Zwei an Einem Tag
stolperte weiter durch die Schwingtür, die sie hinter sich zuschlug, so dass der Metallrand ihn hart am Knie traf. Er humpelte ihr nach. »Das ist doch bescheuert, wir sind beide betrunken, das ist alles …«
»Nein, du bist betrunken! Ständig bist du entweder betrunken oder stoned von was auch immer, jedes Mal, wenn ich dich sehe. Ist dir klar, dass ich dich buchstäblich seit, wie lange, drei Jahren nicht mehr nüchtern erlebt habe? Ich habe vergessen, wie du überhaupt bist! Du bist zu beschäftigt, endlos über dich selbst oder deine neuen Kumpels zu labern, oder rennst alle zehn Minuten aufs Klo – keine Ahnung, ob wegen Dünnpfiff oder zu viel Koks, jedenfalls ist es verdammt unhöflich und außerdem stinklangweilig. Selbst wenn du mit mir sprichst, guckst du ständig an mir vorbei, für den Fall, dass sich was Besseres auftut …«
»Stimmt doch gar nicht!«
»Oh, doch, Dexter! Tja, scheiß drauf. Du bist ein Fernsehmoderator , Dex. Nicht der Erfinder des Penicillins, es ist Fernsehen, und Scheiß-Fernsehen obendrein. Ach, verdammte Kacke, ich hab die Schnauze voll.«
Sie standen inmitten der Menge auf der Wardour Street im schwindenden Sommerlicht.
»Lass uns woandershin gehen und darüber reden.«
»Ich will nicht darüber reden, ich will nur nach Hause …«
»Emma, bitte?«
»Dexter, lass mich einfach in Ruhe, ja?«
»Du bist hysterisch. Komm her.« Wieder nahm er ihren Arm und versuchte ungeschickt, sie zu umarmen. Sie stieß ihn weg, aber er hielt sie fest. Alle starrten sie an – noch ein streitendes Paar an einem Samstagabend in Soho. Schließlich gab sie nach und ließ sich von ihm in eine Seitenstraße ziehen.
Sie schwiegen, und Dexter trat einen Schritt zurück, um sie besser ansehen zu können. Sie stand mit dem Rücken zu ihm und wischte sich die Augen, und plötzlich überlief ihn heiße Scham.
Dann sagte sie ruhig mit dem Gesicht zur Wand:
»Wieso bist du so, Dexter?«
»Wie denn?«
»Das weißt du genau.«
»Ich bin einfach ich selbst!«
Sie fuhr herum. »Nein, bist du nicht. Ich kenne dich, das bist nicht du. Du bist schrecklich. Du bist unausstehlich, Dexter. Ich meine, du warst schon immer etwas unausstehlich, hin und wieder, ’n bisschen eingebildet, aber du warst auch witzig und manchmal liebenswürdig und an anderen Leuten außer dir selbst interessiert. Aber jetzt bist du völlig außer Kontrolle, mit all dem Alk und den Drogen …«
»Ich amüsier mich halt!«
Sie schniefte einmal und sah mit schwarzverschmierten Augen zu ihm hoch.
»Und manchmal gehe ich zu weit, das ist alles. Wenn du nicht ständig so … überkritisch wärst …«
»Bin ich das? Ich glaube nicht. Zumindest gebe ich mir Mühe. Es ist nur …« Sie brach ab und schüttelte den Kopf. »Ich weiß, du hast in den letzten Jahren eine Menge durchgemacht, und ich habe wirklich versucht, verständnisvoll zu sein, wirklich, wegen deiner Mum und so, aber …«
»Sprich weiter«, sagte er.
»Du bist einfach nicht mehr der Mensch, den ich mal kannte. Du bist nicht mehr mein Freund. Das ist alles.«
Er wusste nicht, was er dazu sagen sollte, deshalb schwiegen sie, bis Emma den Arm ausstreckte, zwei seiner Finger nahm und drückte.
»Vielleicht … vielleicht wars das ja«, sagte sie. »Vielleicht ist es vorbei.«
»Vorbei? Was ist vorbei?«
»Wir. Du und ich. Unsere Freundschaft. Es gibt Dinge, über die ich mit dir sprechen wollte, Dex. Über Ian und mich. Wenn du mein Freund wärst, könnte ich darüber sprechen, aber ich kann nicht, und wenn ich nicht mit dir sprechen kann, na ja, welchen Sinn hat das Ganze dann noch? Unsere Freundschaft?«
»›Welchen Sinn‹?«
»Du hast selbst gesagt, Menschen ändern sich, kein Grund, sentimental zu werden. Schau nach vorne, such dir jemand anders.«
»Ja, aber uns hab ich nicht gemeint …«
»Warum nicht?«
»Weil wir … wir sind. Dex und Em. Sind wir doch?«
Emma zuckte die Schultern. »Vielleicht haben wir uns entfremdet.«
Er schwieg kurz und sagte dann: »Meinst du damit, dass ich mich von dir entfremdet habe oder du dich von mir?«
Mit dem Handrücken fuhr sie sich über die Nase. »Ich glaube, du hältst mich für … öde. Ich glaube, du denkst, ich bin eine Spaßbremse . Ich glaube, du hast das Interesse an mir verloren.«
»Em, ich finde dich nicht öde.«
»Ich mich auch nicht! Ich finde mich verdammt fantastisch , wenn du es nur sehen würdest – früher hast du es auch gesehen! Aber wenn du deine Meinung geändert hast oder mich
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