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Zwei auf Achse

Zwei auf Achse

Titel: Zwei auf Achse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Werner Schrader
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mich und heulte und machte einen Mordskrach. Da versprach meine Mutter mir einen kleinen Hund, wenn ich mitkäme. Natürlich traute ich ihr nicht und sagte, ich käme nur dann mit, wenn sie den Hund jetzt sofort kaufte. Oh, war die böse! Ich wette, sie hätte mich verprügelt, wenn meine Oma nicht dabeigewesen wäre. Weil ich aber hartnäckig auf meiner Bedingung bestand, blieb ihr nichts anderes übrig, als mit mir in eine Tierhandlung zu gehen und einen Hund zu kaufen. Ich suchte mir einen winzigen Foxl aus, erst acht Wochen alt, damit er sich von klein auf an mich gewöhnte. Meine Oma gab mir einen Korb, ich setzte den drolligen Kerl hinein und fuhr willig mit nach Hamburg.“
    „Zu deiner Oma kannste dir gratulieren“, warf Joachim ein, „die kannste mir direkt mal ‘ne Zeitlang ausleihen.“ Lutz lächelte. Er freute sich über Joachims Worte.
    „Zwei Wochen besaß ich den Hund“, nahm er den Faden wieder auf, „dann war er plötzlich verschwunden. Ich mußte ihn weggeben, sagte meine Mutter, die Mitbewohner haben sich über den Krach beschwert. So ganz ruhig sagte sie das, weißt du, als ob nichts weiter dabei wäre, und dann ging sie ins Badezimmer und malte sich die Lippen an. Du, in dem Augenblick hab’ ich sie so gehaßt, daß ich sie vielleicht erschossen hätte, wenn da irgendwo ein Revolver gewesen wäre.“
    „Die und mein Vater“, sagte Joachim grimmig, „das wäre ein Paar geworden, Donnerwetter!“
    „Ich hab’ den ganzen Tag geheult und getobt“, erzählte Lutz weiter, „und schließlich hat sie mir zwei Goldhamster gekauft, um mich zu beruhigen. Die waren mit dem Hund natürlich nicht zu vergleichen, weil sie am Tage ja meistens schlafen und erst nachts munter werden, aber ich hatte dennoch viel Spaß mit ihnen. Ich baute aus Pappe kleine Häuser für sie und eine Wippe und so eine Art Karussell und vergaß ganz, daß ich nicht bei meiner Oma, sondern in Hamburg bei meiner Mutter war. Eines Morgens aber waren auch die Goldhamster verschwunden! Ich suchte sie überall, weil ich dachte, sie hätten sich irgendwo verkrochen und wären vielleicht eingeschlafen.
    Und endlich fand ich sie auch. Sie waren tot!“
    „Deine Alte hat sie mit dem Bügeleisen erschlagen, was?“ fragte Joachim.
    „Nein, viel schlimmer! Meine Mutter hatte eine Plastiktüte mit Wasser gefüllt, sie da reingesteckt und die Tüte zugeknotet und ans Fenster gehängt. Elendig ertrunken waren sie! Weil sie so stinken, sagte meine Mutter. Das könne kein Mensch auf die Dauer aushalten.“
    „Na, weißt du“, rief Joachim, „die hat vielleicht ein Gemüt! Wie hast du denn darauf reagiert?“
    Lutz ballte die Fäuste.
    „Ich bin auf sie losgegangen“, sagte er, „mit Händen und Füßen! Und dann hab’ ich mich im Badezimmer eingeschlossen und bin erst wieder herausgekommen, als sie einkaufen ging. Die toten Goldhamster fand ich im Mülleimer. Ich hab sie ‘rausgeholt und mir überlegt, wo ich sie begraben könnte. Dabei ist mir die große Zimmerpalme meiner Mutter aufgefallen, die im Wohnzimmer in einer Ecke stand. Ich hab’ mir einen Eßlöffel aus der Küche geholt, neben der Palme ein Loch gebuddelt, die beiden Goldhamster in Silberpapier eingewickelt und da im Blumentopf mit Grabrede und so richtig begraben. Den Eßlöffel hab ich dabei total verbogen und kurzerhand aus dem Fenster geworfen.“
    „Richtig!“ rief Joachim. „Das hätte ich auch gemacht! Und wie ist es weitergegangen? Hat sie die Goldhamster im Blumentopf entdeckt?“
    „Keine Ahnung! Ein paar Tage später kam meine Oma aus dem Krankenhaus, und ich konnte zurück zu ihr. Seitdem bin ich mit meiner Mutter fertig.“
    „Das kann ich verstehen“, sagte Joachim. „Die könnte ja direkt ‘ne Zwillingsschwester von meinem Alten sein.“ Er gähnte. „Wie spät haben wir’s übrigens?“
    „Viertel vor sechs.“
    „Was, schon so spät? Dann müssen wir schnellstens in die Stadt und was zu essen kaufen. Um sechs schließen die Geschäfte. Wenn wir heute abend nicht hungern wollen, müssen wir uns beeilen. Komm!“
    Sie hängten ihr Gepäck über die Schulter und hasteten in die Stadt zurück. Brötchen waren nicht mehr zu bekommen. So kauften sie Vollkornbrot, Butter, Jagdwurst, sechs Äpfel, eine grüne Gurke und zwei Tüten Milch.
    „Nach Coca kannste nicht schlafen, wenn du sie abends trinkst“, meinte Joachim, „da ist nämlich ein Aufputschmittel drin.“
    Lutz kaufte zum Schluß noch schnell ein Zehnerpäckchen Kaugummi. Kaum

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