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Zwei auf Achse

Zwei auf Achse

Titel: Zwei auf Achse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Werner Schrader
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Aber so ging es noch mal gut. Er wurde sofort ins Krankenhaus gebracht und später von dort aus gleich ins Gefängnis. Zwei Jahre hat er gekriegt.“

 
     
    Die Jungen hatten der Frau gedankt und waren schweigend davongegangen. Lutz war totenblaß und zutiefst betroffen. Am liebsten hätte er sich in einen dunklen Winkel verkrochen und losgeheult. Er hatte also einen Verbrecher zum Vater! Seine Mutter taugte nichts, und sein Vater saß im Gefängnis!
    Seit Monaten hatte er sich ein Bild von ihm zu machen versucht, hatte sich vorgestellt, er sei Tischler, Milchmann oder Briefträger. Er war darauf vorbereitet gewesen, daß er seine Vaterschaft leugnen und ihn nicht als Sohn anerkennen würde, aber an die Möglichkeit, daß er im Gefängnis sitzen könnte, hatte er nicht gedacht, nicht eine Sekunde lang. Darum traf ihn diese Nachricht wie ein Blitz aus heiterem Himmel. Er konnte nicht reden, es hatte ihm die Sprache verschlagen.
    Joachim spürte, was in seinem Freund vorging, und versuchte ihn zu trösten.
    „Mensch“, sagte er, „nimm das nur nicht so tragisch! Solange nicht erwiesen ist, daß es sich bei diesem komischen Herrn Schnüpfing um deinen Vater handelt, ist jede Aufregung die reinste Verschwendung.“
    „Ich fühle es, daß er mein Vater ist“, sagte Lutz leise, „ich fühle es ganz deutlich.“ Er sah Joachim unglücklich an. „Ich bin der Sohn eines Verbrechers, und eines Tages werde ich auch ein Verbrecher sein.“
    „Wie kommste denn darauf?“ rief Joachim.
    „Weil die Kinder immer genauso werden wie die Eltern. Sie haben dasselbe Blut und dieselbe Veranlagung.“
    „Du spinnst ja!“ rief Joachim. „Wo haste denn den Blödsinn aufgeschnappt? Wenn das so wäre, müßte ich ja ein ebenso rabiater Vater werden wie mein Alter! Das werde ich aber bestimmt nicht, mein Lieber! Ich kann dir jetzt schon versichern, daß meine Kinder, wenn ich mal welche kriegen sollte, den Himmel auf Erden bei mir haben werden. Die kriegen keine Prügel, du, nicht den kleinsten Schlag, und wenn sie wer weiß was anstellen. Und du kannst dir doch auch vornehmen, ganz anders zu werden als dein Vater und deine Mutter, dann klappt es bestimmt. Außerdem darfst du nicht vergessen, daß deine Oma ‘ne prima Frau ist, mit gutem Charakter und so. Von der hast du ja auch Blut in deinen Adern. Es kann durchaus sein, daß du ganz ihr nachkommst, ja, es ist sogar sehr wahrscheinlich! Dazu kommt noch die gute Erziehung, die du bei ihr hast, die spielt auch eine große Rolle im Leben eines Menschen!“
    Joachim redete und redete, aber Lutz wollte sich nicht trösten lassen.
    „Wäre ich nur in Bremen geblieben“, sagte er, „dann hätte ich nie erfahren, von wem ich abstamme, und einfach so weiterleben können! Jetzt werde ich immer darauf warten, wann es bei mir losgeht, wann ich zum Verbrecher werde.“
    „Soll ich dir mal was sagen?“ rief Joachim wütend. „Du bist so dumm, daß man sich richtig schämen muß, dich zu kennen! Nimm dich endlich zusammen! Du bist schließlich auch wer! Dein doofer Vater kann dich kreuzweise!“ Lutz sah ihn unglücklich an.
    „Was soll ich tun?“ fragte er. „Was soll ich bloß tun?“ Joachim klopfte ihm auf die Schulter.
    „Wenn einer deinen Katzenjammer versteht, dann bin ich es“, sagte er, „das kannst du mir glauben. Natürlich fühlst du dich jetzt scheußlich, ist doch klar, jeder andere würde sich genauso fühlen. Erwartest dir da wunder was für einen Supervater, und dann sowas! Aber das ist noch lange kein Grund, so zu tun, als sei die Welt untergegangen! Das Leben geht weiter, Mensch, das kümmert sich nicht um deine Tränen! Und darum ist es das beste, du denkst nicht weiter darüber nach, sondern knüpfst da wieder an, wo du vor unserer Reise aufgehört hast. Komm, da vorne ist eine Konditorei. Wir führen uns jetzt eine erstklassige Torte zu Gemüte, und dann schmieden wir Zukunftspläne.“
    Er hakte Lutz unter und zog ihn in die Konditorei hinein. Sie fanden einen Platz am Fenster mit Blick auf die Donau. Joachim nahm die Kuchenkarte an sich und studierte sie. „Schwarzwälder Kirschtorte“, las er laut, „zwei zwanzig das Stück. Die dürfte eßbar sein. Da ist, glaub’ ich, ein Schuß Alkohol drin. Was hältste davon?“
    Lutz hob die Schultern. Joachim las weiter.
    „Oder hier: Herrenschnitte, zwei Mark dreißig. Darin haben sie bestimmt auch ein Glas Schnaps mit verbacken. Klingt nicht schlecht, was? Herren sind wir ja schließlich, oder? So ‘n

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