der weit weniger zugänglich ist wie der Nordpol, zu welchem die erfahrensten Seemänner noch nicht gelangen, schien doch ein durchaus wahnsinniger Gedanke zu sein!
    Es fiel mir ein, den Kapitän Nemo zu befragen, ob er den Pol bereits entdeckt habe.
    »Nein, mein Herr, erwiderte er, wir wollen ihn miteinander entdecken. Ich bin mit meinem Nautilus noch nie so weit nach Süden gedrungen; aber, sag’ ich nochmals, er wird noch weiter dringen.
    – Ich glaub’s gerne, Kapitän, fuhr ich etwas ironisch fort. Vorwärts denn! Für uns giebt’s keine Hindernisse! Zersprengen wir die Eisdecke, oder fahren wir darüber hinaus!
    – Darüber hinaus? Herr Professor, erwiderte der Kapitän Nemo ruhig. Zwar nicht darüber hinaus, aber doch darunter her.
    – Darunter her!« rief ich aus.
    Ich begriff den Kapitän. Die wunderbaren Eigenschaften des Nautilus sollten auch zu diesem übermenschlichen Vorhaben dienen!
    »Ich sehe, daß wir anfangen uns zu verstehen, Herr Professor, sagte der Kapitän lächelnd. Dem Nautilus wird leicht, was für gewöhnliche Fahrzeuge unausführbar ist. Ist der Pol von Festland umgeben, so wird er bei diesem Halt machen; ist dagegen dort freies Meer, so wird er bis zu ihm selbst dringen!
    – In der That, sagte ich, besteht auch an der Oberfläche des Meeres eine feste Eisdecke, so sind doch seine tieferen Schichten frei; denn die größte Dichtigkeit des Meerwassers ist über dem Gefrierpunkt. Irre ich nicht, so verhält sich der unter dem Meeresspiegel befindliche Theil der Eisdecke zu dem über demselben vorragenden wie vier zu eins?
    – Beinahe, Herr Professor. Gegen einen Fuß über der Meeresfläche haben die Eisberge drei unter derselben. Da nun diese Eisberge nicht über hundert Meter hoch sind, so reichen sie nicht über dreihundert Meter in die Tiefe. Und dreihundert Meter, was will das heißen für den Nautilus?
    – Nichts, mein Herr.
    Er wird sogar in größerer Tiefe die gleichförmige Temperatur des Meerwassers aufsuchen können, wo wir getrost den dreißig bis vierzig Kältegraden der Oberfläche Trotz bieten können.
    – Richtig, mein Herr, sehr richtig, erwiderte ich lebhaft.
    – Die einzige Schwierigkeit, fuhr der Kapitän Nemo fort, besteht darin, daß wir mehrere Tage unter’m Wasser bleiben müssen, ohne unseren Luftvorrath zu erneuern.
    – Sonst keine? versetzte ich. Füllen wir die großen Behälter des Nautilus, und sie werden uns mit allem nöthigen Sauerstoff versehen.
    – Wohl ausgedacht, Herr Arronax, erwiderte der Kapitän lächelnd. Aber damit Sie mich nicht der Verwegenheit beschuldigen, so lege ich Ihnen zum Voraus alle meine Einwände vor.
    – Haben Sie denn noch weitere zu machen?
    – Nur einen. Wenn der Südpol von Meer umgeben ist, so wäre der Fall möglich, daß dasselbe dort völlig festgefroren ist, und dann könnten wir folglich nicht wieder zur Oberfläche gelangen!
    – Wohl, mein Herr, denken Sie nicht daran, daß der Nautilus mit einem fürchterlichen Schnabel bewehrt ist, mit welchem wir in diagonaler Richtung die Decke der Eisfelder durchbohren und zertrümmern könnten?
    – Ah! Herr Professor, heute haben Sie Ideen!
    – Uebrigens, Kapitän, fuhr ich noch eifriger fort, warum sollten wir nicht das Meer am Südpol frei finden, wie es am Nordpol ist? Die Kältepole und die Erdpole fallen wohl in der südlichen Hemisphäre eben so wenig zusammen, wie in der nördlichen, und bis das Gegentheil erwiesen wird, darf man an diesen Punkten annehmen, daß ein Continent oder ein Ocean eisfrei sein werde.
    – Das glaub’ ich auch, Herr Arronax, erwiderte der Kapitän Nemo. Ich will Ihnen nur die einzige Bemerkung machen, daß Sie, nachdem Sie so viele Einwände gegen mein Project hatten, nun mich durch Ihre Gründe überwältigen.«
    Der Kapitän hatte Recht. Ich übertraf ihn schon an Kühnheit! Ich riß ihn fort zur Fahrt nach dem Pol!
    Doch verlor er keinen Augenblick. Auf

Weitere Kostenlose Bücher