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Zwei an Einem Tag

Zwei an Einem Tag

Titel: Zwei an Einem Tag Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Nicholls
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Zu spät, es gab kein Zurück mehr. »Ich finde es einfach ein starkes Stück, dass die Linken gegen den Krieg waren, obwohl Saddam genau die Leute ermordet hat, die die Linke hätte unterstützen sollen.«
    »Wen zum Beispiel?«
    »Gewerkschaftler, Feministinnen. Homosexuelle.« Sollte er auch die Kurden nennen? War das richtig? Er beschloss, es zu riskieren. »Die Kurden!«
    Emma schnaubte selbstgerecht. »Ach, du glaubst also, wir ziehen in den Krieg, um Gewerkschaftler zu beschützen? Du glaubst, Bush ist im Irak eingefallen, weil er um die leidenden Frauen besorgt war? Oder die Schwulen?«
    »Ich sage nur, dass der Anti-Kriegs-Marsch moralisch glaubwürdiger gewesen wäre, wenn dieselben Leute vorher gegen das irakische Regime protestiert hätten! Sie haben gegen die Apartheid protestiert, warum nicht auch gegen den Irak?«
    »… und den Iran? Und China und Russland und Nordkorea und Saudi-Arabien! Man kann doch nicht gegen jeden protestieren.«
    »Und warum nicht? Hast du früher schließlich auch getan!«
    »Darum gehts doch jetzt nicht!«
    »Wirklich nicht? Als ich dich kennengelernt habe, hast du alles boykottiert. Du konntest kein beschissenes Mars essen, ohne einen Vortrag über persönliche Verantwortung zu halten. Es ist nicht meine Schuld, dass du apathisch geworden bist …«
    Mit einem leicht selbstzufriedenen Grinsen wandte er sich wieder dem albernen Sportteil zu, und Emma fühlte, wie sie rot wurde. »Ich bin doch nicht … Lenk nicht vom Thema ab! Der Punkt ist, es ist albern, zu behaupten, in dem Krieg gehe es um Menschenrechte, Massenvernichtungswaffen oder Ähnliches. Es geht nur um eine einzige Sache …«
    Er stöhnte auf. Jetzt kam es: Sie würde »Öl« sagen. Bitte, bitte, sag nicht »Öl« …
    »… und die hat mit Menschenrechten nicht das Geringste zu tun. Es geht einzig und allein ums Öl!«
    »Und ist das nicht ein ziemlich guter Grund?«, sagte er, stand auf und schob den Stuhl mit Absicht geräuschvoll zurück. »Oder benutzt du kein Öl, Em?«
    Er fand, die letzte Bemerkung hätte ein gutes Schlusswort abgegeben, aber es war schwierig, in der Junggesellenwohnung, die ihm plötzlich zu klein, unordentlich und schäbig vorkam, einem Streit aus dem Weg zu gehen. Eine so blöde Bemerkung würde Emma ihm mit Sicherheit nicht durchgehen lassen. Sie folgte ihm in den Flur, da erwartete er sie schon und ging so heftig auf sie los, dass beide überrascht waren.
    »Ich sage dir, worum es wirklich geht. Du hast deine Periode gekriegt, bist sauer und lässt deine Wut an mir aus! Aber ich kann es nicht leiden, wenn man mir schon beim Frühstück eine Gardinenpredigt hält!«
    »Ich halte dir keine Gardinenpredigt …«
    »Dann streitest du eben …«
    »Wir streiten nicht, wir diskutieren …«
    »Ach ja? Also, ich streite mich …«
    »Jetzt beruhige dich mal, Dex …«
    »Der Krieg war nicht meine Idee, Em! Ich habe die Invasion nicht angeordnet, und es ist mir nun mal nicht so wichtig wie dir. Vielleicht sollte er es sein, vielleicht wird er es irgendwann, aber im Moment ist es einfach nicht so. Keine Ahnung, warum, vielleicht bin ich ja zu blöd oder so …«
    Emma sah erschrocken aus. »Wie kommst du darauf? Ich habe nicht gesagt, dass du …«
    »Aber du behandelst mich so. Als wäre ich ein rechtes Schwein, nur weil ich keine Binsenweisheiten über den Krieg von mir gebe. Ich schwör dir, ich habs satt, mir auf Dinnerpartys Sachen anzuhören wie ›Es geht doch nur ums Öl‹! Vielleicht stimmt das, na und? Entweder man protestiert dagegen und benutzt kein Öl mehr, oder man nimmt es hin und hält die Klappe!«
    »Wag es ja nicht, mir …«
    »Tu ich nicht! Ich hab doch nicht … ach, vergiss es einfach.«
    Er quetschte sich an ihrem gottverdammten Fahrrad vorbei, das in seinem Flur herumstand, und ging ins Schlafzimmer. Die Jalousien waren noch nicht hochgezogen, das Bett noch nicht gemacht, feuchte Handtücher lagen auf dem Boden, der muffige Geruch von letzter Nacht hing noch in der Luft. Er suchte in der Dunkelheit nach den Schlüsseln. Mit unerträglich besorgtem Gesicht beobachtete Emma ihn vom Türrahmen aus, und er wollte sie nicht ansehen.
    »Warum ist es dir so peinlich, über Politik zu diskutieren?«, fragte sie ruhig, als wäre er ein Kind mit einem Wutanfall.
    »Es ist mir nicht peinlich, es … langweilt mich nur.« Er wühlte im Wäschekorb, zog abgelegte Kleider heraus und durchsuchte Hosentaschen nach den Schlüsseln. »Ich finde Politik öde – so, da hast dus.

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