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Zwei bemerkenswerte Frauen

Zwei bemerkenswerte Frauen

Titel: Zwei bemerkenswerte Frauen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tracy Chevalier
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er unbedingt meine Fossiliensammlung sehen, wobei sich herausstellte, dass er immerhin mehr über Fossilien wusste als Henry Hoste Henley. Er empfahl mir, im weiter östlich bei Bridport gelegenen Eype nach Schlangensternen Ausschau zu halten, und fügte charmant hinzu, dass ich bei der Gelegenheit natürlich auch bei ihm vorbeischauen müsse, denn sein Anwesen läge ganz in der Nähe. Ich selbst hielt mich zurück und stellte keine Fragen über Fossilien, wie ich es sonst gern tat, sondern ließ ihn den weiteren Verlauf des sehr freundlichen Gesprächs bestimmen.
    Kaum war er gegangen, fiel Margaret in einen solchen Glückstaumel, dass wir sie zu einem Bad im Meer überredeten, in der Hoffnung, der Kälteschock würde sie wieder zur Besinnung kommen lassen. Während Margaret im Wasser planschte, warteten Louise und ich am Strand. Man hatte den Badekarren, einen kleine Kabine auf Rädern, weit ins Meer hinausgeschoben, damit Margaret sich frei im Wasser bewegen konnte, ohne die Sitten zu verletzen. Nun wurde der Karren die Strandlinie entlanggezogen, während Margaret vor Blicken geschützt auf der anderen Seite neben ihm her schwamm. Ein- oder zweimal erhaschten wir einen Blick auf einen Arm oder eine von ihrem Fußschlag aufspritzende Wasserfontäne.
    Obwohl ich nicht damit rechnete, zwischen den Schieferbrocken an diesem Strandabschnitt Fossilien zu finden, wanderte mein Blick über den Kies. «Ich finde, dieser Besuch war ein großer Erfolg», verkündete ich, merkte aber selbst, wie wenig überzeugt das klang.
    «Er wird sie nicht heiraten», sagte Louise.
    «Warum nicht? Sie ist nicht schlechter als andere und besser als viele.»
    «Margaret bringt nicht viel Geld mit in die Ehe. Das mag ihm egal sein, aber wenn schon kein Geld da ist, muss wenigstens die Familie stimmen, in die er einheiratet.»
    «Aber es hat doch heute alles gut geklappt. Wir haben über seine Lieblingsthemen geredet, waren liebenswürdig und umgänglich, aber nicht zu gescheit. Und er hat sich für uns interessiert. Denk nur, wie lange er mit dir im Garten war.»
    «Wir haben nicht mit ihm geflirtet.»
    «Natürlich nicht – das können wir Gott sei Dank Margaret überlassen!» Trotz meines Einwands verstand ich, worauf Louise hinauswollte. Von Schwestern erwartete man, dass sie mit dem Verehrer ihrer Schwester vor Witz und Koketterie sprühende Gespräche führten und damit einen Hauch von Vertrautheit andeuteten, der die spätere Verwandtschaft vorwegnahm. Wie immer ich mich James Foot gegenüber hätte verhalten müssen, ich war linkisch und steif gewesen und hatte den vertraut herzlichen Ton des zukünftigen Familienmitglieds eindeutig nicht getroffen. Wahrscheinlich graute es ihm schon vor der nächsten Gelegenheit, bei der er sich wieder mit mir unterhalten musste, und mir erging es nicht anders. Es war ermüdend, einen ganzen Nachmittag lang auf die eigenen Worte achten zu müssen, nur um einem Gentleman zu gefallen. Nach einem knappen Jahr in Lyme hatte ich die Freiheiten schätzen gelernt, die einer unverheirateten Frau ohne männliche Verwandte in ihrer Begleitung in dieser Stadt offen standen. Dieser Lebensstil erschien mir bereits vertrauter als die letzten fünfundzwanzig von Konventionen geprägten Jahre in London.
    Margaret ahnte von all dem nichts. Gerade war sie für einen kurzen Moment im Wasser zu sehen, sie schwamm auf dem Rücken, und ihre Hände bewegten sich anmutig wie Seetang neben ihr. Wahrscheinlich starrte sie in den rot werdenden Himmel des Spätnachmittags und dachte dabei an James Foot. Es gab mir einen Stich.
    Margaret zuliebe hätte ich mein Benehmen vielleicht in den Griff bekommen und mich an die Gesellschaft von James Foot gewöhnt, ohne sie gleich als Qual zu empfinden. Ich nahm mir vor, die wohlwollende Schwester zu spielen; doch wenige Wochen später hatte ich am Strand eine Begegnung mit ihm, die mich all meine guten Vorsätze vergessen ließ.
    Richard Anning hatte seiner Tochter gerade einen besonderen Hammer geschenkt, dessen Holzteile mit Metall überzogen waren. Mary wollte mir unbedingt zeigen, wie sich mit diesem Werkzeug Knollen aufspalten ließen. So wurden die rhombenförmigen Steine genannt, in denen oft kristallisierte Ammoniten und manchmal sogar Fischfossilien zum Vorschein kamen. Ich verriet ihr nicht, dass ich nie zuvor einen Hammer in der Hand gehalten hatte, doch wahrscheinlich durchschaute sie mich, sobald sie meine ersten zaghaften Schwünge damit sah. Sie sagte nichts und

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