Zwei auf Achse
saftiger Windbeutel wäre natürlich auch Spitze, wenig Teig und viel Sahne, ein rasch wirkendes Mittel bei Verstopfung.“
Die Bedienung, eine junge Frau, kam an ihren Tisch. „Bitte schön“, fragte sie, „was darf es sein?“
„Hm“, sagte Joachim, „ich hätte gern etwas Sahniges, einen Windbeutel vielleicht, eine Herrenschnitte und ein Stück Schwarzwälder Kirschtorte. Und zum Stopfen noch etwas Festes hinterher. Was können Sie da empfehlen?“
„Linzer Torte“, antwortete die Frau und lächelte. „Die solltest du aber vorher essen, dann bekommt dir die Sahne besser.“
„Das läßt sich machen“, entgegnete Joachim, „die Reihenfolge kann ich ja immer noch festlegen. Und nun du, Lutz, was möchtest du essen?“
„Dasselbe“, antwortete Lutz.
„Okay! Also zweimal das Ganze, bitte!“
Die Frau nickte.
„Möchtet ihr auch etwas dazu trinken?“
„Ja, natürlich!“ rief Joachim. „Kaffee, ist doch klar! Zwei Kännchen, bitte!“
Die Frau machte sich eine Notiz und eilte davon.
„Paß auf, wie deine Lebensgeister gleich wieder erwachen“, sagte Joachim. „Du verläßt die Konditorei als völlig neuer Mensch.“
Nach etwa fünf Minuten brachte die Frau Kuchen und Kaffee. Die Jungen staunten über die Menge, die sie bestellt hatten. Aber da ihr Hunger groß war, zögerten sie nicht lange, sondern begannen sofort mit der Schmauserei. „Ich war erst einmal in meinem Leben in einer Konditorei“, erzählte Joachim, „mit einer entfernten Tante von mir, aus Dortmund, weißte. Die hatte mich eingeladen, als sie bei uns zu Besuch war. Ich war, glaub’ ich, sieben oder acht Jahre alt und noch ziemlich dumm und hab nur zwei Stücke geschafft, und das auch nur mit Hängen und Würgen. Aber meine Tante, du, die hat ein halbes Dutzend von dieser Güte hier weggemampft, immer schön nacheinander, damit es nicht so verfressen aussah, weißte. Und dazu hat sie mindestens einen halben Wassereimer voll Kaffee geschlürft. Wirklich, du, die hat gesoffen wie ein Pferd. Aber das kann man auch verstehen, sie war auch so dick wie ein Pferd, beinah schon wie ein Doppelpferd. Wenn die sich hinsetzte, brauchte sie zwei Stühle, für jede Backe einen. Als wir dann aus der Konditorei ‘raus waren, hat sie im Gehen so ganz nebenbei und unauffällig noch einen halben Zentner Pralinen aufgefuttert. Hin und wieder hat sie mir auch eine in den Mund gesteckt. Nee, du, die war richtig sehenswert. Ich war mächtig stolz, neben ihr durch die Straßen gehen zu dürfen. So eine dicke Tante hat so leicht niemand, sagte ich mir. Die hätte sich glatt im Zirkus oder auf dem Jahrmarkt für Geld sehen lassen können!“ Lutz merkte, daß Joachim ihm das alles nur erzählte, um ihn aufzuheitern. Er lächelte seinen Freund an und sagte: „Wenn ihr die als Mastschwein verkauft hättet, wärt ihr Millionär geworden, was?“
„Na klar!“ rief Joachim. „Die brachte doch gut und gern ihre dreihundert Kilo Lebendgewicht auf die Waage.“
Sie aßen alles auf, hatten bei dem Windbeutel, den sie sich bis zuletzt ließen, aber doch schon Schwierigkeiten. Der Kaffee regte sie wundersam an, machte sie zappelig und unruhig.
„So“, sagte Joachim, „das hätten wir intus, das kann uns keiner mehr nehmen. Jetzt bummeln wir ein Stündchen durch die Stadt, dann verfliegen alle unsere Sorgen ganz von selbst.“
Sie marschierten los.
Lutz ließ sich willenlos führen. Er hatte die erste Enttäuschung überwunden, aber seine Gedanken kreisten immer noch um das, was die Frau in der Tondorf er Straße ihnen von Herrn Schnüpfing, dem Mann also, der wahrscheinlich sein Vater war, erzählt hatte. Besonders dessen Selbstmordversuch ging ihm nicht aus dem Kopf.
„Du, Joachim“, begann er darum, als sie auf einer Bank an der Donau saßen und von dort Steine und Holzstückchen ins Wasser warfen, „nehmen wir mal an, du wolltest dich auch umbringen, vielleicht, weil du es bei deinem Vater nicht mehr aushältst oder so, würdest du auch den Gashahn aufdrehen wie der Herr Schnüpfing?“
„Ich glaub, mein Goldfisch hustet!“ rief Joachim. „Ich und mich umbringen? Wie kommste denn auf den trüben Gedanken? Und dann noch wegen meinem Vater? Nee, du, den Gefallen würde ich ihm nicht tun! Was meinst du denn, was der für Freudensprünge machen würde, wenn ich nicht mehr da wäre!“
„Also gut, laß deinen Vater aus dem Spiel“, sagte Lutz. „Der steht hier auch gar nicht zur Debatte. Ich will nur wissen, auf welche Art du dich
Weitere Kostenlose Bücher