Zwei auf Achse
Nee, der fängt schön unten bei den Füßen an und arbeitet sich dann so langsam nach oben. Das erlebst du aber alles bei wachem Bewußtsein, mein Lieber. Da hilft nur ein gutgezielter Schuß ins Auge. Der haut ihn in Sekundenschnelle von den Beinen.“
„Vielen Dank“, sagte Lutz. „Wenn er dir dabei auf den Bauch fällt, können sie ‘ne Zeitung aus dir machen!“
Sie schwiegen und blickten zu den Baumwipfeln hinauf. „Wie das wohl die Germanen gemacht haben“, fing Lutz wieder an. „Die mußten doch am Anfang immer draußen schlafen. Und sie hatten doch kaum Waffen. Einen Faustkeil und ‘ne Steinaxt, ja, aber was ist das schon gegen Wölfe und Bären! Da ist bestimmt mancher von ihnen im Schlaf aufgefressen worden und hat kaum was davon gemerkt. Ob die wohl jede Nacht Wachen aufgestellt haben?“
„Glaub’ ich nicht“, sagte Joachim. „Die haben sich ganz dicht um das Feuer herumgelegt und darauf geachtet, daß es nicht ausging. Vor Feuer haben ja alle Tiere mächtigen Bammel. Sie fühlen instinktiv, daß sie darin gebraten werden, wenn sie sich zu dicht ‘rantrauen.“
Lutz gähnte und wälzte sich auf die Seite.
„Ob es hier wohl noch Wölfe gibt?“ fragte er.
„Einen oder zwei schon“, erwiderte Joachim. „Aber die sind scheu, weil sie ganz allein sind. Wenn sie im Rudel wären, könnten sie uns gefährlich werden, aber so kaum.“
Er drehte sich herum und schloß die Augen. Bald schliefen sie.
In der Nacht wachte Lutz einmal auf, irgend etwas hatte ihn erschreckt, ein Schrei, ein Fauchen oder dergleichen. Aber weil es sich nicht wiederholte und alles ruhig blieb, legte er sich ins Farnkraut zurück und schlief sofort wieder ein.
Am Morgen war Joachim als erster auf den Beinen. Ihn fröstelte, obwohl er ganz eng neben Lutz gelegen hatte. Darum machte er sich ein bißchen Bewegung und rannte kreuz und quer durch den Wald und an die Straße. Dabei entdeckte er einen großen Lastwagen mit Regensburger Kennzeichen auf dem Parkplatz. Der Fahrer schien zu schlafen, denn er war nirgends zu sehen. Schnell lief Joachim zurück und weckte Lutz.
„Wach auf, du Langschläfer!“ rief er. „Wenn wir Glück haben, können wir mit dem Auto weiterfahren! Komm mal mit, ich zeig’ dir was!“ Er rannte Lutz bis an die Straße voran und machte ihn auf den Laster aufmerksam. „Der hat ‘ne Regensburger Nummer, siehst du das? Wenn wir die Sache richtig schaukeln, nimmt der uns glatt mit!“
„Ich denke, wir wollen nicht per Anhalter fahren?“ rief Lutz. „Du hast doch selber gesagt, daß das zu gefährlich ist!“
„Ist es auch“, bestätigte Joachim, „aber nicht, wenn man das Ganze richtig einfädelt. Ich hab da nämlich ‘ne prima Idee! Wir erzählen dem Fahrer einfach, wir wären auf Klassenfahrt, und hier hätte unser Reisebus mal kurz angehalten, weil einige pinkeln mußten. Jetzt kommen wir aus dem Wald und sehen, daß der Bus weg ist!“
Lutz schüttelte den Kopf.
„Das nimmt der Fahrer uns nicht ab“, sagte er, „weil er doch den Bus gesehen haben müßte, wenn es wahr wäre! Und überhaupt, was willste damit erreichen? Soll er mit seinem klapprigen Laster etwa hinter dem Bus herjagen? Das ist doch Unsinn!“
„Mensch, kapier doch!“ rief Joachim. „Wir machen dem Mann klar, daß unser Bus nach Regensburg unterwegs ist, und daß wir da unsern Lehrer und die Klasse bestimmt wiedertreffen, wenn er uns mitnimmt.“
„Also ganz wohl ist mir nicht dabei“, wandte Lutz ein. „Aber wenn du meinst, daß es klappt, versuchen wir unser Glück.“
„Es klappt“, sagte Joachim, „das hab’ ich im Urin.“
Sie holten ihr Gepäck und gingen an die Straße zurück. Der Fahrer des Lastwagens, ein Mann von etwa fünfzig Jahren, hatte anscheinend ausgeschlafen, denn nun saß er aufrecht hinter dem Lenkrad und frühstückte. Die Scheibe war heruntergedreht.
„Entschuldigen Sie“, begann Joachim, indem er auf das Trittbrett kletterte und sehr aufgeregt tat, „haben Sie nicht unsern Bus gesehen? Der kann doch nicht einfach ohne uns abgefahren sein!“
„Euern Bus?“ fragte der Fahrer erstaunt. „Nee, hier war keiner.“
„Natürlich war er da!“ rief Joachim. „Wir sind ja mit ihm gekommen! Er hat nur mal kurz angehalten, damit alle austreten konnten.“
Der Fahrer schüttelte den Kopf.
„Ausgeschlossen“, sagte er. „Ich steh’ hier schon über eine Stunde und habe in der ganzen Zeit keinen einzigen Bus gesehen.“
„Haben Sie denn immer aus dem Fenster
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