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Zwei auf Achse

Zwei auf Achse

Titel: Zwei auf Achse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Werner Schrader
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töten würdest, wenn du es wirklich wolltest.“
    „Darüber hab’ ich noch nie nachgedacht“, antwortete Joachim unwillig, und Lutz merkte, daß er auch jetzt nicht darüber nachdenken wollte. Aber er bohrte weiter. „Kleopatra“, sagte er, „diese ägyptische Königin, hat sich mit Schlangengift getötet, nachdem sie verschiedene Todesarten an ihren Sklavinnen ausprobiert hatte. Darum muß ein Selbstmord mit Schlangengift wohl ‘ne ziemlich schmerzlose Sache sein, meinste nicht auch?“
    „Also wenn du’s denn durchaus wissen willst“, rief Joachim, „ich würde es nicht mit Schlangengift machen! Nach Afrika fahren, sich in den Urwald packen und darauf warten, bis sich so ‘n giftiges Biest bequemt, einen ins Ohrläppchen zu zwicken, was? Nee, das wäre mir zuviel Aufwand. Ich würde mich besaufen, hundert Schlaftabletten zerstampfen und ‘runterspülen. Dann würde ich selig einschlummern und gar nicht mitkriegen, daß mein Lebenslicht allmählich verlöscht. Aber jetzt hör auf mit dem Unsinn, ich will mit dem Sterben noch ‘ne Weile warten.“ Und plötzlich auflachend, fuhr er fort: „Kennst du übrigens die Geschichte von dem Mann, der sich gleich viermal umbringen wollte? Nee? Dann paß auf! Also, da war mal ein Mann, der die Schnauze voll hatte vom Leben und sich auf eine todsichere Art sozusagen ins Jenseits befördern wollte. Er dachte sich vier Todesarten aus, die schön nacheinander wirken sollten. Er wollte sich erst vergiften, dann erschießen, erhängen und zum guten Schluß auch noch ertränken.“
    „Verstehe schon“, warf Lutz ein, „jetzt kommt wieder eins deiner berühmten Märchen.“
    „Irrtum!“ rief Joachim. „Die Sache hat sich tatsächlich zugetragen, ich glaub’ sogar, in Deutschland irgendwo. Paß doch auf, wie’s weitergeht! Also, der gute Mann stellte sich auf eine Brücke, legte sich ein Seil um den Hals, das er am Brückengeländer befestigt hatte, trank ein ganz starkes Gift, erschoß sich und ließ sich dabei von der Brücke hinunterfallen. Er war sicher, daß das Gift und die Kugel ihn töten und die Schlinge um den Hals ihn zusätzlich strangulieren würde, wenn er ein paar Meter tiefer daran baumelte. Sollte wider Erwarten alles nicht hinhauen, würde er in dem eisigen Wasser des tiefen Flusses ertrinken. Es war nämlich Winter, mußt du wissen. Aber der Arme hatte Pech auf der ganzen Linie. Er traf sich mit der Pistolenkugel nicht richtig, sondern durchschoß nur das Seil, an dem er hängen wollte. Das riß ab, und er plumpste zehn oder zwanzig Meter tief in den Fluß. Dabei schluckte er ‘ne ganze Menge Wasser. Weil das so eisig war, erlitt er einen Schock, schwamm in seiner Verwirrung ans Ufer und kotzte das ganze Wasser wieder aus. Mit dem Gift, das er eingenommen hatte natürlich! Der Mann ist heute kerngesund und denkt nicht mehr ans Sterben.“
    „Eine tolle Geschichte“, sagte Lutz lächelnd. „In welchem Märchenbuch hast du sie gelesen?“
    „Du brauchst sie ja nicht zu glauben“, rief Joachim, „aber ich garantiere dir, daß sie voll und ganz aus dem Leben gegriffen ist.“
    Damit war das Thema Selbstmord durch. Joachim hatte es auf verrückte Weise beendet. Jetzt stand er auf, warf ein größeres Stück Holz ins Wasser und bombardierte es mit Steinen.
    Lutz aber kam wieder ins Grübeln.
    „Wir hätten die Frau fragen sollen, wo mein Vater im Gefängnis sitzt“, sagte er. „Vielleicht könnten wir ihn ja besuchen, da wir doch schon mal hier sind, meinste nicht? Ich würde schon gern wissen, wie er aussieht und was er so sagt und so.“
    „Na klar, warum nicht!“ antwortete Joachim. „Ein Besuch ist allemal drin bei uns. Vorausgesetzt, daß er hier in Regensburg sitzt!“
    „Komm“, rief Lutz eifrig, „wir gehen mal fragen!“
    „Nun man immer mit der Ruhe!“ bremste Joachim. „Eile mit Weile! Ich hab’ mein Piratenschiff erst zweimal getroffen, einen Treffer braucht es noch.“
    Zwanzig Minuten später, kurz nach halb vier, standen sie wieder in der Tondorf er Straße vor dem Haus mit der Nummer 13.
    „Entschuldigen Sie“, begann Lutz, als die Frau auf ihr Klingeln an die Tür gekommen war, „in welchem Gefängnis sitzt denn mein V…, ich wollte sagen, wo haben sie meinen Großonkel eingesperrt?“
    „Hier in Regensburg natürlich“, antwortete die Frau, „wo denn sonst! Wir brauchen die Häftlinge nicht fortzuschicken, wir haben ein eigenes Gefängnis.“
    „Und wo ist das bitte?“ fragte Joachim. „Weit von

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